Artikel 5
Schulter, obwohl es in der Einrichtung bei Tag recht warm war, aber ich wollte, dass Tucker glaubte, ich wäre ihm dankbar für sein Mitgefühl, und das tat er auch. Als ich ihn früher an diesem Tag gesehen hatte, war er der einzige Soldat, der bei meinem Anblick nicht misstrauisch reagiert hatte.
Dass ich sein Geschenk angenommen hatte, vermittelte ihm das Gefühl, er hätte mich unter Kontrolle. Ich wäre keine Gefahr. Folglich war er in meiner Gegenwart weniger auf der Hut, und das war exakt das, was ich brauchte.
Wie schon den ganzen Tag beobachtete ich Delilah auch jetzt ganz genau. Ich brauchte den Universalschlüssel, der an ihrem Hals baumelte, aber den würde sie mir nicht freiwillig überlassen; dafür war sie viel zu institutionalisiert. Also würde ich ihn stehlen müssen. Und um sicherzustellen, dass sie meinen Plan nicht sabotieren konnte, musste ich eine Möglichkeit finden, sie in Schach zu halten.
An diesem Punkt kam Tucker ins Spiel.
Delilah entleerte gerade einen Eimer mit Bleichmittel am Spülbecken, als ich meinen Vorstoß machte.
»Ich muss mit Morris reden«, sagte ich zu ihr.
Sie wedelte nur, ohne aufzublicken, mit der Hand, während sich ihre Hängewangen sichtlich röteten. Wir erinnerten uns beide an die Szene, in die sie am vergangenen Abend gestolpert war.
»Ich hole dich morgen früh ab«, sagte sie.
Ich nickte.
Ich zwang mich, gelassenen Schrittes über den Korridor zu Tuckers Büro zu schlendern. Adrenalin flutete meinen Körper, während ich noch einmal durchging, was ich zu tun hatte. Mühsam wehrte ich das Bedürfnis ab, die Tür nervös anzustarren, und zog mir die Decke fester um die Schultern.
Wie gestern war er auch jetzt damit beschäftigt, einige Schreibarbeiten zu Ende zu bringen. Als er mich sah, verlor er kein Wort, sondern zog nur eine Braue hoch.
»Ich will wissen, was mit Rebecca Lansing ist.«
»Du kennst den Preis.«
»Ja.«
Mit einem selbstgerechten Lächeln überließ er seine Papiere sich selbst und kam um den Schreibtisch herum.
»Dann bezahl ihn.«
»Moment. Ich … ich habe Angst, dass die Wache vorbeikommen könnte«, sagte ich, um einen nervösen Tonfall bemüht, weil ich annahm, dass Tucker Gefallen daran finden würde. Um die Wirkung noch etwas zu verstärken, spielte ich mit meinen Haarspitzen.
»Der hat seine Runde vor fünf Minuten gemacht.«
»Sehen Sie doch einfach noch mal nach«, sagte ich. »Ich will nicht, dass wir gestört werden, so wie gestern Abend.«
Leichte Röte breitete sich über sein Gesicht aus. »Also gut. Bleib hier.«
Jämmerlich.
Er blieb nur ein paar Minuten fort. Lange genug, dass ich tun konnte, was zu tun war. Dass ich die Rädchen für meine morgige Flucht in Bewegung setzen konnte.
Als er zurückkam, saß ich auf dem hüfthohen Schränkchen über dem Tresor. Die abgelegte Decke wölbte sich neben mir. Ungeduldig klopfte ich mit den Fersen an das Holz und dachte stur an meine Freiheit, um mich für das zu wappnen, was nun vor mir lag.
»Alles klar«, sagte er zu mir und schlenderte herbei.
Ich zögerte nicht, sondern schob mich zwischen seine Knie und rutschte mit den Hüften an den vorderen Rand. Und dann sank sein Gesicht zu meinem herab.
Er roch falsch. Schmeckte falsch. Sein Mund war zu hart. Seine Hände zu selbstsüchtig. Ich wollte zurückweichen, aber er hatte den unnachgiebigen Gipsarm hinter meinen Hals gelegt. Die andere Hand strich über meinen Bauch, glitt immer höher, bis sie den kratzigen Stoff über meinen Rippen erreicht hatte. Noch höher zu streifen würde ich diesen Fingern nicht gestatten.
»Das reicht.« Jeder Nerv in meinem Leib zeigte eine Nulllinie an. Von mir selbst angewidert stieß ich ihn weg.
»Noch nicht.« Tucker beugte sich wieder zu mir herab, aber ich drückte mit aller Kraft seine Schultern zurück und hob mein Knie zwischen uns. Als er das nächste Mal auf mich zukam, lag mein Fuß an seinem Unterleib. Bereit, zuzutreten.
»Versuch es nur«, forderte ich ihn heraus.
Er gluckste und hob ergeben die Hände.
»Gott, ich wünschte, Jennings hätte das sehen können. Dann müssten wir ihn nicht mehr umbringen. Das würde er schon ganz allein machen.«
Mein Temperament ging mit mir durch. »Sie reden jedenfalls ziemlich viel über ihn. Wenn ich es nicht besser wüsste, Tucker, dann müsste ich annehmen, er hätte Ihnen das Herz gebrochen.«
Ich hatte zu viel gesagt.
Sein Grinsen erlosch. Dann kehrte es wieder, begleitet von einem rachsüchtigen Funkeln in den
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