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Artefakt

Artefakt

Titel: Artefakt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gregory Benford
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Du?«
    »Nein.«
    Er kam zurückgetappt und legte die Arme um sie.
    »Ich werd’s versuchen«, sagte sie.
    »Deine Arme sind nicht länger als meine.«
    »Nein, aber es muß da sein.«
    »Nein, es muß nicht. Ich glaube, der Felssturz hat es weggerissen.«
    »Oh.«
    Eine lange Stille.
    »Gibt es eine Möglichkeit, ohne Seil hinunterzukommen?«
    »Nein. Es ist viel zu steil. Wir würden abstürzen und uns den Hals brechen.«
    »Dann… was können wir tun?«
    »Nichts. Nicht jedes Problem hat eine Lösung.«
    »Wir – wir werden hier drinnen erfrieren.«
    »Oder verhungern.«
    »Carmody wird uns finden.«
    »Wahrscheinlich. Aber wer weiß, daß wir hier sind?«
    »Sie werden suchen.«
    »Ich weiß nicht, ob sie die Zeit und die Ausrüstung haben, um die Kalksteinquader dort oben wegzuschaffen.«
    »Zeit?«
    »Die Griechen werden zurückkommen.«
    »Oh.«
    »Könnte sein, daß die Transportgruppe von unten heraufkommen wird. Es sei denn, der Weg herein ist nicht durch den Felssturz blockiert. Ich würde vermuten, daß er zu ist. Das waren mächtige Brocken.«
    »Wir müssen etwas tun.«
    »Uns warmhalten.«
    »Du hörst dich an wie Marc Aurel.«
    »Wer?«
    »Ein Stoiker.«
    »Ach so. Sieh zu, daß du dich warmhalten kannst.«
    Eine weitere lange Stille schloß sich an. Seine Akzeptanz ihrer Situation entnervte sie. Ihr Verstand suchte verzweifelt nach einem Ausweg.
    »Führt dieser Seitengang irgendwohin?«
    »Gewiß. Direkt hinunter zu einer Stelle irgendwo unter Frankreich. Er ist der Stollen, den die Singularität gebohrt hat.«
    »Oh.« Sie streckte die Hand aus und fühlte die kalte, glatte Oberfläche entlang.
    In der absoluten Schwärze war ihr Tastsinn verstärkt, übertrieb jede Unebenheit zu Tälern und Bergen. Wenn der Schacht und seine Seitenöffnung hier irgendeine archäologische Bedeutung besaßen, dachte sie kläglich, war sie nun verloren; die eingetretenen Schäden hatten mit Sicherheit alle Spuren der Vergangenheit ausgelöscht.
    Sie fragte ihn, was mit Arditti und den anderen geschehen sei. Er sagte es ihr mit wenigen Worten, mochte offensichtlich nicht daran zurückdenken. Seine Stimme war tief und rauh, und in der Finsternis konzentrierte sie sich darauf, gebrauchte sie als einen Anker. Die Worte bildeten sich langsam in ihm, und seine Stimme versagte einmal, als er ihr erzählte, wie er die Toten angetroffen hatte. Sie war entsetzt über die wiederholten Durchgänge der Singularität. Sie wollte fragen, wieviel Strahlung er dabei seiner Vermutung nach abbekommen hatte, sah aber ein, daß es nichts nützen würde, daß er es nicht beurteilen konnte und versuchte, nicht daran zu denken.
    Er sprach langsamer, und seine Worte fielen in die Stille wie Steine in einen tiefen Brunnen. Er schwieg. Schließlich sagte er wie aus weiter Ferne in schläfrigem Ton: »Komm, ruh dich aus, kuschel dich an mich! Wir haben wahrscheinlich eine lange Wartezeit vor uns.«
    Sie schmiegte sich an ihn, schlang die Arme in einer Art Beschützerinstinkt um ihn. Er war erschöpft und stand wahrscheinlich unter einem leichten Schock. Sie war zerkratzt und zerschlagen, hatte aber nichts hinter sich, was den Anstrengungen des Schwimmens und Kletterns gleichkam, zu schweigen von den Schrecken, die er in diesem furchtbaren unterirdischen Schlund ausgestanden haben mußte.
    Die Kälte breitete sich allmählich aus. Zuerst versuchte Claire, die zunehmende Gefühllosigkeit ihrer Füße zu ignorieren, aber nach und nach erstarrte ihr ganzer Körper, die Muskeln versteiften sich, und ein dumpfer Schmerz ließ ihr keine Ruhe. Sie konnte nicht schlafen. Die Aufregung hatte nachgelassen, hinterließ aber einen Zustand nervöser Schreckhaftigkeit, den sie nicht unterdrücken konnte. Es wäre besser, sagte sie sich, wenn sie erschöpft wäre wie John. Dann könnte sie schlafen und ihre Energie aufsparen. Aber sie sah sich außerstande, ihre Gedanken von der Beschäftigung mit den düsteren Aussichten ihrer Lage abzulenken. Sie waren in Kälte und Finsternis gefangen, niemand wußte von ihrem Aufenthalt, vielleicht glaubte man sogar, sie seien beim Einsturz des Grabes umgekommen. So oft sie die Tatsachen durchging, es fiel ihr keine Lösung ein, keine wirkliche Hoffnung, je aus diesem stillen Grab zu entkommen. Ganz ähnlich wie andere einmal in dem alten Grab oben den Tod erwartet hatten, sollte es wirklich so gewesen sein, daß Diener mit ihrem Herren begraben worden waren.
    Die Überlegung brachte sie von der fruchtlosen Grübelei

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