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Artefakt

Artefakt

Titel: Artefakt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gregory Benford
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so stockfinster, daß er sie geradesogut geschlossen hätte halten können. Von Claire kam eine schwache, diffuse Wärme, sie war eine matte Sonne, um die er in ewiger harter Dunkelheit kreiste. Er drückte sie an sich und fühlte ihren langsamen, beinahe widerwilligen Herzschlag.
    Sie hatte noch eine Zeitlang weitergeplappert, und er hatte halb verstanden, worauf sie hinaus wollte, aber es schien alles so entlegen, Geschichte und Legenden, Ideen und Abstraktionen, so fern wie die kalten Sterne. Er hatte versucht, ihr zu folgen, aber die Müdigkeit entzog ihm alle Kräfte, und er konnte sich kaum wachhalten. Dann war sie zum Schluß gekommen, hatte das Gesagte noch einmal bekräftigt, und ihre Stimme hatte in einer Weise glücklich geklungen, ein angenehmes Geräusch in der endlosen völligen Finsternis, und schließlich war auch sie vom Schlaf überwältigt worden.
    Er hatte längere Zeit geschlafen, das war gewiß. Wie lange sie schon hier waren, wußte er nicht. Er hatte während des Abstiegs nicht auf die Uhr gesehen, und jetzt war ihm nicht einmal die Willenskraft geblieben, das Leuchtzifferblatt vor die Augen zu heben. Diese Bewegung würde kostbare Wärme entweichen lassen, und die Zeit war sowieso nicht mehr wichtig. Zeit, das bedeutete einfach Ertragen, und wenn man aufhörte, zu ertragen, würde es Zeit nicht mehr geben, ganz gleich, was die Uhr sagte.
    Aber nun war er aufgewacht, wo er lieber weitergeschlafen hätte. Im Schlaf kauerte nicht der zupackende, bleierne Schmerz auf der Brust und atmete einem ins Gesicht und ließ eisige Messer von den Beinen aufwärts in die Gedärme stoßen. Schlaf war besser. Wachen hieß leben und wissen, was als nächstes kam.
    Er zwinkerte und sah Lichtreflexe. Wandernde Muster, die wie ziehende Wolken kamen und gingen, lautlos und unbeeinflußbar. Die Wolken – er hatte nie wirklich aufmerksam zum Himmel aufgeblickt und sie betrachtet, nie versucht, ihre vielgestaltigen Formen und Bedeutungen zu verstehen. Er hatte sein Leben damit verbracht, daß er auf beschriebenes Papier gestarrt oder Formeln auf Wandtafeln geschrieben oder endlos darüber diskutiert hatte, wenn er statt dessen die Wolken hätte betrachten sollen, in der warmen Sonne liegend und die Fülle ewigen Lichts aufzunehmen, die aus dem Himmel herabstrahlte, Wärme ohne Ende…
    Gelbe, geriffelte Lichtstrahlen. An den Wänden.
    Er bewegte die Hand und konnte Finger sehen, die, vollkommen ohne Gefühl, zur Faust geballt waren, von der Kälte zusammengezogen. Sie hoben sich schwarz vom Höhlendunkel ab.
    Er öffnete den Mund und brachte keinen Laut hervor. Seine Brust war wie zusammengeschnürt und ließ ihm keine Luft.
    »He! Arditti! Anderson! Jemand da unten?« Ein ferner hallender Ruf.
    »Ah!« krächzte er. Er schüttelte Claire. »Ja!«
    Undeutlich: »Hast du das gehört?«
    Noch leiser: »Nein.«
    »Ah! Wir… wir sind hier!«
    »Verdammt! Hast du gehört? Da unten ist jemand.«
     
    Als John aus den Ruinen der Grabkammer wankte, weigerte er sich, auf die Tragbahre zu warten, die heraufzuholen man ihm anbot. Seine ersten Schritte ohne fremde Hilfe hatten heftige prickelnde Schmerzen in den Beinen erzeugt, aber da er wußte, daß die wieder in Gang kommende Blutzirkulation in jedem Fall Schmerzen verursachen würde, war er auf den Beinen geblieben und von einem Fuß auf den anderen gestiegen, um den Vorgang zu beschleunigen und draußen zu sein. Seine Beine waren steife, schwere Klumpen, die mit geronnenem Blut gefüllt schienen. Die Last auf seiner Brust war verschwunden. Die Mühsal, mit fremder Hilfe in die Rettungsgurte zu kommen und sich am Seil festzuhalten, während sie ihn wie einen nassen Sack hinaufgezogen hatten, waren wenigstens geeignet gewesen, ihn aus der Erstarrung von Kälte und Schmerz zu reißen.
    Er stolperte an den durcheinandergeworfenen Blöcken des eingestürzten Gewölbes durch den noch stehenden Eingang hinaus und tappte den langen Dromos entlang, eine Hand an der Wand. Hale stützte Claire, die vor ihm ging. Also war Hale doch durchgekommen. Gut.
    Jemand sagte ihm immer wieder, er solle sich tragen lassen, doch er ignorierte die Stimme und wankte weiter, die Zähne zusammengebissen. Man hatte Lampen gebracht und das ganze Gebiet war hell beleuchtet. Über ihnen schnatterten Hubschrauber, und Düsenmaschinen kreuzten mit drohendem Gebrüll über den Wolken. Die Sechste Flotte war in massiver Stärke anwesend. Carmody hatte die Maske fallengelassen.
    John erreichte das Ende des

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