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Artefakt

Artefakt

Titel: Artefakt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gregory Benford
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mußte, und den Rest auf später verschieben. Analytisch. Vorsichtig. Auf jedes Problem konzentriert, sobald es sich stellte. Und, sagte sie sich, nicht zittern.
    Sie kroch aus der Mulde und hielt nach einer Lücke im Strauchwerk Ausschau. Abermals trug ihr die kühle Luft das Knacken eines Zweiges zu, und wieder schien es näher als zuvor.
    Sie fand einen Durchschlupf zwischen zwei hohen Sträuchern und einer Gruppe knorriger Bäume. Von dort erreichte sie die steile Rinne und querte sie Zentimeter um Zentimeter, hielt sich an Grasbüscheln und vermied jeden Tritt, der loses Geröll in Bewegung bringen könnte. Vor Angst und Konzentration schnaufte sie so heftig, daß sie befürchtete, das Geräusch werde sie verraten.
    Auf der anderen Seite ließ sie sich auf alle viere nieder und kroch durch Lücken im Buschwerk weiter. Die umschließende Vegetation mit ihren Schatten bot nach der ungeschützten Rinne willkommene Deckung. Zweige zerkratzten ihr Gesicht und Hände, aber sie kroch unverdrossen fort von der Rinne und hielt sich schräg aufwärts. Scharfkantige Steine schnitten ihr in Hände und Knie. Kleine Tiere huschten raschelnd fort. Der aromatische Duft des Buschwaldes behauptete sich hier gegen den scharfen Napalmgestank.
    Einmal in Bewegung, kroch sie automatisch weiter. Bald waren ihre Knie wund, das dornige Gestrüpp zerkratzte ihr das Gesicht, aber sie spürte die brennenden Schmerzen kaum, da sie all ihre Aufmerksamkeit auf die Geräusche möglicher Verfolger konzentrierte.
    Unten im Tal hatte das Schießen aufgehört. Ein leichter Wind trug ihr ein Gemurmel von Stimmen zu; vielleicht diskutierten die Männer über die Kabel. Den Hintergrund gab das tiefe, gleichförmige Blubbern des Hubschraubers ab, dessen Motor leerlief. Sonst nichts.
    Sie erhob sich rasch, um Rundschau zu halten. Im Umkreis des Lagers gab es nur noch wenige kleine Brandherde, die Luft war rauchverhangen. Claire war erstaunt, wie weit sie gekrochen war – mindestens zweihundert Schritte. Sie konnte die Umrisse des Hubschraubers kaum noch ausmachen.
    Und jeden Augenblick konnte die Singularität an die Oberfläche hervorbrechen und sie alle verbrennen und verstrahlen. Oder, noch schlimmer, eine Kernexplosion hervorrufen.
    Sie wurde angezogen von ihrem Zwilling im sorgsam verpackten und gesicherten Würfel. Wenn richtig war, was John und Zaninetti und die anderen gesagt hatten, dann würde die seltsame Lichterscheinung nicht dort unten in der See bleiben. Ihre beiderseitigen Anziehungskräfte würden die Singularitäten unweigerlich zusammenführen.
    Die schattenhaften Gestalten am Hang hinter ihr waren nicht zweifelsfrei zu erkennen, doch glaubte Claire da und dort Bewegungen in dem unebenen, mit Buschwald bewachsenen Terrain auszumachen. Nach ihrem Gefühl hielten sie noch immer auf sie zu, offenbar in einem Versuch, den Hubschrauber zu umgehen. Es konnten nur wenige sein, aber wenn einer von ihnen auf sie stieß…
    Sie wandte sich um, halb entschlossen, wieder zum Kamm aufzusteigen und sich so in Sicherheit zu bringen – und war überrascht, als sie nur zehn Meter entfernt den ansteigenden Weg zum Kuppelgrab sah. Bis zum Dromos konnte es nicht weit sein.
    Über steiniges Gelände und durch Gestrüpp kroch sie das letzte Stück zum Weg. Der Eingang zum Grab kam voraus in Sicht, ein vertrauter, beinahe erfreulicher Anblick. Sie schwang die schmerzenden Beine über einen Block, der die Wegböschung bildete, erreichte ebenen Grund und kauerte nieder. Kein verdächtiges Geräusch, nur das leise Rascheln des Windes, das Blubbern des Hubschraubermotors und ihr eigenes Atmen. Gebückt schlich sie den Weg hinauf zum Dromos, folgte diesem bis zum Grabeingang. Das letzte Stück war so dunkel, daß sie sich mit der Rechten an den Blöcken des alten Mauerwerks entlangtastete. Ihr Atem ging rasch, sie stand immer noch unter dem Schock der letzten Ereignisse und war ängstlich bedacht, sich in Sicherheit zu bringen. Die Wand endete, und sie fühlte den mächtigen, aus Kalkstein gehauenen Eingang zum Grab. Sie trat, eng an die Sicherheit verheißenden massiven Steine gedrückt, über die Schwelle, und verspätet fiel ihr ein, daß sie weder auf die Gitterstäbe des eisernen Tores, noch auf die hölzerne Eingangstür gestoßen war; beide mußten offenstehen, und da die letztere auf der anderen Seite eingehängt war, konnten ihre Finger sie nicht ertasten. Sie brauchte ihren Schlüssel nicht. Das Grab war offen.
    Ein weißes Licht schien ihr blendend

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