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Artefakt

Artefakt

Titel: Artefakt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gregory Benford
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erinnern, daß er in Georgia während eines verregneten Nachmittags zwei Taschenbücher gelesen hatte; jetzt verbrachte er eine Woche mit der Lektüre eines Romans von mittlerem Umfang – vorausgesetzt, er kam überhaupt zum Lesen.
    »Nun ja, Verbindungen, gut«, sagte er, »aber im Innern von Kalkstein?«
    Claire hatte die Kiste bis auf die Abdeckung fertig. »Dann ist es eben ein erzreicher Stein. Dunkler Kalkstein kann aus Meeressedimenten im Mündungsgebiet von Flüssen stammen, die dort ihre Fracht an ausgewaschenen Mineralien absetzten.«
    »Ich weiß nicht. Es gibt Anzeichen, daß sie geschmolzen waren. Man bekommt ein charakteristisches dendritisches Muster, wenn gegossene Legierungen abkühlen. Die Verästelungen entstehen durch die unterschiedliche Erstarrung verschiedener Komponenten.«
    »Kommen Sie, das kann nicht gegossen sein, nicht in den Meißelspuren.«
    »Natürlich nicht.«
    »Was können Sie aus all diesen Daten noch entnehmen?«
    Er tastete einen Speicherbefehl. »Nichts. Ich habe alles auf Diskette. Wir werden es zu Hause im MIT analysieren müssen.«
    »Gut. Nun helfen Sie mir mit dem Deckel.«
    Er sah, daß sie den Block mit Kreuzverschnürungen und Styroporpolstern gegen Stöße gesichert hatte. »Ja, sowohl gegen Stöße als auch gegen Tölpel«, sagte sie. »Sie würden sich wundern, wie manche von diesen…«
    »Hören Sie was?«
    Sie erstarrten. Stille.
    »Vorwärts!« flüsterte sie.
    Gemeinsam brachten sie den schweren hölzernen Deckel an. Das Bernsteinhorn war gut gepolstert; John überprüfte es ein letztes Mal. Die reflektierenden Punkte tief im Innern waren orangefarbene Stäubchen, die im schwachen Lampenschein luftig und leicht zu schweben schienen. Es hatte den Anschein, als sei das goldene und rubinrote Gefunkel nicht durch seine Lampe ausgelöst, sondern durch eine momentan aufleuchtende innere Glut. Die Strahlung kam nur ungleichmäßig, wie eine Wärmeausstrahlung im Inneren. John bewegte sich ein wenig und verlor den richtigen Gesichtswinkel; nun erschien der Zapfen stumpf, passiv. Ein schöner Effekt.
    »Er ist verdammt hübsch, muß man sagen.«
    »Mmh.«
    »Ich wette, sie werden den Block gleich ausstellen.«
    »Wahrscheinlich.«
    »Und Kontos wird einen Wutanfall kriegen, wenn er ihn sieht.«
    »Zu dumm, daß ich nicht dabei sein kann. Ich gäbe was darum, sein Gesicht zu sehen.«
    »Er wird mächtig Stunk machen.«
    »Lassen wir ihm die Freude! Er wird wissen, daß er die Entdeckung nicht für sich selbst beanspruchen kann.«
    »Richtig. Aber er wird das Fundstück haben und vorzeigen können.«
    »Und ich werde meinen Anteil am wissenschaftlichen Verdienst haben«, sagte Claire beim Anziehen der Holzschrauben. »Ich hätte in jedem Fall Anspruch darauf, als Entdeckerin genannt zu werden. Aber auf diese Art und Weise kann er mich nicht beiseite schieben.« Sie drehte den großen Schraubenzieher mit beiden Händen und ächzte vor Anstrengung.
    »Hier, lassen Sie mich das tun.« Er konnte noch immer nicht mit ansehen, daß eine Frau sich mit einem Werkzeug abmühte, während ein Mann untätig dabeistand. »Also wird jeder in gleichem Maße Anteil am Verdienst haben, nicht wahr? Kontos wird sich den Ruhm nicht allein an die Fahne heften können.«
    »Schon die Vorstellung, unsere Namen zusammen in einem wissenschaftlichen Fundbericht zu sehen, ist mir zuviel Kontakt. Ich…«
    Die Eingangstür ging knarrend auf.
    Dr. Kontos stand in der Türöffnung, eingerahmt von den massiven Steinblöcken. Seine Augen glitzerten vor Erregung, ein höhnisches Lächeln spielte um seine Lippen. Mehrere Soldaten drängten sich hinter ihm.
    »Eine kleine Party?«

 
8
     
    Die graue Militärlimousine überholte schlingernd einen langsamen Lastwagen, daß Claire und John auf den Rücksitzen hin und hergeworfen wurden.
    »Paß auf da vorn, verdammt noch mal!« rief John durch den Motorenlärm. Der Soldat zu seiner Rechten ließ ihn nicht aus dem Auge. Der Fahrer trat wieder aufs Gaspedal, und sie brausten weiter.
    Oberst Kontos wandte sich auf dem Beifahrersitz um und musterte John mit kaltem Blick. »Sie haben Angst?«
    »Dummheit macht mir immer Angst«, sagte John.
    Kontos’ Augen wurden schmal. »Es ist noch nicht zu spät, um Sie zum Hauptquartier zu bringen. Ein paar Tage in der Zelle würden Ihnen gut tun.«
    Sie rasten die Schnellstraße zum Athener Flughafen entlang. Zur Rechten schimmerte die Insel Salamis wie unbehauener Marmor in der Juwelenfassung der See. Salamis, wo die

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