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Artus-Chroniken 1. Der Winterkönig

Artus-Chroniken 1. Der Winterkönig

Titel: Artus-Chroniken 1. Der Winterkönig Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bernard Cornwell
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schmalen Wasserkanäle springend, durch den Innenhof zu einer kleinen Tür im hinteren Teil der Arkaden. »Das hier…« - sie ließ meine Hand los, um die Tür aufzustoßen - »ist der Schrein der Isis, der meinen geliebten Lord so sehr beunruhigt.«
    Ich zögerte. »Dürfen Männer eintreten?«
    »Bei Tag, ja. Bei Nacht? Nein.« Sie schlüpfte durch die Tür und schob einen dicken, wollenen Vorhang beiseite, der unmittelbar hinter der Tür hing. Als ich ihr durch den Vorhang folgte, stand ich in einem schwarzen, völlig abgedunkelten Raum. »Bleibt, wo Ihr seid!« warnte sie mich, und anfangs dachte ich, daß ich einer Vorschrift der Isis folgte, doch als sich meine Augen an die Finsternis gewöhnten, entdeckte ich, daß sie mich geheißen hatte stehenzubleiben, damit ich nicht in ein Wasserbecken fiel, das in den Boden eingelassen war. Das einzige Licht im Schrein drang rings um die Säume des Türvorhangs herein, doch während ich wartete, bemerkte ich einen grauen Lichtschimmer, der am anderen Ende in den Raum fiel. Dann sah ich, wie Guinevere die zahlreichen Wandbehänge einen nach dem anderen herunternahm. Jeder hing an einem Stab, der von Klammern gehalten wurde, und jeder war so dicht gewebt, daß kein Licht durch den Stoff hereindringen konnte. Hinter den Wandbehängen, die jetzt zusammengerafft auf dem Boden lagen, kamen Fensterläden zum Vorschein, die Guinevere aufstieß, um blendende Lichtfluten hereinzulassen.
    »So«, sagte sie, neben dem großen Bogenfenster stehend,
    »das sind die Mysterien!« Sie machte sich über Sansums Ängste lustig, in Wirklichkeit aber war der Raum tatsächlich ein Mysterium, denn er war ganz und gar in Schwarz gehalten. Der Boden bestand aus schwarzem Stein, die Wände und die gewölbte Decke waren mit Pech bestrichen. In der Mitte des schwarzen Fußbodens lag das seichte Becken voll schwarzem Wasser, und dahinter, zwischen dem Becken und dem eben geöffneten Fenster, stand ein niedriger schwarzer Thronsessel aus Stein. »Also, was sagt Ihr dazu, Derfel?« wollte Guinevere von mir wissen.
    »Ich sehe keine Göttin.« Suchend sah ich mich nach einer Statue der Isis um.
    »Sie kommt mit dem Mond«, erklärte Guinevere, und ich versuchte mir vorzustellen, wie das Licht des Vollmonds durch das Fenster hereinfiel und das Wasser des Beckens und die schwarzen Wände zum Schimmern brachte. »Erzählt mir von Nimue«, befahl Guinevere, »dann werde ich Euch von Isis erzählen.«
    »Nimue ist Merlins Priesterin«, antwortete ich. Meine Stimme hallte hohl von den schwarz gestrichenen Wänden zurück,
    »und sie lernt seine Geheimnisse.«
    »Welche Geheimnisse?«
    »Die Geheimnisse der alten Götter, Lady.«
    Sie krauste die Stirn. »Aber wie findet er diese Geheimnisse?
    Ich dachte, die alten Druiden schrieben nie etwas auf. Es war ihnen verboten, etwas niederzuschreiben, nicht wahr?«
    »Das stimmt, Lady, aber Merlin sucht dennoch nach ihrem Wissen.«
    Guinevere nickte. »Ich weiß, daß wir einiges Wissen verloren haben. Und Merlin wird es wiederfinden? Gut! Das könnte diese widerliche Kröte Sansum erledigen.« Sie war vor das breite Fenster getreten und blickte über die Ziegel-und Strohdächer Durnovarias, die südlichen Verteidigungswälle und die Grashügel des Amphitheaters auf die großen Erdwälle von Mai Dun, die am Horizont aufragten. Weiße Wolken ballten sich am blauen Himmel, aber was mir den Atem stocken ließ, war das Sonnenlicht, das jetzt so durch Guineveres weißes Leinengewand fiel, daß die Lady meines Lords, die Prinzessin von Henis Wyren, auch nackt hätte vor mir stehen können und ich in diesen paar Augenblicken, während mir das Blut in den Ohren dröhnte, Eifersucht auf meinen Lord empfand. War sich Guinevere der verräterischen Sonnenstrahlen bewußt? Ich glaube nicht, aber ich kann mich täuschen. Sie kehrte mir den Rücken zu, aber auf einmal drehte sie sich halb herum, damit sie mich ansehen konnte.
    »Ist Lunete eine Zauberin?«
    »Nein, Lady«, antwortete ich.
    »Aber sie hat bei Nimue gelernt, nicht wahr?«
    »Nein«, gab ich zurück. »Sie durfte Merlins Gemächer niemals betreten. Es interessierte sie auch nicht.«
    »Aber Ihr wart in Merlins Gemächern?«
    »Nur zweimal«, antwortete ich ihr. Ich konnte ihre Brüste sehen und senkte absichtlich den Blick auf das schwarze Wasserbecken, aber das spiegelte auch wieder nur ihre Schönheit und verlieh ihrem langen, geschmeidigen Körper den erotischen Schimmer dunkler Mysterien. Lastendes Schweigen

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