Artikel 5
drückten sich in meine Knie und meine Hüften, trotzdem schaffte er es noch, sich irgendwie um mich herumzuwickeln, wobei er eine Hand fest auf meinen Mund presste. Als ich automatisch die Zähne zusammenbiss, schmeckte ich den salzigen Schweiß seiner Finger.
Er verströmte Adrenalin, und mein Herzschlag beschleunigte, wie um sich seinem anzupassen.
»Hallo?«, rief eine Männerstimme in der Küche. Ich wurde ganz steif in Chases Armen. Er hielt mich dicht an sich gedrückt, während er sich seitlich in Richtung Ausgang schob.
»Sag nichts«, hauchte er mir ins Ohr.
»Hallo? Ist hier jemand?«
Einen Augenblick später hörte ich ein lautes Klirren und ein Plätschern, das vermutlich von unserem Suppentopf stammte, der von der Arbeitsplatte heruntergestoßen worden war. Dann ertönten hastige Schritte auf dem Holzboden.
Ich bekam nicht genug Sauerstoff. Verzweifelt versuchte ich, Chases Hand abzustreifen. Er lockerte seinen Griff ein wenig, nur um gleich darauf mein Gesicht an seine Schulter zu pressen.
»Hab ihn!«, brüllte eine zweite, ebenfalls männliche Stimme.
»Wo bist du?«, fragte ein dritter. Dann gab es einen heftigen Krach. Vielleicht der Küchentisch.
»Nehmt ihr mich jetzt fest?«, rief der erste Mann und hörte sich an, als wäre er bereit zu verhandeln.
Einer der anderen lachte. »Darüber sind wir längst hinaus, alter Mann. Das weißt du selbst.«
Wieder wurde es laut, Kampfgeräusche, dann rutschte etwas über den hölzernen Boden.
»Nein!«, bettelte er. »Bitte! Ich habe Familie!«
»Daran hättest du früher denken sollen.«
Der andere gluckste. »Meinst du, die sind konform?«
Bei der Erwähnung von Konformität fing mein ganzer Körper zu zittern an. Das waren Soldaten.
Wir konnten nicht davonlaufen. Uns stand kein Fluchtweg offen.
Klick. Ein metallisches Geräusch, wie es nur eine Waffe machen konnte.
Instinktiv zuckte ich weg. Ich konnte hier nicht bleiben. Ich wollte nicht in diesem Schrank sterben.
»Niemand wird dich anrühren«, murmelte Chase an meinem Haar.
Ich wollte ihm glauben, aber als ich den Kopf drehte, sah ich in dem Licht, das durch den Türspalt hereinfiel, dass Chase seine Waffe gezogen hatte und auf Brusthöhe ins Badezimmer zielte.
Ich keuchte auf. Er flüsterte weiter irgendwelche Worte vor sich hin, die ich nicht verstehen konnte. Ich schlang die zitternden Hände in mein Shirt und grub die Zähne in den Stoff, der seine Brust bedeckte.
Jemand betrat das Schlafzimmer weiter unten am Korridor.
»Sauber«, berichtete er einen Moment später.
Kommt nicht hierher. Kommt bitte nicht hier herein.
Knarrend öffnete sich die Badezimmertür.
Schritte wanderten, begleitet von einem leisen Quietschen, über den Fliesenboden. Neue Stiefel.
Nun, da die Tür offen war, konnte ich den Schleuser im anderen Zimmer schluchzen hören. Er bettelte um sein Leben. Und er weinte um seinen kleinen Jungen. Andrew.
»Wolltest du duschen, alter Mann?«, brüllte der Soldat im Badezimmer. Ich kniff die Augen zusammen und bemühte mich, absolut stillzuhalten. Warum hatte ich nur das Wasser aufgedreht? Was hatte ich mir dabei gedacht? Hatte ich mir eingebildet, ich wäre daheim? Dieser Fehler könnte uns das Leben kosten.
Der Schleuser heulte immer noch. Dann grunzte er kurz, als er einen Schlag erhielt. Ich unterdrückte ein Schluchzen an Chases Schulter.
»Ja, wollte ich … aber der Boiler … er ist kaputt … habe ich vergessen«, antwortete der Schleuser.
Mein Magen knotete sich zusammen.
Chase zog ganz langsam den Schlitten seiner Pistole zurück, worauf ein kaum wahrnehmbares Klick ertönte. Bereit, Fersengeld zu geben, machte ich mich auf den Knall gefasst.
Der Soldat verließ das Badezimmer.
Eine Sekunde später zerriss der ohrenbetäubende Knall von Gewehrfeuer meine Trommelfelle.
Ich merkte erst gar nicht, dass Chase mich mit seinem ganzen Körper von den Schienbeinen aufwärts in eine Ecke des Schranks presste. Wieder flüsterte er. Ich konnte ihn nicht hören, dafür wütete mein eigener Herzschlag zu sehr, aber ich fühlte, wie sich seine Lippen an meinem Ohr bewegten.
»Obergeschoss«, sagte ein Soldat. »Gib mir Deckung. Die Leiche schaffen wir in einer Minute weg.«
Schritte kletterten die Stufen empor. Die Decke über uns knarrte unter der Belastung.
Ich konnte den Mann nicht mehr hören. Er weinte nicht mehr um seinen Sohn. Mir stieg die Galle hoch.
Das FBR ermordete Zivilisten.
Ehe ich weiter darüber nachdenken konnte, zerrte Chase
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