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Arto Ratamo 7: Der Finne

Arto Ratamo 7: Der Finne

Titel: Arto Ratamo 7: Der Finne Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Taavi Soininvaara
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sich in seinen abgenutzten Lieblingssessel fallen und schob die Rückenlehne nach hinten. Es wunderte ihn, dass er sich immer noch so über seinen Vater aufregen konnte. Allerdings hatte der Alte auch etwas Gutes zuwege gebracht: Er hatte ihm das leidenschaftliche Interesse für Geschichte und Archäologie eingepflanzt. Die Sommer in seiner Kindheit hatte er mit dem Vater auf Ausflügen zu den historischen Denkmälern Finnlands, zu Relikten aus der Frühzeit und Schauplätzen schicksalhafter Ereignisse verbracht. Und diese Wissenswettbewerbe! Er kannte den größten Teil der fünfteiligen, zweitausendfünfhundert Seiten umfassenden »Ge schichte des finnischen Volkes« immer noch auswendig.
    Allmählich setzte die Wirkung der Migränetablette ein, der Zorn schwand, und Sutela fiel wieder der Inhalt desBriefes ein.
»… weil ich gezwungen bin, mich zu verstecken … garantiere ich Dir, dass Du Informationen in die Hände bekommst, die unsere Geschichte ändern werden …«
Um was, zum Teufel, ging es dabei? Er hatte viele Spitznamen gehört, mit denen man seinen Vater verspottete, aber als Lügner hatte nie irgendjemand Otto Forsman beschimpft. Entweder sein Vater meinte das so, wie er es schrieb, oder der alte Mann war verwirrt. Je länger Sutela über den Inhalt des Briefes nachdachte, umso mehr Einzelteile schienen wie bei einem Puzzle ihren Platz im Gesamtbild zu finden. Wenn die Angaben in dem Brief stimmten, würde das vieles erklären. War das der Grund, warum sein Vater so isoliert lebte und paranoisch fremde Menschen mied, warum er die Kriegsgeschichte so leidenschaftlich erforschte und rätselhafte Anspielungen auf die tatsächlichen Gründe für Ereignisse der finnischen Zeitgeschichte machte …
    Sutela sprang auf, schob die Brille auf der Nase zurecht und ging in sein Arbeitszimmer. Er saß hier herum und verbrachte einsam seinen Urlaub, was hatte er schon zu verlieren? Zudem hatte er ohnehin erwogen, nach Askainen in sein Ferienhaus zu fahren, warum sollte er also nicht nach Finnland fliegen und herausfinden, worum es bei all dem ging? Dann würde er aufhören, Marissa nachzuweinen, die Alltagsroutine abschütteln und sich von seinen eingefahrenen Gewohnheiten befreien.
    Im Internet fanden sich schnell Informationen über Jäniskoski und auch Dutzende tolle Fotos von den Bergen, Flüssen und Wäldern rund um Inari und Petsamo. Warum nur war er nie in Lappland gewesen? Wie viel Zeit stünde ihm zur Verfügung? Sutela griff nach seinem Kalender, aber der lag nicht wie sonst immer auf dem Schreibtisch aus dunklem Eichenholz. Und warum war an seinem Laptop der Strom eingeschaltet? Viivi machte nie in seinem Arbeitszimmer sauber, das hatten sie so vereinbart.
    Sutela beschloss, seinen Schwiegervater anzurufen, der konnte ihm garantiert raten, was er tun sollte, schließlich war Derek Chef der wissenschaftlichen und technischen Abteilung des britischen Auslandsgeheimdienstes. Entschlossen griff er zum Telefon, tippte die Nummer ein, wartete, bis der Ruf hinausging, und war verblüfft, als er die Stimme seines Schwiegervaters in Stereo hörte, am Telefon und im Flur.
    »Die Tür stand offen. Ich war gerade in dieser Gegend und dachte, ich könnte dich zum Mittagessen abholen. Damit du nicht ganz zum Einsiedler wirst«, sagte der grau melierte sechzigjährige Derek Atkins und bemühte sich, mit einem Grinsen seine besorgte Miene zu überdecken.
    Endlich mal ein willkommener Überraschungsgast! Sutela freute sich, bis ihm der Satz in dem Brief einfiel:
»Für das Geheimhalten dieser Informationen haben viele mit dem Leben bezahlt.«

3
    Helsinki, Sonntag, 6. August
    Arto Ratamo schleppte ein halbes Dutzend Taschen und Beutel zur Wohnungstür, trat dabei auf einen Hundekauknochen, knickte mit dem Knöchel um und landete im Flur auf seinem Allerwertesten. Die etwa zwei Meter hohe Standuhr schwankte, als eine Tasche krachend an den Uhrkasten fiel. Musti, die helle Labradorhündin, bellte dumpf, als wolle sie lachen. Dann klingelte es.
    »Was machst du denn wieder für einen Mist, das ist echt ätzend mit dir.« Ratamos zwölfjährige Tochter Nelli tadelte ihren Vater, sprang über seine Beine und öffnete ihrer Großmutter Marketta die Wohnungstür.
    »Hast du auch wirklich alles mit, was du im Ferienhaus brauchst? Das Wetter kann sich dort im Laufe einer Woche vollständig ändern«, sagte Marketta besorgt. »Gummistie fel , Zahnbürste, das Balderdash-Spiel, einen Pullover, Regenkleidung …«
    »Ja, ja, ja …

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