Arsen und Apfelwein
Höchster Kollegen sollen deren Alibis überprüfen, sobald wir die exakte Todeszeit wissen.«
»Wissen wir schon«, meinte Sascha zufrieden.
»Was? Sind die Untersuchungen schon fertig?«
»Die Laboruntersuchungen nicht, aber Frau Dr. Frick ist sich sicher, dass der Tod vorgestern zwischen 18 und 20 Uhr eingetreten ist.«
»Und woher weiß sie das so exakt?«
»Sie hat ein neues Computerprogramm, das den Todeszeitpunkt recht genau aus Körpertemperatur, Umgebungstemperatur und einigen anderen Werten ermittelt.« Sascha strahlte so stolz, als hätte er das Programm selbst entwickelt.
»Worauf wartest du dann noch? Ruf die Höchster an!«, blaffte Jenny.
Überrascht fuhr er zusammen. »Was ist denn los? Ist doch gut für uns.«
Jenny knallte den Schrank zu. »Sicher, ist es. Haben wir nirgends mehr Tee?«
»Soll ich welchen in der Kantine besorgen?«, fragte Sascha eilfertig.
»Du sollst die Höchster anrufen! Macht hier keiner mehr, was ich sage?«
Verletzt griff Sascha zum Hörer. Logo trat neben Jenny. »Komm mal runter. Er kann nichts dafür.«
Sie rieb sich den Nacken. »Weiß ich doch. Tut mir leid.«
»Sag das ihm.«
Sascha ließ sich mit den Kollegen des Höchster Reviers verbinden und erklärte ihnen, um was es ging. »Wenn möglich kümmert euch gleich drum«, bat er.
Nachdem er aufgelegt hatte, setzte sich Jenny mit zerknirschtem Gesichtsausdruck neben ihn. »Tut mir leid, Sascha. Ich war eigentlich nicht auf dich zornig. Im Gegenteil. Du hast eine Menge rausbekommen in der kurzen Zeit.«
»Willst du auch noch den Rest hören?«
»Es gibt noch mehr? Sicher.«
»Das Etikett der Decke, in die die Leiche eingewickelt war, wurde abgetrennt, doch die Herkunft ist eindeutig nicht europäisch.«
»Russisch vielleicht? Würde perfekt passen.«
Sascha blickte auf seine Papiere. »Eher afrikanisch.«
»Wie passt das jetzt wieder ins Bild? Was hat der Sohn eigentlich beruflich gemacht?«
»Er studierte Informatik.«
»Reiche Eltern müsste man haben«, murmelte Logo.
»Und tot sein?«, fragte Jenny mit hochgezogener Augenbraue.
»Gott, Jenny, was man heute sagt, ist falsch.«
»Die Eltern sind hier«, empfing Logo sie am nächsten Morgen in der Bürotür.
»Hier im Präsidium?«, fragte sie und drängte sich an ihm vorbei.
»Nein, in ihrem Haus. Sie lehnen es ab, herzukommen.«
»Wir sollen uns wohl zu ihnen bemühen?«, fragte Jenny säuerlich. »Was ist mit einer Identifizierung?«
»Der Vater war heute Morgen bereits in der Gerichtsmedizin und hat den Jungen identifiziert. Sie wollen unbedingt wissen, wann die Beerdigung ist. Sie möchten baldmöglichst zurückfliegen.«
»Die möchte ich kennenlernen.«
Ein Jaguar parkte heute im Hof des Kronberger Anwesens. Das Tor öffnete sich, sobald Logo geklingelt hatte, und er fuhr bis vors Haus. In der Tür stand ein untersetzter vierschrötiger Mann im dreiteiligen Anzug.
»Kommissarin Becker, Kripo Frankfurt. Sie sind Herr Duprais?« Jenny trat auf ihn zu.
Er nickte. Statt einer Begrüßung meinte er: »Kommen Sie«, und ging ihnen voran durch die Halle in eine Art Wintergarten. Jenny sah sich interessiert um. Ein gläserner Tisch war in der Mitte platziert. Um ihn herum standen mit hellem Leder bezogene Stühle. Duprais bot ihnen keinen Platz an.
»Haben Sie schon etwas herausgefunden?«, wandte er sich an Logo.
Mit einem Seitenblick zu Jenny antwortete dieser. »Die Spuren werden noch ausgewertet, Herr Duprais. Können Sie sich vorstellen, warum jemand Ihren Sohn umbringen sollte?«
Duprais musterte ihn kühl. »Natürlich nicht.«
Jenny überließ Logo das Reden und beobachtete den Mann. Er erschien ihr merkwürdig gefasst.
»Kennen Sie Freunde Ihres Sohnes?«, erkundigte sich Logo.
Duprais hob beiläufig die Schultern. »Nur flüchtig, wenn überhaupt. Ich bin den größten Teil des Jahres im Ausland und bekomme wenig von dem mit, was mein Sohn so treibt. Also, getrieben hat. Immerhin war er in meiner alten Studentenverbindung, Corps Communitas. Ferdinand von Schaubert kommt mir als Erstes in den Sinn. Unsere Familien sind seit Jahren befreundet.«
»Studentenverbindung? So was gibt es noch?«
»Sicher! In, wie soll ich es ausdrücken, gehobeneren Kreisen.«
»Exisitiert so etwas wie eine Mitgliederliste?«
»Anzunehmen. Ich bin allerdings nicht mehr aktiv und komme höchstens noch zu den Jahresfeiern. Da müssten Sie sich direkt an die Verbindung wenden. Ich schreibe Ihnen die Adresse des Verbindungshauses auf.«
Jenny
Weitere Kostenlose Bücher