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Artikel 5

Artikel 5

Titel: Artikel 5 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kristen Simmons
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Insekt stammen musste. Als ich etwas über meine Hand krabbeln spürte, sprang ich mit unnötig viel Tamtam auf die Beine.
    Aber da kroch nichts über meine Hand. Dafür zog sich ein dünner, goldener Streifen um meinen linken Ringfinger.
    »Wo hast du …«
    »Sie hatten recht mit der Vermutung, wir könnten sie bestehlen«, sagte Chase mit Bezug auf die Bauernfamilie.
    Ich dachte daran, wie er das Haus ausgekundschaftet hatte, kaum dass wir eingetroffen waren, aber ich hatte absolut keine Gewissensbisse in Anbetracht dessen, was die getan hatten.
    »Du hast mich geheiratet, während ich geschlafen habe?«, fragte ich staunend. Am Himmel breitete sich ein purpurner Nebel aus wie ein Bluterguss, und in dem rötlichen Licht sah ich, dass Chases Gesicht in einem etwas tieferen Kupferton erglühte.
    »Du hast mich geschlagen, weil ich dich geküsst habe. Es schien der Wahrung meiner Interessen zu dienen, dich zu heiraten, während du geistig abwesend bist.«
    Gelächter, nur sekundenlang, überraschte mich, und ich überlegte, wann ich Chase zum letzten Mal einen Scherz hatte machen hören. Außerdem nahm ich an, dass das bedeutete, wir hatten aufgehört zu streiten. Ich bewunderte den Ring. Die Loftons waren so begütert, wahrscheinlich würden sie gar nicht merken, dass er weg war.
    »Meine Mom wird ganz schön überrascht sein.«
    Sein Kopf sackte etwas tiefer.
    »Das ist nur Tarnung. Nichts Ernstes«, sagte er mit einer Spur von Verärgerung. Die Zeit zum Scherzen war offenbar vorbei. Ich wollte gerade zurückkeifen, dass er nicht so grob sein solle, als er sich versteifte und auf die andere Seite des Parkplatzes zeigte.
    »Schau!«
    Die Dämmerung förderte bisher Ungesehenes zutage. Auf der Seite des Sattelzugaufliegers befand sich ein schief auf die Metallverkleidung genietetes Schild:
    EIN HEILES LAND, EINE HEILE FAMILIE.
    »Meinst du …?«, setzte ich an, aber er wusste schon, was ich sagen wollte, ehe ich fertig war. Seine Mundwinkel hatten sich zu einem listigen Lächeln nach oben gezogen.
    Der Schleuser hatte uns gesagt, wir sollten nach einem Schild suchen, und ich war überzeugt, dies war das Schild, von dem er gesprochen hatte.
    Wir suchten den Parkplatz nach Anzeichen von Gefahr ab, ehe wir zu dem etwa hundert Meter entfernt stehenden Auflieger rannten. Dabei musste ich ständig an den verlassenen Parkplatz bei dem Sportgeschäft denken, und ich fühlte, wie sich meine Nackenhaare aufrichteten. Mein wachsamer Blick streifte fortwährend durch die Umgebung.
    Als wir den riesigen Auflieger beinahe erreicht hatten, hörte ich ein Rascheln aus dem Inneren.
    Ich presste mich gegen die Metallverkleidung und erstarrte. Obwohl ich hier Hilfe erwartete, war mein Körper inzwischen darauf trainiert zu reagieren. Im nächsten Moment war schon Chase vor mir und zog den Schlagstock aus dem Gürtel. Ich wünschte, wir hätten noch eine Schusswaffe, und ignorierte die flüchtige Erkenntnis, dass ich vor zwei Tagen noch ganz anders gedacht hatte.
    Es könnte ein Tier sein. Doch dann hörten wir das eindeutige, gleichmäßige Ächzen, das nur Schritte auf Metall verursachen konnten.
    Chase sah sich über die Schulter um, um sich zu vergewissern, dass ich hinter ihm blieb.
    Ich kauerte mich zu Boden, um einen Blick unter dem Auflieger hindurch zu werfen, vorbei an den platten Reifen, und ich sah die Beine eines Menschen, die herabsprangen. Dann noch ein Paar und noch ein Paar. Letzteres war langsamer und wartete offenbar darauf, dass jemand ihm eine Hand reichte.
    Drei Fremde. Und wir waren zu zweit. Sie mussten bei unserer Ankunft geschlafen haben. Entweder das, oder der Frachtraum hatte ihre Stimmen so sehr gedämpft, dass draußen nichts zu hören gewesen war. Dieses Mal war das Glück nicht auf unserer Seite. Wir wussten nicht, ob und wie diese Leute bewaffnet waren, und die nächsten Bäume waren fünfzig Meter entfernt. Sollten wir die Flucht ergreifen, mussten sie uns hören.
    Bitte, seid auf unserer Seite.
    Einen Moment später kam ein Junge in meinem Alter um die Ecke – und erstarrte.
    Er trug ein altes Jackett, zerfetzt und an sämtlichen besonders strapazierten Stellen mit diversen Stoffstücken geflickt, und darunter mehrere Lagen T -Shirts. Seine Cargohose hatte er mit einer roten Schnur gebunden. Er sagte etwas, das wir nicht hören konnten, und dann kamen zwei Mädchen zum Vorschein. Eines war etwa so groß wie er und trug ein zerschlissenes Thermohemd. Das andere war kleiner, hatte eine attraktive,

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