Artefakt
herumkommandiert, sie ihrer Würde als Wissenschaftler beraubt und Claire so verwirrt, daß sie Aufzeichnungen zurückgelassen hatte. Vor allem aber wurmte John – und wahrscheinlich auch Claire –, daß er seine Position ausgenutzt hatte, sie zu demütigen.
Freundlich sagte er zu Claire: »Es hat keinen Sinn, sich hier in einen politischen Aufruhr zu verstricken. Vielleicht ist es gut, daß wir aus dem Land kommen.«
Sie schnupfte und nickte. »Anscheinend wollten viele Leute mit diesem Flug weg.«
»Nach alledem wird es gut sein, wieder nach Hause zu kommen.«
»Ja.«
Sie saßen schweigend im Warteraum. George ging hinaus und brachte Kaffee und ein paar sonderbare Dreiecke aus Nüssen und Sesam, zusammengehalten von Honig. John schlang zwei hinunter und fühlte sich besser. Claire aß mechanisch, den Blick niedergeschlagen. Er wußte, was sie dachte, aber es gab nichts, was er sagen konnte, um diese Dämonen zu vertreiben.
Sie kehrte geschlagen in die Heimat zurück. Kontos würde ein großes Aufhebens von dieser Geschichte machen und Hampton von der Universität Boston erzählen, wie sie ihn hintergangen hatte. Das würde ihrem wissenschaftlichen Ruf den Rest geben. Es war durchaus möglich, daß sie dadurch für immer von der archäologischen Arbeit in Griechenland, die ihre Spezialität war, ausgeschlossen würde.
Er lehnte sich zurück und wünschte, er hätte etwas zu lesen. Nun, er hatte, unten in seiner Reisetasche. Aber irgendwie brachte er nicht die Energie auf, ein Buch auszugraben. Er schloß die Augen und versuchte sich zu entspannen. Vielleicht konnte er im Flugzeug schlafen. Nein, nicht vielleicht, ganz sicher.
Claire schüttelte seinen Arm. »Wachen Sie auf!« sagte sie. »Ich brauche Kleingeld.«
»Ist die Toilettenbenutzung hier nicht kostenlos?« Er suchte in seinen Taschen.
»Nein, es ist für ein Telefongespräch.«
»Wen wollen Sie anrufen?«
»Olympic Airways.«
Er gab ihr eine Handvoll Münzen. »Warum?«
»Praxis.«
»Was?«
»Warten Sie ab!«
DRITTER
TEIL
1
Claire kritzelte Flugnummer und Zeit auf die Rückseite ihres TWA-Umschlags mit den Flugkarten. Sie biß ärgerlich auf das Bleistiftende und hängte ein.
Es würde sehr knapp sein. Sie hatte zuviel Zeit mißmutig und niedergeschlagen im Warteraum verbracht und einstudiert, was sie zu Hampton sagen würde, wie sie beschreiben könnte, was geschehen war, wie sie das Beste aus einer Sache machen könnte, die, ganz gleich, wie man sie drehte und wendete, eine totale Niederlage war. Zeit, die sie mit anderen Überlegungen hätte verbringen sollen, während die Minuten bis zum Abflug verstrichen. Die Griechen des klassischen Zeitalters sprachen vom passenden Gleichgewicht zwischen dem Denken, theoria, und dem Handeln, praxis. Aber sie hatte weder das eine noch das andere getan.
Sie hatte sich geärgert und gesorgt, ohne einen Schritt weiterzukommen, und ihr ruheloser Blick war dabei durch den überfüllten Warteraum geschweift – und plötzlich war sie auf die große Routenkarte der Olympic Airways an der Wand aufmerksam geworden. Wie elektrisiert hatte sie die Karte angestarrt, denn ihr war eine Idee gekommen. Plötzlich war ihr die viereckige kleine Elfenbeinplatte eingefallen, ihre undeutlichen Zeichen, und sie wünschte, sie hätte wenigstens eine Skizze davon gemacht, um zu vergleichen. Und ebenso plötzlich hatte sie gewußt, daß sie dieser Idee nachgehen mußte. Sie konnte jetzt nicht aufgeben.
Der Rest war einfach gewesen. Sie brauchte eine Möglichkeit, in Griechenland zu bleiben. Das zu erreichen, gab es nur eine erfolgversprechende Methode.
Sie kaute weiter am Bleistiftende, bis sie zu einem Entschluß kam. Ein Mann, der nervös an einer Zigarette paffte, fing ihren Blick auf und lächelte. Sie blickte finster zurück. Er schaute beleidigt drein.
Als sie zu George und John zurückging, sagte eine monotone Stimme ihren Flug an. John betastete vorsichtig seine Nase und die geschwollenen Lippen.
»Kommen Sie, stellen wir uns an«, sagte sie, nahm ihre leichte Reisetasche und überlegte fieberhaft.
»Laß die anderen zuerst zur Tür hinaus«, meinte George. »Es wird ein langer Flug, und wir kommen noch rechtzeitig an Bord.«
»Nun mach schon!«
»Wozu die Eile!« George stand auf. John schloß sich ihm an.
»Nein, warte!« sagte sie plötzlich. Der Warteraum war voller Menschen, und viele drängten bereits zum Ausgang. Sie nahm George beiseite und flüsterte: »Paß auf, George.
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