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"Arschtritt" - Senzel, H: "Arschtritt"

"Arschtritt" - Senzel, H: "Arschtritt"

Titel: "Arschtritt" - Senzel, H: "Arschtritt" Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Holger Senzel
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und erzählt die Geschichte weiter. Manchmal fallen wir uns auch ins Wort, weil wir unbedingt eine neue Wendung ins Spiel bringen wollen, eine Zeitreise zu Freibeutern im 17. Jahrhundert beispielsweise. Aber mit dem nächsten Satz sind wir auch schon wieder im Weltraum und Queeky, der Frechste im Team Eichhörnchen, repariert das Raumschiff mit Ducktape. Das ist dieses reißfeste silberne Klebeband, mit dem in England so ziemlich alles repariert wird. Ein paar Konstanten gibt es: Die Geschichte beginnt immer im Baum der Eichhörnchen im Hampstead-Heath, einem Londoner Park, in dem ich mit meinem Sohn bei seinen Besuchen oft bin. Dann werden Joschy, Freddy und Queeky in die Zentrale der Internationalen Nagetierföderation berufen und bekommen einen gefährlichen Auftrag von Bernhard Walnut, dem Präsidenten der Nagetierföderation. Der eigentlich eine Katze ist und einen Frosch als Referenten hat, Froggy McFly, weil er zu dem sagen kann: Sei kein Frosch. Und dann gibt es Mr Rat, der die
Geheimwaffen baut. Wie das Nussmobil oder die Eichel mit eingebautem Sender. Und das Teil, das aussieht wie ein Toaster. Wozu man das braucht? Na, zum schnellen Rösten von Brot natürlich! Mein Sohn kann sich ausschütten vor Lachen darüber. Und ich auch. Es ist ziemlich albern und ein Riesenspaß. Wir haben es heute mit fiesen Reptilien zu tun, die die Macht übernehmen wollen. Und die setzen Chamäleons als Spione ein, die sind schwer zu enttarnen … Wir beenden jede Sendung mit einem Cliffhanger. Hören Sie morgen, wie es weitergeht in einer neuen Sendung der Space Suirrels. Es sind sehr ausgelassene Momente, eine schöne Tradition inzwischen, die wir beide da teilen. Egal ob die Sendung nun eine Stunde dauert oder nur zehn Minuten, aber sie ganz ausfallen zu lassen geht nur in ganz, ganz dringenden Ausnahmen. Und ist auch gefährlich. Weil der Programmdirektor dann das Hörspiel seines Neffen auf unseren Sendeplatz setzen könnte: »Drei Nasen und ein Furz«.
    Tag 6 – Briefe schreiben, Radio hören
    Was schreibst du einem Menschen, bei dem du dich seit Ewigkeiten nicht gemeldet hast? Wo knüpfst du an bei Freunden, die dir lieb und nah waren, aber seit Jahren komplett aus deinem Leben verschwunden sind? Ich bin aus ihrem Leben verschwunden – das trifft es wohl besser: Ich habe mich nach London und aus ihrem Alltag verabschiedet und irgendwann einfach nicht mehr gemeldet. Manchmal habe ich an den einen oder anderen gedacht und mich gefragt, wie es ihm wohl ergeht und mir ganz fest vorgenommen, mal ein Lebenszeichen zu schicken. Was natürlich so gut wie nie geschehen ist.

     
    Lieber Peter,
    endlich komme ich dazu, mich mal bei dir zu melden. Es ist eine Menge passiert in meinem Leben, seit wir uns das letzte Mal gesehen haben …
     
    Und dann? Schreibe ich über meinen tollen Job und das Leben in Swinging London? Oder was mich wirklich bewegt? Aber so nah sind wir uns nun auch nicht mehr, oder? Als ich meinem Aktionsplan füllte, schien es mir eine gute Idee, mich zu einem wöchentlichen Brief zu verpflichten. Als Ausbruch aus der selbst gewählten Isolation. Am besten mit Füller. So von wegen sinnliche Erfahrung, wenn die Feder über das Papier gleitet. Aber dann fand ich es doch ein bisschen dicke, handgeschriebene Briefe zu verschicken. Zu aufgesetzt. Zu intim. Eben unangemessen. Jetzt kriegt Peter noch den Teil über London und mein Leben und Arbeiten England – copy und paste aus einer anderen Mail, und dann ab damit.
     
    … ich hoffe, es geht dir gut, und würde mich freuen, mal wieder von dir zu hören oder wenn wir uns mal wiedersähen – ob in Hamburg oder London. Gästezimmer ist vorhanden – welcome anytime …
     
    Aber will ich tatsächlich Peter das ganze Wochenende bei mir in der Wohnung haben? Und den Fremdenführer spielen? Womöglich kommt er tatsächlich … Wieso schreibe ich eigentlich solche blöden Angebermails? Von wegen London-Feeling. Abgesehen vom Job könnte ich mein momentanes Leben doch exakt so auch in Pinneberg führen. Oder Passau. Nur mit Shakespeare wär’s
da schwierig. Nein, es gibt schon vieles hier in London, das ich liebe und das ich vermissen werde, wenn ich zurück in Deutschland bin. Den Geruch dieses Teppichbodens hier etwa. Ich tippe auf Schaumreiniger, aber wann immer ich nach Hause komme, rieche ich als Erstes diesen ganz speziellen Geruch meiner Wohnung. Und ich weiß, dass ich zu Hause bin. Ich schicke die Mail an Peter nicht ab.
     
    Ich habe heute wieder einen radio

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