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Artefakt

Artefakt

Titel: Artefakt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gregory Benford
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willkürlichen Kratzer im Licht einer Taschenlampe.
    »Vielleicht verwendete der Betreffende eines von den Messern, die hier bei den Toten zurückgelassen wurden.«
    »Grabräuber bringen gewöhnlich ihr eigenes Werkzeug mit.«
    »Ein Messer taugt nicht für diese Art Arbeit.« Er stand auf. »Gibt es eine Möglichkeit, den Zeitpunkt, als dieser Klotz hinter die Wand gesetzt wurde, zu datieren?«
    »George fand Anzeichen dafür, daß es ziemlich spät erfolgte. Wir wissen aus Schmuckfunden in der obersten Schicht, daß der letzte hier Bestattete eine bedeutende und reiche Persönlichkeit war.«
    »Der letzte seines Geschlechts, wie? Also hat man diese Steinplatte und den Klotz dahinter vielleicht gleichzeitig mit ihm hier hergebracht.«
    »Oder mit ihr.«
    »Freilich. Oder mit ihr.« Er rieb sich das Kinn.
    »Es könnte sogar ein Kleinkönig gewesen sein.«
    »Ja? Erzählen Sie!« Zerstreut stieß er mit der Stiefelspitze in die festgetretene Erde.
    »Es gab ein ungewöhnliches Zeremoniell. An manchen Stätten gibt es unbedeutende und ungewisse Hinweise, daß Diener des Königs mit ihm begraben wurden. Es ist ein strittiger Punkt.«
    Das riß ihn aus seinen Gedanken. »Wirklich? Homers Helden sollen solche Wilden gewesen sein?«
    Sie schüttelte den Kopf. »Eine andere Kultur. Wohlgemerkt, es ist keineswegs gesichert, daß sie es taten, und wenn es sich so verhielt, dann ging es wahrscheinlich auf orientalische Vorbilder zurück, denn es war keine Eigenheit der frühen Griechen. Sie bauten diese schönen Kragsteinkuppeln, als Ihre und meine Vorfahren noch Mastodonten jagten.«
    »Ich dachte, Mastodonten seien schon vor zehntausend Jahren ausgestorben.« Er grinste; dies war eine der wenigen Tatsachen, an der er sich aus der Schulzeit erinnerte.
    Sie lächelte gegen ihren Willen. »Ich sehe, ich werde auf jedes Wort achtgeben müssen. Aber wenn Sie indianische Vorfahren haben, könnte ich dennoch recht haben.«
    »Jeder Südstaatler hat ein bißchen Indianerblut in den Adern.«
    »In Amerika wurden die letzten Mastodonten vor ein paar tausend Jahren von Indianern ausgerottet. Aber um wieder zur Sache zu kommen: sehen Sie diese dreieckige Öffnung über dem Türsturz? Sie nahm das Gewicht der darüber lastenden Quader auf und leitete es seitwärts um die Tür. Fortgeschrittene Statik. Und draußen errichteten sie eine Fassade aus bemaltem Mauerwerk, schön herausgemeißelt.«
    »Sie meinen wirklich, die Leute hätten mit diesem König ein paar Diener begraben?«
    »Nun… vielleicht.«
    Er dachte nach, versuchte sich in jene ferne Zeit zurückzuversetzen und die verwitterten Steine frisch gestrichen und geschmückt zu sehen, Zeugen eines pomphaften Rituals. »Großer Gott – wenn ich mir das vorstelle! Hier drinnen gefangen sein…«
    »Nach dem letzten Begräbnis füllten sie den Dromos mit Erde und Geröll, schütteten die ganze Anlage zu, nach den Anzeichen, die wir finden konnten. Ungewöhnlich. Sie wußten, daß sie hier drinnen niemand mehr begraben würden. Dieser König, oder wer immer er war, muß eine besondere Persönlichkeit gewesen sein. Ein Held, ein Gesetzgeber, ein Eroberer. Agamemmnon kennen wir durch Homer, aber dieser König könnte genauso wichtig gewesen sein.«
    »Ja. Und seine Diener, wenn es wahr ist, daß sie mit ihm gehen mußten. Gefangen hier drin, ohne Licht – und wenn man ein Feuer macht, um zu sehen, würde es den Sauerstoff aufbrauchen. Aber das werden sie nicht gewußt haben. Etwas Holz oder Kleider anzünden, das wäre einfach. Hatten sie damals schon Kerzen?«
    »Öllampen. Wir haben hier allerdings keine gefunden.«
    Er stand da und blickte umher, aufwärts in die düstere Höhe der Kuppel. »Ich frage mich, wie es gewesen sein mag. Hier drin zu stecken und zu wissen, daß nun die letzten Stunden angebrochen sind…«
    »Nun, sollte sich hier so etwas abgespielt haben, so muß man sich vergegenwärtigen, daß die Betreffenden ihrem König in dem festen Glauben an ein Weiterleben in einer anderen Welt in den Tod folgten, und daß sie womöglich unter Drogen gesetzt worden waren.«
    »Sicherlich. Das leuchtet ein. Aber wie berauscht kann einer sein, wenn er weiß, was ihm bevorsteht?«
    Claire wandte sich wieder der Arbeit zu. »Spekulationen machen Spaß, aber dies ist eilig und…«
    »Aber Sie müssen auch etwas erklären«, sagte er hartnäckig. »Diese Kratzspuren.«
    »Grabräuber.«
    »Vielleicht Grabräuber. Mir scheint aber, daß jeder Plünderer, der etwas auf sich hält,

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