Artikel 5
kamen sie aus dem Wohnzimmer.
Warum flieht er nicht?
Aber ich wusste, warum. Er wollte mir mehr Zeit verschaffen, und er hatte die Hintertür noch nicht gehört. Tonlos verwünschte ich ihn.
Ich sammelte allen Mut, den ich hatte, und rannte um die Ecke, um die Küche von der anderen Seite zu betreten. Das Licht brannte und blendete mich, aber der Raum war verlassen. Ich ging direkt zum Kühlschrank, schnappte mir sämtliche Schlüssel in der schwarzen Keramikschale, die neben ihm stand, und kehrte zur Hintertür zurück.
So leise ich konnte, öffnete ich die Tür und schoss auf tauben Beinen hinaus. Die eisige Luft schlug mir ins Gesicht und raubte mir den Atem. Ich rannte auf das einzige Ziel zu, von dem ich mir Hilfe versprach.
Der Generator. Gleich vor dem Küchenfenster. Vielleicht konnte ich, wenn ich den Strom lahmlegte, Chase eine Chance verschaffen, seinerseits zu entkommen.
Vor der surrenden Metallkiste stoppte ich und suchte in der Dunkelheit vor dem Haus verzweifelt nach dem Schalter. Ich hatte keine Zeit, die Taschenlampe hervorzukramen. Jetzt zählte jede Sekunde.
Während meiner schweigsamen Suche hörte ich ein neues Geräusch durch die Nacht brechen und erstarrte vor Schreck. Schritte. Sie waren noch weit entfernt; für einen Moment bildete ich mir sogar ein, es könnten die Kühe auf der Weide sein. Mein Rückgrat jedoch wurde starr, als ich menschliche Stimmen hörte und die Schritte näher kamen.
Patrick und Chase konnten es nicht sein; die waren immer noch im Haus, genauso wie Mary Jane und Ronnie. Es musste Billings sein.
Ich lauschte so angestrengt ich nur konnte, aber das Brummen des Generators hinderte mich daran, mehr zu hören. Definitiv näherten sich Männer dem Haus, aber wie waren sie hergekommen? Ich hatte keinen Wagen gehört.
Aber das war jetzt nicht wichtig. Chase war immer noch im Haus.
Panisch strich ich mit den Fingern über die geriffelten Metallwände der Stromquelle, verbrannte mir dabei irgendwo die Hand und musste einen Schrei unterdrücken, aber schließlich fand ich den Schalter, klappte die Schutzkappe auf und schaltete den Generator aus.
Meine Ohren klingelten in der plötzlichen Stille. Das Küchenfenster über mir wurde schwarz.
In der Dunkelheit im Haus wurde Lärm laut. Mich überwältigte die Furcht, und ich rannte blindlings davon, stolperte über Steine und erhabene Grasbüschel. Der Mond überzog die Weiden mit einem ätherischen, silbrigen Licht, und ich fühlte die stumpfen Augen der Kühe auf mir ruhen.
Ich lief nicht zum Wald, sondern zur Scheune. Ich hatte die Schlüssel. Womöglich konnte ich die Waffe holen, Chase suchen … weiter konnte ich nicht denken. Ich war gerade dabei, das riesige Holztor aufzuziehen, als ich jemanden hinter mir hörte.
Nein!
Ich wirbelte zum Haus herum, konnte in der Dunkelheit aber nichts sehen. Tief in den Schatten gekauert hielt ich den Atem an, wohl wissend, dass, wer immer mir gefolgt war, mich bei diesen Lichtverhältnissen nicht sehen konnte, solange ich mich nicht rührte, würde ich aber rennen, so könnten sie den Geräuschen folgen, die ich dabei verursachen würde.
Die Schritte hielten nicht inne, und plötzlich trat ein mächtiger Schatten vor den Mond. Dann hoben mich starke Arme vom Boden hoch und zerrten mich in die Scheune. Ich öffnete den Mund zu einem Schrei, doch sogleich legte sich eine große Hand über meine Lippen.
Chase.
Ich schluchzte vor Freude, als mir klar wurde, dass er es war. Er sagte kein Wort, setzte mich nur ab und rannte nach hinten, um den Hinterausgang zu kontrollieren. Er war verschlossen und zusätzlich mit einer Kette gesichert. Chase trat zu, und das Holz splitterte. Beim nächsten Tritt fiel die Kette zu Boden. Viel zu viel Lärm.
»Schlüssel!«, flüsterte ich und zeigte ihm alles, was ich mir in die Jeanstaschen gestopft hatte.
Er wühlte kurz darin. Ich glaubte, er wäre auf der Suche nach dem Schlüssel zum Waffenschrank, aber das war ein Irrtum. Er ließ alle nicht benötigten Schlüsselringe klirrend zu Boden fallen und schleifte mich zu dem Motorrad.
Einen Augenblick später thronte ich hinter ihm. Er drehte den Schlüssel und zog mit der linken Hand die Kupplung. Das Motorrad brummte leise, aber mir war klar, dass es in Kürze lautstark grollen würde.
Dieses Mal zauderte ich nicht, wie ich es vor einem Jahr getan hatte. Ich glitt dicht an ihn heran, schob meine Knie in seine Kniekehlen und wickelte die Arme fest um seinen Körper. Derzeit konnte ich
Weitere Kostenlose Bücher