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Arto Ratamo 7: Der Finne

Arto Ratamo 7: Der Finne

Titel: Arto Ratamo 7: Der Finne Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Taavi Soininvaara
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einen unabhängigen Führer einer freien Kirche – einen Präsidenten und einen Patriarchen.«
    Wladimir II. glaubte seinen Ohren nicht zu trauen. Er überlegte noch, was er antworten sollte, als Bukin etwas einzufallen schien.
    »Ich habe übrigens von meinen … Mitarbeitern gehört, dass auch Sie etwas von einem Dokument namens ›Opfer buch ‹ wissen.«
    »Mein Sekretär hat das vom FSB erfahren«, antwortete der Patriarch ganz ruhig und überlegte, wie viel er von dem, was er wusste, preisgeben sollte. Deshalb hatte Bukin ihn also zu sich gerufen. »Ich habe einem meiner Untergebenen aufgetragen, sich umzuhören, ob irgendjemand im Kreisder Kirche etwas über das Dokument weiß. Vorläufig ist es dem jungen Mann noch nicht gelungen, etwas in Erfahrung zu bringen.«
    »Sicher will keiner von uns beiden, dass unser gemeinsames Ziel in Gefahr gerät.« Bukin trat vor den Patriarchen hin, nahm die Hand des alten Mannes, der auf dem Sofa saß, und drückte sie mit beiden Händen. »Das ist die perfekte Symbiose, sowohl der Staat als auch die Kirche gewinnen dabei.«
    Und du am allermeisten, dachte der Patriarch, erhob sich mühsam und verließ das Arbeitszimmer des Präsidenten. Er wusste, dass Bukin danach trachtete, bei der nächsten Präsidentenwahl die Schrittmacherdienste der Kirche zu nutzen. Die Kirche war in Russland um ein Vielfaches beliebter als irgendeine politische Partei. Wenn das Volk über die Medien den Eindruck gewänne, dass Bukin oder die Marionette, die der Präsident als Nachfolger auswählte, die Unterstützung der Kirche besaß, würde der Kandidat die Wahlen spielend gewinnen. Bukin war außergewöhnlich intelligent und ungewöhnlich machtgierig. Er hatte schon den FSB um den kleinen Finger gewickelt und versuchte nun dasselbe mit der Kirche.
    Vikar Furow bot auf der Treppe seinen Arm als Stütze an, aber der Patriarch schlug die Hilfe mit einem erzürnten Schnaufen aus. Sein Gehirn arbeitete auf Hochtouren. Bukin wollte sich die Unterstützung des Volkes für seine dritte Amtsperiode mit Hilfe der Kirche und manipulierter Medien beschaffen. Aber wie würde es dem Präsidenten gelingen, das Gesetz zu übergehen – die russische Verfassung erlaubte nur zwei aufeinanderfolgende Amtszeiten. Beabsichtigte Bukin, die Verfassung zu ändern oder sie zu umgehen, indem er eine Marionette für vier Jahre in den Präsidentenpalast des Kreml einziehen ließ? Nach deren Amtszeit könnte Bukin auf legalem Wege an die Macht zurückkehren.
    Auf dem Staraja-Platz schlug ihm heiße, nach Abgasen stinkende Luft ins Gesicht, der Patriarch schnupperte sie wie den Duft des Morgentaus. Im Verwaltungspalast des Präsidenten kam es ihm stets so vor, als würde der Sauerstoff knapp werden. Es war ein beängstigend gutes Gefühl, sich vorzustellen, was er mit Hilfe des »Opferbuches« alles erreichen könnte. Man würde ihn in den Geschichtsbüchern an die Seite seiner berühmtesten Vorgänger stellen. Vielleicht würde man in ihm sogar einen ebenso bedeutenden Erneuerer wie im Metropoliten Filaret sehen, der Zar Alexander II. mit dem »Opferbuch« gezwungen hatte, im Jahre 1861 die Leibeigenschaft abzuschaffen. Fast die Hälfte der russischen Bevölkerung, zweiundzwanzig Millionen Menschen, hatten ihre Freiheit erhalten. Es war unglaublich, Alexander II. entließ die Leibeigenen nur vierundzwanzig Stunden vor dem Tag aus ihrer Fron, an dem Abraham Lincoln seinen Amtseid leistete, der Mann, der die Sklaverei in den Vereinigten Staaten beendete. Das war ein heiliger Zufall. Er empfand es als schreiendes Unrecht, dass sich die Geschichtsschreibung besser an Präsident Lincoln erinnerte als an den Metropoliten Filaret; in Amerika hatte es schließlich nur etwa vier Millionen Sklaven gegeben.
    Im gepanzerten Mercedes zog der Patriarch den Saum der Mantia mühsam unter seinen Oberschenkeln hervor und wandte sich an Vikar Furow, der ihn neugierig ansah. »Wir können nicht endlos lange warten, du musst das ›Op ferbuch ‹ jetzt sofort beschaffen. Davon hängen viele große Dinge ab, und tausend kleine. Ruf Vater Peter an, und nimm die Sache in die Hand.«
    Der nächste Tag würde für ihn, für die Kirche, für Präsident Bukin und für ganz Russland ein wichtiger Tag werden, dachte der Patriarch voller Unruhe. Morgen würde er eine Person treffen, die ihm den letzten Nagel für Bukins Sarg überreichen sollte, die Beweise für einen Unfall, dersich vor einem halben Jahr im »Bereich 19«, einer Biowaffenfabrik der

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