Arsen und Apfelwein
das Papier. Nach kurzer Zeit spuckte der Drucker zwei Din A4 Blätter aus. Er griff danach, doch Jenny war schneller. Sie begann zu lesen und pfiff nach einem Moment durch die Zähne. »Das gibt noch Ärger. Der Vater ist ein hohes Tier bei einer Ölfirma, wohnt in Kronberg.«
»Warum haben wir die Fingerabdrücke?«, wollte Logo wissen.
Jenny las weiter. »Hat von Papi zum Achtzehnten einen Porsche bekommen und damit in Frankfurt-Höchst auf der Königsteiner ein Kind angefahren. Mit achtzig Sachen über Rot. Ich erinnere mich, stand groß in der Zeitung. Das Kind war schwer verletzt und er ist ohne anzuhalten weitergefahren. Der Führerschein war ein Jahr weg und Papi hat viel Geld hingelegt. Der Junge hat eine Bewährungsstrafe von sechs Monaten bekommen.«
»Viel zu wenig«, schnaubte Logo. »An den niedrigen Strafen wird sich nie etwas ändern. Was steht da noch?«
»Auf den ersten Blick nichts, das mit dem Mord zusammenzuhängen scheint. Die letzten Jahre ist nichts vorgefallen. Vielleicht war ihm der Unfall eine Lehre.«
Logo runzelte die Stirn. »Vielleicht liegt da ein Motiv? Die Angehörigen könnten Vergeltung geübt haben?«
Jenny winkte ab. »Das ist doch Jahre her. Das Kind hat eine leichte Behinderung behalten, aber die Familie wurde sehr großzügig abgefunden.«
»Das macht das Kind auch nicht gesund!«
»Ne, Logo, aber es geht hier nicht um moralische Überlegungen, sondern um ein Mordmotiv. Wenn sie Rache wollten, hätten sie sicher nicht so lange gewartet, um ihm etwas anzutun. Aber auch das werden wir überprüfen.«
Logo merkte, dass Jenny genervt war. Er stand auf und griff sich seine Lederjacke. »Soll ich zur Familie des Opfers fahren? Dann hast du das aus dem Kreuz?«
Sie atmete tief durch. »Danke, aber ich komme lieber mit und schaue mir die Eltern persönlich an. Wieso haben sie ihren Sohn nicht vermisst gemeldet?«
»Frag ich mich auch«, meinte Logo. »Ich leg Sascha einen Zettel hin. Dann kann er zwischenzeitlich die Angehörigen des verunfallten Kindes überprüfen. Für alle Fälle.«
»Gute Idee.«
Im Schneetreiben fuhren sie über die Miquelallee aus der Stadt hinaus. Die Scheibenwischer führten einen aussichtslosen Kampf gegen den von der Straße hochgeschleuderten Matsch. Jenny war erleichtert, als sie endlich von der Autobahn in Richtung Kronberg abfahren konnten. Die Straße führte sie hoch in den Taunus. Die vom Außenthermometer angezeigte Temperatur sank unter Null. Hier und da waren Schneeflecke zu sehen.
»Ist der Zoo hier in der Nähe?«, fragte Logo und versuchte, durch die schlierige Scheibe zu spähen. »Da war gerade ein Hinweisschild.«
»Zum Zoo geht’s rechts. Wir fahren gleich nach dem Kreisel links. Aber weit weg ist er nicht.«
Einmal mussten sie kurz anhalten, um auf die Karte zu sehen. Das Navi hatte wieder mal den Geist aufgegeben. Dann fanden sie jedoch ohne weitere Probleme die Seitenstraße, an deren Ende die imposante Villa der Duprais lag.
Das Grundstück wurde von einer über zwei Meter hohen, nur durch ein schmiedeeisernes Tor unterbrochenen Mauer eingefasst. Ein Schild kündete von der Anwesenheit gleich zweier Rottweiler. Jenny hielt vor dem Tor neben einer Sprechanlage. Als sie das Seitenfenster öffnete, drang Sprühregen herein. Genervt drückte sie auf den Rufknopf und wartete. Nichts geschah. Sie versuchte, nach vorne durch das Tor zu spähen, doch außer Bäumen und einem kurzen Stück Zufahrt konnte sie nichts erkennen. Mittlerweile wurde es langsam dämmrig. Sie drückte erneut. Dann schloss sie das Fenster wieder.
»Niemand da«, stellte Logo das Offensichtliche fest. »Der Vater dürfte um diese Zeit bei der Arbeit sein. Wissen wir, ob die Mutter auch berufstätig ist?«
»Als Beruf ist Künstlerin angegeben. Mach was draus.«
Während Jenny noch überlegte, wie sie weiter vorgehen sollten, klopfte es an ihr Fenster. Sie fuhr zusammen. Schnell ließ sie die Scheibe ein Stück herunter und schaute in die asiatischen Gesichtszüge einer jungen Frau.
»Duprais sind nicht da«, teilte sie Jenny ohne Begrüßung mit.
»Das habe ich gemerkt.« Jenny verzog das Gesicht und ließ das Fenster ganz hinunter. Der Regen hatte etwas nachgelassen. Die junge Frau, die einen gelben Südwester und eine durchsichtige Regenhaube trug, hatte sich bereits wieder abgewandt.
»Moment!«, rief Jenny. »Wer sind Sie denn?«
Zögernd drehte sich die Asiatin um. »Warum wollen Sie das wissen?« Ihr Blick war jetzt ängstlich.
»Wir sind
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