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Artefakt

Artefakt

Titel: Artefakt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gregory Benford
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da sie kaum Halt für Griffe bot. An den Seiten waren schwärzliche Streifen, die den Blick steil abwärts lenkten. Sie schienen wie Ruß, doch erinnerte er sich, daß ablaufendes Regenwasser aus höheren Schichten gelöste Mineralien mit sich führen und ältere, unterliegende Schichten verfärben kann. Vielleicht war das hier geschehen. Es war sowieso nicht sein Gebiet. Nichts von all dem fiel in sein Fach, sagte er sich kläglich. Und er hatte hier herumgestochert und Fragen gestellt und unter diesen Leuten, die wirklich wußten, was sie taten, eine Pose von Sachverstand hervorgekehrt…
    Er stand auf. Die anderen beiden sprachen über etwas, dem er nicht folgen konnte. Er war wenigstens einen Schritt vom Rand des Loches entfernt, aber er konnte sich nicht davon abwenden, denn es gähnte dort im Halbdunkel zu seinen Füßen und wartete auf einen Fehltritt oder daß jemand ihn anstieß. Nein, sagte er sich, seine Nervosität war gänzlich unangebracht; sie mußte mit der Atmosphäre dieses Ortes zu tun haben, schließlich war es ein Grab, und es herrschte ein feuchter, modriger Geruch, weil dieser Teil niemals Gelegenheit gehabt hatte, wie das eigentliche Kuppelgrab auszutrocknen: dies war der echte Geruch des Alters. Er wischte sich die Stirn und zwang sich zu regelmäßigem Atmen. Die Lichtkegel der Lampen glitten über die Höhlendecke, wo Spalten und Vertiefungen das Licht verschluckten, schufen eine seltsam indirekte Dunkelheit, die auf seine Schläfen zu drücken, die Luft zu verdichten und den feuchten Modergeruch dieses engen, ungelüfteten Ortes zu verstärken schien…
    »Es ist… äh… drückend hier drin.«
    Claire wandte den Kopf und blickte im trüben, reflektierten Widerschein der Wände zu ihm her. Sein Gesicht fühlte sich erhitzt an. War es ihm anzusehen?
    »Ich möchte draußen die Geräte aufbauen«, sagte er mit rauher Stimme. »Helfen Sie mir mit den Koffern, George?«

 
4
     
    John nahm das Mikroskop von den Linear A-Zeilen zurück. »Es ist tatsächlich Metall in diesen Kerben.«
    »Meißelspuren«, korrigierte Claire automatisch. »Silber? Es sieht wie Silber aus.«
    »Sehen Sie selbst!« Er wies mit einer Verneigung auf das Stativ mit dem imponierenden Mikroskop. Um den schwarzen Zylinder war eine Scheibe mit Linsen und Punktlichtlampen gruppiert. Sie spähte durch das Okular.
    »Was sehe ich?«
    »Korrosionsprodukte, würde ich sagen. Oxide. Allerdings nicht sehr viel Korrosion, das ist wohl ein glücklicher Zufall.«
    »Sind diese grünlichen Flecken Bronze?«
    »Vielleicht. Eine Silber-Kupferlegierung würde auch so aussehen.«
    »Und diese rötlichen Adern?«
    »Rost.«
    »Was ist das unterliegende Metall?«
    »Das ist im Moment schwierig zu sagen. Es könnten mehrere sein. Das Metall mit dem höchsten Elektrodenpotential korrodiert als erstes. Das schützt die anderen Metalle gewöhnlich vor der Zersetzung, bis das erste aufgebraucht ist. Wenn Sie hier Eisen, Silber und Stahl haben…«
    »Dies war späte Bronzezeit.«
    »Ach so. Nun, nur als Beispiel: das Eisen würde zuerst zersetzt. Es würde eine Rostschicht bilden, aber das Silber…«
    »Ich sehe etwas Glänzendes.«
    »Gewiß, weil es in der Tiefe der Kerbe – ich meine, der Meißelspur nicht viel Oxidation gibt.«
    Claire hob den Kopf vom Okular und betrachtete nachdenklich den Bernsteinzapfen. »Ich frage mich, warum… He!«
    »Was?«
    »In dem Bernstein – da war eben ein blauer Lichtblitz.«
    »Eine Reflexion, vermutlich.«
    »Nein, es war wirklich hell.«
    Er hatte vorher etwas Ähnliches gesehen. »Etwas Glimmer im Bernstein. Wenn der Lampenschein im richtigen Winkel einfällt, wirkt er wie ein Prisma…«
    »Aber es war so hell«, beharrte sie.
    »In einem düsteren Loch wie diesem sind die Augen sehr empfindlich.«
    »Hmm. Nun, zuerst geht es mir um die Analyse der Metallspuren. Der Bernstein kann warten.«
    Er versuchte sich an weitere Einzelheiten aus Caleys Analyse von historischen Metallen zu erinnern. Vieles davon war lediglich fachmännischer gesunder Menschenverstand, aber manches von der Oxidationschemie war kompliziert. Er entsann sich, als Junge über Sherlock Holmes gelesen zu haben, wie er eine Monographie über hundert verschiedene Arten von Zigarettenasche geschrieben hatte und wie man sie identifizierte. Damals war es ihm abwegig vorgekommen; nun begann er sich seine Gedanken zu machen. Vielleicht würde zusätzliches Gerät helfen. Im dritten Gerätekoffer war noch etwas…
    »Können Sie den

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