Arschloch!
man doch sofort, dass die keinen Plan von allem haben. Ich hatte doch schon einen kurzen Bericht in einem der Updates, wird als Ausrede genannt. In einem scheiß Update! Als könnte man dieses 40 Seiten Heftchen mit dem dicken, 250 Seiten starken Hauptkatalog vergleichen!
All mein Handeln war völlig zwecklos. Mein gesamter Körper, vom Wirbel bis zur Zehe füllt sich randvoll mit wilder Grausamkeit. Mein Blut verdickt sich, und dem Erbarmen versperrt sich jeder Weg und Eingang. Der Stab ist nun endgültig gebrochen. Meine Gedanken drehen sich nur um Thomas. Ich wusste schon immer, dass er bloß existiert, um mich rasend zu machen.
Obwohl ich schon nach Hause könnte, logge ich mich als Carola in der Community ein und kontaktiere Thomas, der sich online befindet, obwohl er doch eigentlich Kunden bearbeiten sollte. Ja, so einen faulen Sack stellen die vor! Wenn die wüssten. Aber ich werde dem schon zeigen, was Sache ist: Operation Kneifzange befindet sich seit der neusten Nachricht von der Front in der Schlussoffensive.
Ich schicke ihm als Carola getarnt eine Sofortmitteilung, aber der Arsch antwortet nicht. Jedenfalls nicht, solange ich noch auf der Arbeit bin, auf der ich wie jeden Tag direkt neben ihm sitze. Was von Tag zu Tag unerträglicher wird und bald ein Ende hat. Ich habe genug von diesem Arschloch! So etwas lasse ich mir nicht bieten.
Ich verlasse das Callcenter und auf dem Weg zu meinem Wagen, im Fahrstuhl zwischen dritter und zweiter Etage fällt mir ein, was ich tun muss. Und ich muss es sofort tun. Geld habe ich genug und es gilt keine Zeit zu verlieren. Vielleicht kann ich die Schmach noch abwenden.
Ich fahre in eine türkische Änderungsschneiderei und gebe ein Kostüm in Auftrag. Carola muss schließlich was zum Anziehen haben.
„Wozu benötigen Sie das Kleid?“, fragt der Schneider, der irgendetwas vom tapferen Schneiderlein hat, zückt ein Maßband hervor und misst meinen Brust-, Bauch-und Hüft-Umfang. Danach misst er die Bein-und Schrittlänge aus und notiert alles auf einem kleinen Post-it Zettel.
„In ein paar Tagen ist Halloween und ich möchte mich als Frankensteins Braut verkleiden!“
„Tatsächlich?“
„Das ist doch originell oder nicht?“
„Ja, sicher!“, sagt das Schneiderlein. „O.K! Das Kleid ist in drei Tagen fertig. Es kostet Sie 200 Euro.“
„Wunderbar. Vielen Dank!“, sage ich und bezahle.
22.10.2005
Pünktlich um elf stelle ich meine Kamera auf und filme mich, wie ich die Spender-Pokerrunde eröffne, bei der alle Gewinne nicht an die Sieger ausgezahlt, sondern in meine Kasse gespendet werden. Ich nehme mein Pokerset, das in einem schicken Aluminiumkoffer ausgeliefert wurde und das ich mir extra zu diesem Anlass im Internet bestellt habe und stelle es auf den Tisch. Ich öffne die Klappschlösser und komme mir dabei vor wie im Casino Royal. Der Mindesteinsatz liegt bei 10 Euro und bevor ich die Chips an die Spieler verteile, muss ich sie erstmal aus ihrer Verpackung befreien.
Wir spielen zu fünft. Die Spieler - Michael, Thomas, Yasmins Freund Karlheinz-Otto, Montgomery Burns und meine Wenigkeit - verteilen sich um meinen Couchtisch. Um uns herum stehen die restlichen Gäste und schauen mir dabei zu, wie ich die Spielkarten aus der Verpackung nehme, sie ungeschickt mische und dann zwei Karten an alle Spieler austeile. Im Hintergrund läuft leise Housemusik, die mein iPod Ach-ist-das-toll-Shuffle abspielt. Eine CD meiner Lieblingshouse-DJs. Den Disco Boys. Aber nicht zu laut, man muss die Einsätze der Spieler hören.
Ich werfe einen Blick auf meine Karten. Also nix. Eine Zwei und eine Sieben. Es dauert eine ganze Weile bis ich das erste gute Blatt auf der Hand habe - zwei Damen - und spielen kann, aber Michael, der Drecksack hat bessere Karten - zwei Könige und drei Vieren - und ich verliere die Hälfte meiner Chips. Nach einer halben Stunde bin ich wieder bei +/- Null angelangt und Thomas führt haushoch. Mir vergeht langsam die Lust, aber dann ist Thomas der Dealer und teilt die Karten aus und ich habe plötzlich zwei Asse auf der Hand. Noch bevor der Flop liegt, biete ich 100 Chips, was 10 Euro entspricht. Michael geht mit. Thomas auch. Er legt drei Karten aus. Ein Ass, eine Zehn und eine Sieben. Ich habe drei Asse und erhöhe auf 200 Chips. Beide gehen mit. Die nächste Karte ist eine Sieben. Ich biete 50 Chips. Thomas erhöht auf 100. Michael steigt aus und ich gehe mit. Thomas legt die letzte Karte hin. Eine Zehn. Ich habe ein Full House. Und
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