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Artefakt

Artefakt

Titel: Artefakt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gregory Benford
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nach Boston. John sollte nach Kreta fliegen.
    George brachte ein paar Papiertaschentücher zum Vorschein und stillte Johns Nasenbluten, während sie in der Schlange vor dem TWA-Schalter warteten. Die Leute glotzten. In der Halle waren viele Uniformen zu sehen, aber die Soldaten und Polizisten beachteten sie nicht sonderlich. Statt dessen standen sie meist in kleinen Gruppen beisammen und diskutierten angeregt.
    Claire sagte, was ihr geeignet schien, aber John spürte den bebenden Zorn hinter ihrem Mitgefühl. Kontos stand am TWA-Schalter und verlangte lautstark eine zusätzliche Flugkarte für John. Der Schalter war belagert von hunderten Fluggästen. Viele warteten offenbar schon seit Stunden, waren halb verzweifelt und erhoben ein lautes Stimmengewirr von Fragen und Protesten, aber Kontos’ Uniform verschaffte ihm die ungeteilte Aufmerksamkeit der Angestellten.
    George hatte nicht viel gesagt und getan. Er schien eingeschüchtert von den Soldaten, beobachtete sie aus den Augenwinkeln und beeilte sich zu tun, was sie ihm mit Gesten und Fingerzeigen und knappen Befehlen bedeuteten. Sie hießen ihn hinausgehen und das gesamte Gepäck hereintragen, und dann mußte er es zur Zollüberprüfung und Gewichtskontrolle schaffen. Kontos schien seinen Spaß daran zu haben und schnippte mit den Fingern, daß George sich beeile.
    John behielt seine zwei Taschen bei sich. Er wollte nicht, daß jemand seine Taucherausrüstung herumwarf, und er befürchtete, daß jemand die Taschen stehlen würde, selbst nachdem sie als Reisegepäck aufgegeben wären.
    Kontos kam mit drei Flugkarten. »Ihre Maschine geht in einer Stunde. Ich werde die Soldaten vor dem Warteraum für Abreisende Posten beziehen lassen. Kommen Sie nicht ins Abfertigungsgebäude zurück!«
    »Warum plötzlich so förmlich, Oberst?« fragte Claire in bitterem Spott. »Möchten Sie mich nicht auch schlagen?«
    »Solange Sie diese Uniform nicht beleidigen, besteht kein Anlaß dazu«, erwiderte Kontos steif.
    Vielleicht befürchtete er, daß er sich übernommen haben könnte, dachte John. Selbst politisch einflußreiche Leute können sich nicht alles erlauben.
    »Oh, es käme mir nie in den Sinn, die Uniform zu beleidigen. Allenfalls das Würstchen, das sich darin versteckt.«
    Kontos funkelte sie an. »Drängen Sie mich nicht zum Äußersten!« Die Stimme war fast tonlos und eigentümlich ruhig.
    John erkannte die Zeichen einer kaum noch gezügelten Wut. Kontos verhielt sich klug, doch kostete es ihn große Überwindung. John beschloß die Konfrontation zu beenden.
    »Was ist geschehen?« fragte er, sich zwischen die beiden schiebend. »Warum sind hier so viele Armeeangehörige?« Er wies zu den Gruppen der diskutierenden Militärs.
    »Das Parlament ist aufgelöst«, sagte Kontos. »Unsere Regierung hat den Ausnahmezustand verhängt.«
    »Ausnahme…?« Während Kontos zu ihm hersah, machte John durch verstohlene Gesten zu Claire deutlich, daß sie endlich still sein solle.
    »Wir können mit einigen reaktionären Elementen nicht zu einem annehmbaren Kompromiß gelangen, darum suspendieren wir die normalen politischen Verfahrensweisen, bis es uns gelungen ist, innerhalb der gesamten Gesellschaft ein… äh… solidarisches Bewußtsein zu erzeugen.« Die Worte kamen heraus wie eine Presseverlautbarung.
    »Verstehe.«
    »Nun – ich fahre zurück in die Stadt. Große Ereignisse bereiten sich vor. Ich werde meine Zeit nicht mit Ihnen vergeuden.« Kontos schnaubte, machte mit militärischer Zackigkeit auf einem Absatz kehrt und marschierte davon.
    Claire seufzte. »Wenn man es sich vorstellt, daß dieser Mann ein guter Archäologe war…«
    »Na und? Er wird es noch sein. Die Menschen sind in ihrem Verhalten nicht konsequent.«
    Sie schaute ihn ein wenig trübe an, und er sah zu seiner Bestürzung, daß sie den Tränen nahe war. Der Firnis zäher Härte war nur so dick und nicht mehr. Er nahm sie beim Arm. »Kommen Sie, wir warten auf unseren Flug. Vielleicht können wir ein kleines Frühstück auftreiben.«
    Er nickte George zu, und sie reihten sich in die Schlange der Wartenden vor der Paßkontrolle ein, sahen mit benommener Gleichgültigkeit zu, wie ein verschlafener Abfertigungsbeamter die Seiten stempelte, ohne hineinzusehen. Die Spannung ließ jetzt nach, und sie waren übermüdet und verbittert von den Auseinandersetzungen, dem erzwungenen Kofferpacken, der langen Fahrt durch Dunkelheit und Morgengrauen. Kontos hatte sie bei jeder Verzögerung angetrieben und

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