Artus-Chroniken 1. Der Winterkönig
und ritten davon. Einmal wandte ich mich in der Hoffnung, Ceinwyn zu sehen, noch zurück, doch auf den Wällen von Caer Sws waren nur Männer auszumachen. Die Unterstände rings um die Festung wurden inzwischen abgerissen, weil sich die Männer für den Marsch nach Branogenium bereit machten. Sie würden den direkten Weg nehmen, wir aber hatten versprochen, diese Straße nicht zu benutzen, sondern einen Umweg über Caer Lud zu nehmen, damit wir Gorfyddyds versammelte Heerscharen nicht ausspionieren konnten.
Während wir ostwärts ritten, machte Galahad ein grimmiges Gesicht, ich aber konnte meine Glückseligkeit nicht unterdrücken und begann, sobald wir die wimmelnden Kriegslager hinter uns ließen, das Lied von Rhiannon zu singen.
»Was ist los mit dir?« fragte mich Galahad gereizt.
»Nichts. Nichts! Nichts! Nichts!« rief ich laut vor Freude und schlug meinem Pferd die Fersen in die Flanken, daß es auf dem grünen Weg einen Satz machte und ich in einem Brennesselgebüsch landete. »Gar nichts«, wiederholte ich, als Galahad mir das Pferd zurückbrachte. »Ganz und gar nichts.«
»Du bist wahnsinnig, mein Freund.«
»Da hast du recht«, gab ich zu und kletterte mühsam wieder auf mein Roß. Ich war tatsächlich wahnsinnig, doch da ich meinem Freund den Grund für diesen Wahnsinn nicht mitteilen wollte, versuchte ich eine Zeitlang, mich vernünftig zu verhalten. »Was werden wir Arthur ausrichten?« fragte ich ihn.
»Was Guinevere betrifft, gar nichts«, entschied Galahad energisch. »Außerdem hat Gorfyddyd gelogen. Großer Gott!
Wie kann er nur solche Lügen über Guinevere verbreiten!«
»Um uns zu provozieren, natürlich«, antwortete ich. »Aber was sagen wir Arthur wegen Mordred?«
»Die Wahrheit. Daß Mordred nicht gefährdet ist.«
»Aber wenn Gorfyddyd bei Guinevere gelogen hat«, wandte ich ein, »warum sollte er nicht auch bei Mordred lügen?
Außerdem hat Merlin ihm nicht geglaubt.«
»Wir wurden nicht ausgesandt, um Merlins Antwort einzuholen«, sagte Galahad.
»Wir wurden ausgesandt, die Wahrheit herauszufinden, mein Freund, und ich behaupte, daß Merlin die Wahrheit gesprochen hat.«
»Aber Tewdric«, gab Galahad zurück, »wird Gorfyddyd glauben.«
»Und das bedeutet, daß Arthur verloren hat«, stellte ich trübsinnig fest. Aber ich wollte jetzt nicht über Niederlagen reden, deswegen fragte ich Galahad, was er von Ceinwyn halte. Wieder überließ ich mich meinem Liebeswahn und wollte unbedingt hören, wie Galahad sie pries und erklärte, sie sei das schönste Wesen, das je zwischen Meeren und Bergen einhergewandelt sei, aber er zuckte nur die Achseln. »Ein nettes kleines Ding«, sagte er achtlos, »und ziemlich hübsch, wenn man diese zarten Mädchen mag.« Nachdenklich hielt er inne. »Sie wird Lancelot gefallen«, fuhr er dann fort. »Arthur will, daß die beiden sich vermählen, wußtest du das? Obwohl ich jetzt kaum noch glaube, daß es soweit kommen wird. Wie ich es sehe, ist Gundleus' Thron gesichert, und Lancelot wird sich anderswo eine Gemahlin suchen müssen.«
Von nun an verlor ich kein Wort mehr über Ceinwyn. Wir ritten auf demselben Weg zurück, den wir gekommen waren, und erreichten Magnis am zweiten Abend. Wie Galahad
vorausgesagt hatte, setzte Tewdric auf Gorfyddyds Zusicherungen, während Arthur es vorzog, Merlin zu glauben. Gorfyddyd hatte uns, wie ich feststellte, benutzt, um Tewdric und Arthur zu entzweien, und mir schien, daß Gorfyddyd das gelungen war, denn als wir hörten, wie die beiden Männer in Tewdrics Quartier haderten, wurde klar, daß der König von Gwent sich kaum für den bevorstehenden Krieg erwärmen konnte. Galahad und ich ließen die beiden Streitenden allein, um einen Spaziergang auf den Befestigungsanlagen von Magnis zu machen, die aus einem großen, von einer stabilen Palisade gekrönten Erdwall bestanden, um den sich ein wassergefüllter Graben zog. »Tewdric wird den Streit gewinnen«, sagte Galahad bedrückt. »Weil er kein Vertrauen zu Arthur hat, verstehst du?«
»Hat er doch!« protestierte ich.
Galahad schüttelte den Kopf. »Er weiß, daß Arthur ein ehrlicher Mann ist«, räumte er ein, »aber Arthur ist auch ein Abenteurer. Er ist landlos, hast du je daran gedacht? Er verteidigt seinen Ruf, nicht seinen Besitz. Er nimmt seinen Rang nur wegen Mordreds Alter ein, nicht auf Grund seiner eigenen Geburt. Wenn Arthur Erfolg haben will, muß er kühner sein als andere Männer, Kühnheit aber ist etwas, was Tewdric im Augenblick nicht
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