Artus-Chroniken 1. Der Winterkönig
ich entdeckte, welch gute Arbeit Gwlyddyn leistete. Die neue Palisade war fertig, und auf den Fundamenten des alten Turms ragte bereits ein neuer empor. Ralla war schwanger. Pellinore erkannte mich nicht. Er schritt in seinem neuen Käfig umher, als müßte er Wache halten, und erteilte unsichtbaren Speerkämpfern Befehle. Druidan warf mehr als ein Auge auf Ladwys. Gudovan, der Schreiber, zeigte mir Hywels Grabstätte nördlich des Tores; dann führte er Arthur zum Schrein des Heiligen Dornbuschs, wo die heilige Norwenna gleich neben dem Wunderbaum beerdigt worden war.
Am nächsten Morgen verabschiedete ich mich von Morgan und Nimue. Der Himmel war wieder blau, der Wind war kalt, und ich zog mit Arthur gen Norden.
Im Frühling wurde mein Sohn geboren. Drei Tage später war er tot. Noch tagelang sah ich das kleine, runzlig-rote Gesichtchen vor mir, und bei der Erinnerung kamen mir die Tränen. Er hatte gesund ausgesehen. Dennoch war er, als er in seinen Windeln an der Küchenwand hing, damit Hunde und Schweine nicht an ihn herankonnten, einfach gestorben. Lunete weinte genauso wie ich, aber sie gab mir die Schuld am Tod des Kindes, denn sie behauptete, die Luft in Corinium sei verseucht, obwohl sie selbst sich in der Stadt wohl fühlte. Sie mochte die sauberen römischen Gebäude und ihr kleines Backsteinhaus, das an einer gepflasterten Straße stand, und hatte sich seltsamerweise mit Ailleann, Arthurs Geliebter, und mit Aileanns Zwillingssöhnen Amhar und Loholt angefreundet. Ich hatte nichts gegen Ailleann, aber die Knaben waren die reinste Pest. Arthur war ihnen gegenüber mehr als nachsichtig, möglicherweise, weil er Schuldgefühle hatte, da sie, genau wie er, nicht als seine rechtmäßigen und erbberechtigten Söhne geboren waren, sondern als Bastarde, die sich in dieser harten Welt allein durchschlagen mußten. Soweit ich sah, wurden sie niemals gemaßregelt - bis auf einmal, als ich sie ertappte, wie sie mit einem Messer in den Augen eines Welpen herumstocherten, und ihnen eine kräftige Ohrfeige versetzte. Der Welpe war geblendet, und ich tat das einzig Barmherzige und schenkte ihm einen schnellen Tod. Arthur hatte Verständnis für mich, sagte aber, es stehe mir nicht zu, seine Söhne zu schlagen. Seine Krieger applaudierten mir, und ich glaube, auch Ailleann billigte mein Verhalten.
Sie war eine schwermütige Frau. Sie wußte, daß ihre Tage als Arthurs Gefährtin gezählt waren, denn ihr Mann war praktisch der Herrscher von Britanniens größtem Königreich geworden und würde sich eine Braut suchen müssen, die seine Macht untermauern konnte. Wie ich wußte, war diese Braut Ceinwyn, Stern und Prinzessin von Powys, und ich vermutete, daß
Ailleann es ebenfalls wußte. Sie wäre gern nach Benoic zurückgekehrt, doch Arthur wollte nicht, daß seine kostbaren Söhne das Land verließen. Ailleann wußte genau, daß Arthur sie niemals darben lassen würde, aber er würde auch seine königliche Gemahlin nicht beschämen, indem er sich in der Nähe eine Geliebte hielt. Als der Frühling die Bäume mit Blättern schmückte und Blüten über das Land verstreute, verstärkte sich ihre Schwermut.
Im Frühling griffen die Sachsen an, doch Arthur zog nicht in den Krieg. König Melwas verteidigte die Südgrenze von seiner Hauptstadt Venta aus, während Fürst Gereints Kriegshorden von Durocobrivis auszogen, um die sächsische Landwehr des gefürchteten König Aelle zu bekämpfen. Da Gereints Aufgabe schwieriger war, schickte Arthur ihm zur Verstärkung Sagramor mit dreißig Reitern, und Sagramors Eingreifen neigte die Waagschalen zu unseren Gunsten. Aelles Sachsen, hörten wir, waren der Überzeugung, daß Sagramor mit seinem schwarzen Gesicht ein Ungeheuer sei, vom Reich der Finsternis ausgesandt, und sie verfügten weder über Hexenmeister noch über genügend Schwerter, die es mit ihm aufnehmen konnten. Der Numidier trieb Aelles Männer so weit zurück, daß er eine neue Grenzlinie ziehen konnte, die einen vollen Tagesmarsch hinter der alten lag. Er markierte diese neue Grenzlinie mit einer Reihe abgeschlagener
Sachsenköpfe. Er plünderte bis tief nach Lloegyr hinein und führte seine Reiter einmal sogar bis nach London, einer Stadt, die im römischen Britannien die größte gewesen war, nun aber hinter eingestürzten Mauern dahinmoderte. Die überlebenden Briten dort, berichtete uns Sagramor, seien verängstigt und hätten ihn gebeten, den labilen Frieden, den sie mit ihren sächsischen Oberherren
Weitere Kostenlose Bücher