Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Artefakt

Artefakt

Titel: Artefakt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gregory Benford
Vom Netzwerk:
nur gemeinsam mit Kreta kann man diesen Begriff gebrauchen. Kreta und Santorin waren offenbar eine kulturelle Einheit. Die Ägypter brachten es irgendwie durcheinander. Sie erzählten den Griechen tausend Jahre später, daß eine große Inselkultur durch eine Explosion vernichtet wurde und in den Wellen untergegangen sei. Nun, Kretas Kultur ging damals tatsächlich unter. Die Insel wurde mit Staub- und Aschenregen überhäuft, erlitt Erdbeben und wurde von gewaltigen Flutwellen verwüstet. Das war der Ursprung der Legende.«
    »Aber Kreta ist hundertfünfzig Kilometer von hier«, sagte John.
    George machte eine Armbewegung zur Bucht. »Hat nichts zu sagen. Frage mich, wie viele Wasserstoffbomben nötig wären, um solch eine Wirkung zu erzielen?«
    »Ich habe es ausgerechnet«, erwiderte John. »Mindestens ein halbes Dutzend der großen Hundert-Megatonnen-Bomben.« Er wandte sich zu Claire. »Wenn es auf einmal geschehen ist. Aber Sie sagten, der Palast von Knossos sei zweimal zerstört worden.«
    »Das erste Mal offenbar durch ein Vorbeben«, sagte Claire. »Dieses Beben muß mehrere Jahre vor der großen Eruption gewesen sein, ähnlich wie es in Pompeji vor dem berühmten Ausbruch des Vesuv geschah. Man hatte den Palast bereits wieder aufgebaut, als Santorin explodierte. Das war die größte Katastrophe in der Menschheitsgeschichte.«
    Und, dachte sie bei sich, als eine seltsame Art von Entschädigung ließ sie eine schöne Insel zurück. Die anderen Kykladen waren Teil der Kalksteinketten, die durch Euböa, Attika und die Peloponnes südostwärts verliefen und zwischen ihren Höhen zur See hin offene Täler schufen, die den alten Griechen gute Häfen lieferten und ihren Blick südwärts nach Kreta lenkten. Die Geologie förderte die geschichtliche Entwicklung. Santorin war ein jüngeres Element, das in diese Welt emporgedrungen war, eine vulkanische Intrusion.
    Sie wandte sich ab und folgte dem steilen Weg hinab nach Thira und zum Hotel. Ihr Blick suchte ihr Zimmer, zählte die Stockwerke und identifizierte es durch das filigranartige Balkongeländer aus Schmiedeeisen. Am nächsten Tag war noch Zeit genug, das Museum aufzusuchen und nach Verbindungen mit dem Elfenbeinplättchen zu suchen. Einstweilen war sie müde von den Anspannungen der letzten Tage. Sie brauchte ein wenig Ruhe und Ablenkung, eine stille Stunde im frühen Sonnenuntergang, ein erholsames Nickerchen, bis es Zeit wäre zu einem weiteren Spaziergang, einem Einkaufsbummel, einer späten Mahlzeit der wunderbar zubereiteten Meeresfrüchte…
    Ein Mann in dunklem Anzug trat auf ihren Balkon hinaus.
    Er schien auf die Bucht hinauszublicken. Claire blieb wie angewurzelt stehen, hielt nach Deckung Ausschau. Es gab keine.
    »Umkehren!« sagte sie in unterdrückter Panik. Die beiden blieben stehen und starrten sie an. »Den Weg entlang! Vorwärts!«
    Johns Augen weiteten sich, als er an ihr vorbei zum Hotel sah. Ohne ein Wort machte er kehrt, und George folgte.
    »George, geh du voran!« sagte sie. »Es muß aussehen, als ob wir nicht zusammengehörten.«
    George eilte schon voraus. »Trägt die Polizei nicht Uniform?« fragte John.
    »Nicht immer. Wie bei uns gibt es auch hier Sicherheitsabteilungen, die in Zivil gehen.«
    Es schien eine Ewigkeit zu dauern, bis sie wieder die Höhe erreichten und auf der anderen Seite außer Sicht vom Hotel kamen. Hinter einem ausgedörrten Strauch spähte sie zurück. Ihr Balkon war leer. Nun, wenn der Mann sie erkannt hatte, waren sie erledigt; es gab kein Versteck.
    »Es könnte der Hotelangestellte oder ein anderer Bediensteter gewesen sein«, meinte George.
    »Darauf können wir uns nicht verlassen«, sagte John.
    »Wenn sie uns suchen, ist Thira jedenfalls zu klein, um darin Unterschlupf zu finden«, sagte George.
    »Besser als im Freien zu stehen«, entschied Claire. »Kommt mit!«
    Bei der ersten Wegkreuzung wandten sie sich landeinwärts. Es war grotesk, wie sie hier durch die Bilderbuchlandschaft wanderten und diskutierten, wie sie der Polizei entgehen könnten. Unwirklich. Sie beschleunigten ihren Schritt und beobachteten wachsam alle Einheimischen, die irgendwo in ihren Gesichtskreis kamen.
    »Ich habe unsere Pässe abgeholt, als wir zum Essen gingen«, sagte John. »George hatte seinen schon. Wir könnten einfach zum Flugplatz gehen und auf die erstbeste Maschine warten…«
    George schüttelte den Kopf. »Dieser Flugplatz ist eine ganz kleine, einfache Anlage. Wir würden auffallen, und die Polizei würde uns

Weitere Kostenlose Bücher