Artemis Fowl. Das magische Tor (German Edition)
viel mehr. Vielleicht würde Fowl gerade lange genug zögern, dass sein kleiner Bruder alias Oro ihm einen Dolch zwischen die Rippen jagen konnte.
»Aber verschwende nicht zu viel Zeit und zu viele Männer. Ich will eine undurchdringliche Mauer aus Berserkern um mich herum, während ich an dem zweiten Schloss arbeite. Dabei müssen komplizierte Zauber aufgelöst werden.«
Oro schloss einen Moment die Augen, um den Wind auf seinem Gesicht zu genießen. Jenseits der Mauer konnte er das Knistern mächtiger Flammen hören, und als er die Augen wieder öffnete, sah er, dass in der Ferne der schwarze Rauch der Zerstörung in den Abendhimmel aufstieg.
»Wir sind willig, aber gering an Zahl, meine Königin. Werden wir noch mehr Feinden begegnen?«
Opal stieß ein keckerndes Lachen aus. »Nicht bis zum Morgen. Meine Feinde haben zurzeit gewisse Schwierigkeiten. Dafür hat Mami gesorgt.«
Der Teil von Oros Verstand, der noch ihm selbst gehörte und nicht dem Willen einer orange glühenden Wichtelin gehorchte, dachte: Es geziemt sich nicht, dass sie sich als unsere Mutter bezeichnet. Sie macht sich über uns lustig .
Doch der Geasa , der magische Treuebann, ist so stark, dass bereits dieser rebellische Gedanke dem Anführer der Berserker körperliche Schmerzen bereitete.
Opal bemerkte sein Zucken. »Was denkst du gerade? Doch hoffentlich nichts Aufrührerisches, oder?«
»Nein, meine Königin«, sagte Oro. »Dieser schwächliche Körper ist nicht in der Lage, meine Blutgier zu verkraften.« Diese Lüge brachte ihm einen weiteren Krampf ein, doch er hatte damit gerechnet und ertrug ihn, ohne sich etwas anmerken zu lassen.
Opal runzelte die Stirn. Der Kerl hatte seinen eigenen Kopf, aber das war nicht weiter von Bedeutung. Oros Energie ließ bereits nach. Die Berserker würden mit Mühe und Not die Nacht überstehen, und bis dahin hätte sie das zweite Schloss geöffnet, und dann würde die Koboi-Ära wahrhaft beginnen.
»Na, dann los«, fuhr sie ihn an. »Stell eine Verfolgungseinheit zusammen, aber deine Pflicht ist es, das Tor zu beschützen. Ich habe dafür gesorgt, dass die Menschen ein Weilchen beschäftigt sind, aber sobald die Sonne aufgeht, werden sie in einer Welle der Vernichtung über uns herfallen, um die Letzten unserer Art zu vernichten.« Opal beschloss, noch ein bisschen dicker aufzutragen, damit Oro begriff. »Ohne jedes Erbarmen in ihren erbarmungslosen Herzen werden sie uns niedermetzeln.«
Diese Formulierung schien anzukommen, und Oro stapfte davon, um seine Verfolgungseinheit auszuwählen.
Die ganze Situation war, das musste Opal sich eingestehen, absolut perfekt. Die Berserker würden ihr Deckung geben, weil diese armseligen Dummköpfe glaubten, ihr großes, hässliches Tor würde tatsächlich irgendwohin führen. Und dann würden sie einfach ins Jenseits entschwinden, ohne auch nur irgendetwas von dem unnötigen Völkermord mitzubekommen, bei dessen Ausführung sie mitgeholfen hatten.
Geister sind so unzuverlässig als Zeugen vor Gericht , dachte Opal mit selbstgefälligem Grinsen.
Doch so erquickend ein selbstgefälliges Grinsen auch sein mochte, es gab noch einiges zu tun, wofür sie ihren gesamten Verstand brauchte. Das Schloss war nach wie vor verschlossen, und wenn sie die schwarze Magie zu lange in sich behielt, würde ihr Körper davon verzehrt. Sie spürte jetzt schon, wie die Haut zwischen ihren Schulterblättern Blasen warf. Ihre Macht heilte die Blasen zwar, sobald sie erschienen, aber das kostete sie Magie, und die Blasen kamen immer wieder.
Warum kann ich dieses Problem nicht lösen, indem ich jemanden umbringe? , dachte sie missgelaunt, doch dann tröstete sie sich mit dem Mantra, das ihr im Gefängnis Kraft gegeben hatte.
»Bald werden alle Menschen tot sein«, sagte sie in dem altbewährten Singsang aller Gurus. »Und Opal wird geliebt werden.«
Und selbst wenn ich nicht geliebt werde , dachte sie, dann sind wenigstens alle Menschen tot .
Oro stapfte auf seinen kurzen Beinen die uralten Stufen hinunter, die sich spiralförmig um das Berserkertor wanden, und für einen kurzen Moment erinnerte er sich an den Tag, als er dabei geholfen hatte, diesen gedrungenen Turm zu bauen. Das Ganze war allerdings eher mit Magie als mit Schlepperei erledigt worden. Der alte Bruin Fadda hatte seinen Berserkern befohlen, jeden Magiefunken, dessen sie habhaft werden konnten, in das Schloss zu leiten. Und ein großer Kreis von Zauberern hatte Blitze in den Stein gejagt.
Wer immer dieses Tor
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