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Artefakt

Artefakt

Titel: Artefakt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gregory Benford
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dem Wegweiser. Sie waren das erste aufgeführte Mitglied, das nicht zum Lehrkörper der Fakultät gehört. Da der Lehrkörper ausschied, dachte ich mir, der Nächst-Dienstälteste sei die geeignete Wahl.«
    Er lächelte. »Ich nehme es als eine glückliche Fügung, daß Sie das Aufstellungsschema nicht bemerkt haben: das Forschungspersonal ist allein nach den Zimmernummern aufgeführt.«
    »Oh.« Die vollen Lippen kräuselten sich in einem selbstironischen Lächeln.
    »Sagen Sie mal, ist die politische Situation dort drüben nicht ziemlich unsicher?« Er hatte irgendwo gelesen, daß die Griechen der Sowjetunion eine Art Handelsabkommen mit der Meistbegünstigungsklausel anbieten wollten. Vor mehreren Jahren hatten sie sich bereits geweigert, die Stationierungsverträge für die amerikanischen Luftwaffen- und Marinestützpunkte zu verlängern, und natürlich gab es Spekulationen, daß die Sowjets dort vielleicht einziehen und einen guten Preis für das Vorrecht zahlen würden. Unterdessen versuchten die Vereinigten Staaten, ihre Truppenstärke in Europa aus wirtschaftlichen Gründen abzubauen, was von ihren rezessionsgeplagten NATO-Verbündeten mit gemischten Gefühlen betrachtet wurde. Der Verlust der griechischen Stützpunkte bedeutete eine ernste Schwächung der amerikanischen Politik im Mittelmeerraum und im Nahen Osten. Dort arbeitete die Zeit eindeutig gegen Israel, den Hauptverbündeten der USA, der sich einer erstarkenden und zur Einigkeit drängenden arabischen Welt gegenübersah. Dies alles vermittelte das Bild einer Supermacht, die in Schwierigkeiten geraten war. Besiegte und Vasallen haben nichts lieber, als ihre frühere Sieger-Vormacht auf dem Rückzug zu sehen. Amerikaner im Ausland bekamen den in Jahren aufgestauten Groll nun zu spüren.
    Sie zuckte beiläufig die Achseln. »Es ist ein Auf und Ab.
    Und wie ich sagte, es wird nur ein paar Tage in Anspruch nehmen.« Sie ging zur Tür.
    »Warten Sie – was soll ich mitbringen? Und um Watkins’ Ausrüstung mitzunehmen, werde ich…«
    »Was werden Sie tun müssen? Packen Sie die Sachen einfach ein und bringen Sie alles zum Gepäckschalter der TWA.«
    Er zögerte. Dann, um seine Verwirrung zu tarnen, nickte er und dröhnte: »Kein Problem. Sie haben recht.«
    Sie musterte ihn zweifelnd. »Gut. Übrigens brauchen Sie sich nicht mit allzuviel persönlichem Gepäck zu belasten. In Griechenland ist es noch ziemlich warm. Ach ja, und hier.«
    Sie warf ihm ein Päckchen zu. »Medizin?« fragte er nach einem Blick auf das eng bedruckte Etikett.
    »Es ist dieses neue mikrobiotische Zeug. Nehmen Sie eine Kapsel pro Tag. Es lebt in ihren Gedärmen und verzehrt die Dysenterieerreger.«
    »So?« John hielt nichts von der Idee, an seinem Körper herumzupfuschen. Selbst bei Krankheiten und Sportverletzungen hatte er sich standhaft geweigert, Pillen zu nehmen.
    »Keine Nebenwirkungen, seien Sie unbesorgt«, sagte Claire mit distanzierter Erheiterung. »Vertrauen Sie der Wissenschaft!«
    »Ich dachte, das Hauptargument der Wissenschaft sei, daß man sich nicht mit Vertrauen allein zu begnügen brauche«, sagte John.
    Sie schmunzelte. »Seien Sie ruhig wählerisch, aber nehmen Sie die Dinger.«
    »Gut.«
    »Dann sehen wir uns am TWA-Abflugschalter. Seien Sie zeitig dort.«
    »In Ordnung«, sagte er in einem Ton, von dem er hoffte, daß er sich zuversichtlich anhöre. Er öffnete den Mund, um noch mehr zu sagen, aber sie war schon draußen, ohne sich zu verabschieden. Er ließ sich in den Sessel zurückfallen, blies die Wangen auf und pustete den Atem aus. Im Büro war jetzt der schale Gestank von Zigarettenrauch, den er haßte. Aber das war ein kleiner Preis, den er für ein Gespräch mit solch einer herrlichen Frau gern zahlte. Sie hatte ihn vom ersten Augenblick an fasziniert. Das war ihm seit Jahren nicht mehr passiert, nicht seit Ann. Eine derart berauschende, aufrüttelnde Bewegung mußte weiterverfolgt werden. Geringere Aspekte – seine eigenen Vorhaben, ihr lästiges Rauchen – mußten zurücktreten.
    Er würde Sprangle sagen müssen, daß er einen Kurzurlaub nehmen wolle. Glücklicherweise stand in den nächsten Wochen nichts Entscheidendes bevor. Er war noch nicht lange genug in Boston, um Verpflichtungen anzuhäufen. Aber er mußte Watkins’ Meß- und Prüfgeräte ausfindig und sich mit ihrem Gebrauch vertraut machen.
    Er sammelte seine Papiere ein und ordnete sie. Die Berechnungen schienen auf einmal wie etwas, was er vor Wochen geschrieben hatte.
    »Hier im

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