Artus-Chroniken 1. Der Winterkönig
sollten, aber Helledd verhielt sich höflicher. »Kennt Ihr Prinzessin Ceinwyn?« fragte sie uns.
Galahad verneigte sich vor ihr und hockte sich zu Perddel. Er hatte Kinder gern, und diese hatten sofort Vertrauen zu ihm. Es war kaum ein Moment vergangen, da spielten die beiden Prinzen mit den Apfelstückchen, als wären es Füchse, während Perddels Mund der Fuchsbau war und Galahads Finger die Jagdhunde darstellten, die den Fuchs jagten. Im Nu waren die Apfelstückchen verschwunden. »Warum bin ich nicht daraufgekommen?« fragte Ceinwyn.
»Weil Ihr nicht von Galahads Mutter großgezogen wurdet, Lady«, antwortete ich, »die ihn zweifellos genauso gefüttert hat. Bis heute kann er nämlich nichts essen, solange nicht irgend jemand das Jagdhorn bläst.«
Sie lachte. Dann entdeckte sie die Brosche, die ich trug. Sie hielt den Atem an, wurde rot, und einen Moment lang glaubte ich, einen schweren Fehler begangen zu haben. Dann lächelte sie. »Sollte ich mich an Euch erinnern, Lord Derfel?«
»Nein, Lady. Ich war noch sehr jung.«
»Und Ihr habt sie behalten?« fragte sie, anscheinend verwundert, daß jemand ein Geschenk von ihr so sehr schätzte.
»Ich habe sie behalten, Lady, obwohl ich alles andere verloren habe.«
Prinzessin Helledd unterbrach uns, um sich zu erkundigen, welches Anliegen uns nach Caer Sws geführt habe. Ich bin überzeugt, daß sie es wußte, aber es war höchst diplomatisch von einer Prinzessin, so zu tun, als hätte sie mit den Beratungen der Männer nichts zu tun. Ich antwortete, wir seien hergeschickt worden, um herauszufinden, ob ein Krieg unabwendbar sei. »Und ist er das?« fragte die Prinzessin mit verständlicher Sorge, denn am nächsten Tag sollte ihr Gemahl dem Feind entgegen nach Süden ziehen.
»Leider, Lady«, antwortete ich, »hat es den Anschein.«
»Das ist alles Arthurs Schuld«, erklärte Prinzessin Helledd energisch, und ihre Tanten nickten nachdrücklich.
»Ich glaube, Arthur würde euch beipflichten, Lady«, sagte ich,
»und er bedauert es sehr.«
»Warum kämpft er dann gegen uns?« verlangte Helledd neugierig zu wissen.
»Weil er geschworen hat, Mordred auf dem Thron zu halten, Lady.«
»Mein Schwiegervater würde Uthers Erben niemals
entrechten«, behauptete Helledd heftig.
»Lord Derfel hätte heute vormittag bei dieser Diskussion beinah den Kopf verloren«, sagte Ceinwyn ein wenig boshaft.
»Lord Derfel«, mischte sich Galahad ein und sah von seiner Fuchsjagd auf, »behielt seinen Kopf, weil seine Götter ihn lieben.«
»Nicht die Euren, Lord Prinz?« fragte Helledd ihn scharf.
»Mein Gott liebt jeden Menschen, Lady.«
»Ihr meint, er macht keinen Unterschied?« Sie lachte. Wir aßen Gans, Huhn, Hasen und Wild, und dazu wurde uns ein gräßlicher Wein kredenzt, der zu lange gelagert haben mußte, seit er nach Britannien gekommen war. Nach dem Mahl begaben wir uns auf kissenbedeckte Liegesofas und ließen uns von einer Harfenistin vorspielen. Die Liegesofas waren für die Halle einer Frau gedacht, und Galahad und ich fühlten uns beide nicht sehr wohl auf diesen niedrigen, weichen Lagerstätten, doch ich war trotzdem froh, denn ich hatte dafür gesorgt, daß ich das Sofa neben Ceinwyn bekam. Eine Zeitlang saß ich hoch aufgerichtet, dann aber stützte ich mich auf einen Ellbogen, damit ich mich leise mit ihr unterhalten konnte. Ich beglückwünschte sie zu ihrer Verlobung mit Gundleus.
Sie warf mir einen belustigen Blick zu. »Das klingt, als hätte ich einen Höfling neben mir«, sagte sie.
»Zuweilen bin ich gezwungen, ein Höfling zu sein, Lady. Wäre ich Euch als Krieger lieber?«
Sie lehnte sich auf einen Ellbogen zurück, damit wir plaudern konnten, ohne die Musik zu stören, und ihre Nähe gab mir das Gefühl, all meine Sinne trieben im Rauch dahin. »Mein Lord Gundleus«, antwortete sie leise, »hat meine Hand als Preis für die Teilnahme seiner Truppen an diesem bevorstehenden Krieg erbeten.«
»Dann sind seine Truppen, Lady«, gab ich zurück, »die wertvollsten von ganz Britannien.«
Sie lächelte nicht über mein Kompliment und wandte den Blick nicht von meinen Augen. »Stimmt es«, fragte sie sehr leise,
»daß er Norwenna getötet hat?«
Die Direktheit ihrer Frage brachte mich in Verlegenheit. »Was sagt er denn, Lady?« fragte ich, statt ihr zu antworten.
»Er sagt…« - ihre Stimme wurde noch leiser, so daß ich kaum noch etwas verstehen konnte - »seine Männer wurden angegriffen, und sie starb in dem Durcheinander. Es sei ein
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