Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Artikel 5

Artikel 5

Titel: Artikel 5 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kristen Simmons
Vom Netzwerk:
einzigen, heftigen Atemzug.
    Wie der Blitz war Chase auf den Beinen, steckte sich den Schlagstock in den Hosenbund und drückte mir das Messer in die Hand.
    »Hier«, sagte er und drängte mir den Rucksack auf.
    »Wie kommen wir hier weg?«, fragte ich. »Patrick …«
    »Den überlass mir. Und jetzt, Ember, hör mir genau zu, ja? Du gehst hinten raus. Lauf zum Wald und weiter zur Straße. Ich bin direkt hinter dir.«
    »Du gehst nicht mit mir?« Ich hatte es an seinem Ton erkannt. Er wollte dafür sorgen, dass ich nicht verfolgt wurde, gleich, welches Risiko er dafür auf sich nehmen musste. Mir war ein wenig schwindelig.
    Seine Hände umfassten mein Gesicht, seine Daumen strichen sacht über meine Wangenknochen. Er war so nah; ich fühlte, wie die Luft in Bewegung geriet, als er sprach.
    »Bleib in Deckung. Folge der Straße nach Lewisburg und such den Schleuser. Im Rucksack ist Geld, genug, um ihn zu bezahlen. Achte darauf, dass du ihm nicht zeigst, wie viel Geld du hast, ehe du in dem sicheren Haus bist.«
    »Ich werde nicht …« Nun hatte ich Angst. Meine Hände bedeckten die seinen und quetschten seine Finger. Ich wollte nicht glauben, dass er das wirklich gesagt hatte. Ihn in solch einer Gefahr allein zurückzulassen, war mir unvorstellbar.
    »Sei vorsichtig, wenn du mit jemandem sprichst, und halte dich bedeckt. Du weißt, was du zu tun hast. Trau niemandem.« Seine Worte fielen so hastig, dass sie beinahe ineinander übergingen.
    »Aber was ist mit dir? Ich kann dich nicht hier zurücklassen.«
    »Doch, das kannst du«, beharrte er. »Ember, es tut mir leid, dass ich alles so vermasselt habe. Ich wollte dir nie wehtun. Es gibt noch so viel …«
    Und plötzlich lagen seine Lippen auf meinen. Warm und fordernd. Wütend und furchtsam. Angefüllt mit all den Worten, die er nicht aussprechen konnte.
    Er schob mich fort, nur um mich gleich wieder an sich zu ziehen, mich noch leidenschaftlicher zu küssen und die Hände in meinem Haar zu vergraben. Meine Fäuste krallten sich in seinem Hemd fest, hin- und hergerissen zwischen der Notwendigkeit, mich von ihm zu lösen, und dem Wunsch, bei ihm zu bleiben. In meinem Kopf drehte sich alles.
    Zu früh gab er mich mit einem letzten Kuss auf die Schläfe frei, und schon öffneten wir sacht die Tür und unterdrückten das Bedürfnis, sie einfach aus den Angeln zu reißen. Ich konnte nicht fassen, dass ich drauf und dran war, ohne ihn zu gehen. Ihm blieb weder Geld noch Nahrung. Alles in mir schrie, dass das nicht richtig war.
    Er kommt hinterher, sagte ich mir. Wenn er kann.
    Ich schlich auf den Korridor. Chase war direkt hinter mir. Mein Weg zur Hintertür führte am Wohnzimmer vorbei. Patrick saß wahrscheinlich immer noch lesend und vermutlich bewaffnet auf der Couch und hielt Wache. Und dank des verdammten Generators funktionierte das elektrische Licht. Er würde alles sehen.
    Ich passierte die Kellertür und wünschte mir plötzlich, so hart ich nur konnte dagegenzutreten. Hatte sie diesen Billings angerufen? Oder war es Patrick? Ja, wahrscheinlich war er es. Als Chase und ich uns zum Abendessen frisch gemacht hatten, hatte er die Gelegenheit dazu gehabt. Und all das, nachdem wir ihren Sohn gerettet hatten.
    Chase schob sich an mir vorbei, und in der Dunkelheit strich sein Daumen noch einmal über meine Lippen. Sein Abschied, das war mir bewusst, und die Berührung ging mir durch und durch.
    Er ging ins Wohnzimmer, und ich hörte, wie Patrick plötzlich hochfuhr.
    »Sie müssen nicht aufstehen«, sagte Chase leise. »Ich wollte mir nur ein Glas Wasser holen, wenn Sie nichts dagegen haben.«
    »Gern. Ich helfe Ihnen«, erbot sich Patrick. Ich erhaschte noch einen knappen Blick auf Chases Kehrseite, ehe er in der Küche verschwand, und ich betete, dass ich ihn nicht zum letzten Mal gesehen hatte. Ich schlich durch die Eingangshalle und weiter in Richtung Waschküche, hielt aber inne, kaum dass mein Fuß den Linoleumboden berührt hatte.
    Wenn ich die Tür öffnete, würden sie es aus der Küche hören können. Chase wusste das, und er würde nicht zulassen, dass Patrick mir folgte. Was das beinhaltete, wusste ich jedoch nicht.
    Kurz lauschte ich dem Geräusch fließenden Wassers in der Spüle und der gedämpften Unterhaltung. Jeder Nerv in mir fühlte sich an, als stünde er unter Strom. Ich umfasste den Türknauf so fest, dass meine Knöchel sich weiß unter der Haut abzeichneten und der Knauf in meiner Hand erzitterte. Als ich die Stimmen das nächste Mal hörte,

Weitere Kostenlose Bücher