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Artefakt

Artefakt

Titel: Artefakt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gregory Benford
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empfinden es noch immer schmerzlich, wie?«
    Er zwang sich zu einem Lächeln. »Verlierer vergessen nicht so rasch wie Gewinner.«
    »Das ist wahr. In Boston spricht kein Mensch davon. Ich glaube, mein Urgroßvater kaufte sich vom Militärdienst frei.«
    »Ja, für die Yankees war es bloß eine kleine Unterbrechung zwischen der Unabhängigkeit und Kennedy.«
    »Bürgerkrieg«, murmelte Claire. »Ich frage mich, ob es hier dazu kommen wird.«
    »Diese Versammlung, meinen Sie?« Er blickte zurück zum Kai, wo inzwischen die Straßenlaternen brannten und der Lautsprecher verstummt war.
    »Es gab da allerhand Jargon, den ich nicht verstehen konnte, aber der Redner schien die Bevölkerung aufzurufen, daß sie sich der ›obstruktionistischen‹ politischen Gruppen entledigen solle.«
    »So?«
    »Ja. Und vor allem gelte es, sich diesen Mann vom Hals zu schaffen, der… der…«
    »Mit uns zusammengearbeitet hat, meinen Sie?«
    »Ja. Die Art und Weise, wie der Redner über den Mann hergezogen ist… nun, ich habe in Griechenland nie ein solches Maß an öffentlicher Unhöflichkeit erlebt.«
    »Es liegt wohl in der Natur der Dinge, daß im Laufe einer politischen Auseinandersetzung der Ton schärfer wird. Aber wozu die ganze Aufregung?«
    »Die Wirtschaft liegt darnieder. Da ist es immer verlockend, einem ausländischen Sündenbock die Schuld zu geben.«
    »Mit anderen Worten: uns.«
    »So sieht es aus. Es scheint so, daß Kontos in vielen politischen Fragen die Situation richtig beurteilt. Na, er war auch immer ein scharfsinniger Archäologe.«
    »Also, recht oder unrecht, er ist und bleibt ein Ekel.«
    »Es ist nicht so, als ob wir schuldlos wären…«
    Er zuckte die Achseln. »Wer ist es?«
    Der Kellner kam mit Wein. John schenkte ein. Er war an Claire viel mehr interessiert als an Politik. Da empfahl es sich, das Gespräch in erfreulichere Bahnen zu lenken.
    »Wissen Sie«, fing er an, »je weiter man herumkommt, desto mehr gleicht eines dem anderen. Griechenland erinnert mich in vielem an Mexiko. Die gleiche schrille Musik im Radio, die gleiche kahle Schmucklosigkeit der Häuser, elektrische Birnen ohne Lampenschirme, der gleiche Geruch von ranzigem Olivenöl und Knoblauch, der gleiche… awk!«
    Sie lachte. »Der gefürchtete Retsina schlägt wieder zu!«

 
7
     
    Als sie zur Ausgrabung zurückkamen, waren Kontos und seine Leute gerade angekommen. Er leuchtete mit seiner Taschenlampe in ihren Wagen.
    »Wo sind Sie gewesen?«
    »Herumgefahren«, sagte John. »Die Gegend angesehen.«
    »Der aufsichtführende Beamte in Mykene hat keine Besucher gesehen, auf die Ihre Beschreibung zutraf.«
    Claire öffnete den Schlag und sagte ruhig: »Wir waren in Nauplia. Als John das Wasser sah, wollte er einen kleinen Tauchausflug einlegen. Danach war es zu spät, um noch nach Mykene zu fahren.«
    »Ich halte es nicht für klug, irgendwohin zu fahren, wo Sie nicht erwartet werden«, sagte Kontos.
    »Was bedeutet ›erwarten‹?« fragte John.
    »Ich rief den Aufsichtsbeamten an, daß er eine besondere Führung für Sie machen sollte.«
    »Sehr freundlich von Ihnen«, sagte John. Sie gingen den dunklen Weg zum Lager hinunter.
    »Vielleicht haben Sie in Nauplia meine Rede gehört?«
    »Das waren Sie?« platzte Claire heraus.
    »Ich bin auch Parteifunktionär. Es war notwendig, eine vereinigte Front zur Schau zu stellen, die Armee und das Volk. Ich war mit meinen Offizierskollegen aus der Stadt dort.« Die Erinnerung entlockte ihm ein warmes Lächeln. »Ein großer Abend für unser Land. Ich berichtete von der freudigen Aufbruchsstimmung in Athen.«
    »Jedenfalls haben Sie die Leute mächtig in Fahrt gebracht«, sagte Claire kühl.
    »Sie sind es nicht gewohnt, ein Land geeint zu sehen? Kommen Sie, trinken Sie ein Glas Tee.« Er führte sie zu einem Tisch vor einem Zelt nahebei. Vier Soldaten begleiteten sie.
    »Wer sind diese Leute?« fragte Claire.
    »Helfer«, sagte Kontos beiläufig. »Ich brauche Unterstützung bei der schwierigen Aufgabe, politische Verbindungen mit der Landbevölkerung herzustellen.« Er zeigte zu zwei abgestellten Limousinen. »Ich hoffe, daß auch ich für das Kultusministerium einen Beitrag zur Mobilisierung unserer Gesellschaft leisten kann.«
    Während er mit einem Spirituskocher und einem Topf hantierte, schilderte Claire, mit welch feindseligen Blicken sie in Nauplia gemustert worden waren.
    »Was können Sie erwarten? Sie sind offensichtlich Ausländer, Amerikaner. Die Menschen hier sind arm, sie sind

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