Artemis Fowl. Das magische Tor (German Edition)
Wichtelinnenmacht darauf verwandt hätte. Sie war der Schlüssel, und Schlüssel und Schloss gehörten zusammen. Ihre Vereinigung war so unvermeidlich wie das Vergehen der Zeit. Sie spürte, wie sich ihre Gesichtshaut dem Schloss entgegendehnte, und es zog so sehr an ihren Armen, dass die Gelenke knackten.
Der Zaubererelf war wirklich mächtig , dachte sie. Selbst nach so langer Zeit ist seine Magie noch enorm stark .
Ihre Flugbahn führte sie in einem schwungvollen Bogen zur Oberfläche des Atlantiks und quer über den Nachmittagshimmel nach Irland. Wie ein Feuerball schoss sie auf Fowl Manor zu, und ihr blieb keine Zeit, darüber nachzudenken oder sich Sorgen zu machen oder in freudiger Erwartung zu schwelgen, weil sich gleich zeigen würde, ob ihre Theorie richtig war oder nicht.
Ich werde die Toten wiedererwecken , hatte sie in ihrer Zelle oft gedacht. Das hat selbst Foaly noch nicht geschafft .
Opal schlug wie ein Komet auf dem Fowl’schen Anwesen ein, und zwar genau auf dem Stummel des Martello-Turms mit seinen seltsamen Efeuranken. Ihre mächtige Magieaura ließ die Turmruine zerbersten und bohrte sich wie ein Hund auf Kaninchenjagd sechs Meter tief in die Erde, durch die Ablagerungen von Jahrhunderten, bis sie auf einen weiteren, noch viel älteren Turm stieß. Die Magie witterte das Schloss im Dach des Turms und legte sich darüber wie eine schimmernde Riesenqualle.
Opal schwebte mit dem Gesicht nach unten und verfolgte wie im Traum, was geschah. Sie sah, wie ihre Finger sich zuckend ausbreiteten und Funkenströme ausstießen. Sie sah, wie der Tarnzauber sich auflöste und der vermeintlich schlichte Felsblock zu einem derben Steinturm wurde, in dessen Oberfläche komplizierte ineinander verschlungene Runen geritzt waren. Das magische Ektoplasma schmiegte sich in die Runen, setzte sie unter Strom und sandte brennende Rinnsale durch die Vertiefungen.
Öffne dich mir , dachte Opal, obwohl das nur eine mögliche Interpretation ihrer Gehirnströme ist. Eine andere Interpretation wäre Aaaaaaargghhhhhhh .
Die Runen des Schlosses brodelten vor Magie, wurden lebendig und wanden sich wie Schlangen auf heißem Sand. Sie schnappten nacheinander, und die dickeren Magielinien verschluckten die dünneren, bis nur noch ein schlichter zweizeiliger Reim auf Gnomisch übrig blieb:
Opal hatte noch genug Bewusstsein übrig, um spöttisch zu grinsen. Typisch mittelalterliche Elfendichtung: schlechte Grammatik, unsauberer Reim und melodramatisch bis zum Abwinken .
Ich werde es öffnen , dachte sie. Und Artemis wird es bereuen. Aber ihm wird nicht viel Zeit dafür bleiben .
Opal konzentrierte sich und legte ihre rechte Hand flach auf den Stein, die Finger gespreizt und von Magiewirbeln umströmt. Die Hand sank hinein wie Sonnenlicht in die Dunkelheit, und Risse durchzuckten den Stein.
Erhebt euch , dachte sie. Erhebt euch, meine schönen Krieger .
Ériú alias Fowl’sches Anwesen
Die Berserker wurden aus dem heiligen Boden in die Luft katapultiert wie Kanonenkugeln. Der Sog des Jenseits ließ nach, und die Elfenkrieger fühlten sich frei, ihre Mission zu vollenden. Sie wussten, der nächste Tod würde ihr letzter sein, und dann würden sich endlich die Tore von Nimh vor ihnen auftun. Es war ihnen versprochen worden, und sie sehnten sich danach. Denn auch wenn die Toten sich nach dem Leben sehnen, sind die Seelen doch für den Himmel erschaffen, und sie ruhen nicht, bis sie ihn erreichen. Das hatte der Zaubererelf nicht gewusst, als er das Schloss und den Schlüssel schmiedete. Er hatte nicht gewusst, dass er seine Krieger zu zehntausend Jahren ohne Licht verurteilt hatte. Und wer zu lange vom Licht abgeschottet ist, riskiert, seine Seele zu verlieren.
Doch nun würden all die Versprechen, die ihnen zugeflüstert worden waren, als die Priester ihre sterbenden Körper in den Graben geschleppt hatten, endlich erfüllt werden. Sie brauchten nur in ihren gestohlenen Körpern dieses Tor zu bewachen, dann würde ihr nächster Tod ihnen das Tor zum Paradies öffnen. Dann konnten die Berserker nach Hause gehen.
Aber vorher musste Menschenblut fließen.
Die Erde begann zu brodeln, als das Ektoplasma von hundert unterirdischen Kriegern nach oben schoss. Voller Ungeduld drängten sie zum Licht. Sie wurden unerbittlich zum Schlüssel gezogen, der über dem Steinschloss lag, und einer nach dem anderen glitt durch den Kanal aus Magie, den Opal darstellte.
Oro war der Erste.
Es ist ein Wichtel, dachte er überrascht, denn
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