Artus-Chroniken 2. Der Schattenfürst
See versenken würde. Dann ritt ich auf den Spuren des geschlagenen Heeres gen Norden.
Während Arthur, dessen Traum von einem Narren zunichte gemacht worden war, nach London marschierte.
Ich hatte lange davon geträumt, London zu sehen, doch selbst in meinen wildesten Phantasien hätte ich mir nicht vorstellen können, wie die Stadt wirklich war. Ich hatte gedacht, sie wäre wie Glevum, ein bißchen größer vielleicht, aber immer noch ein Ort, an dem hohe Gebäude einen zentralen, offenen Platz umstanden, während sich weiter hinten Straßen und Gassen drängten, und das Ganze von einem Erdwall umgeben war. Aber in London gab es sechs dieser offenen Plätze, alle mit eigenen Säulenhallen, Arkadentempeln und Palästen aus Backstein. Die gewöhnlichen Häuser, die in Glevum und Durnovaria niedrig und strohgedeckt waren, ragten hier zwei oder drei Stockwerke hoch auf. Einige dieser Häuser waren im Laufe der Jahre eingestürzt, aber viele hatten noch ihr Ziegeldach, und die Leute stiegen immer noch die steilen Holztreppen hinauf. Da die meisten unserer Männer noch nie eine Treppe in einem Haus gesehen hatten, waren sie an ihrem ersten Tag in London wie aufgeregte Kinder losgerannt, um herauszufinden, wie die Welt vom obersten Stock aus wirkte. Schließlich war eins dieser Häuser unter ihrem Gewicht zusammengebrochen, und Arthur hatte weiteres
Treppensteigen verboten.
Die Festung von London war größer als Caer Sws, dabei war diese Festung lediglich die nordwestliche Bastion des Stadtwalls. Es gab Dutzende von Kasernen in der Festung, jede größer als eine Festhalle und jede aus kleinen, roten Backsteinen erbaut. Neben der Festung lagen ein Amphitheater, ein Tempel und eins der zehn Badehäuser der Stadt. Natürlich gab es derartige Dinge auch in anderen Städten, aber hier war alles höher und größer. Durnovarias Amphitheater war eine Anlage aus grasbewachsener Erde, aber ich hatte es immer für höchst eindrucksvoll gehalten – bis ich die Arena in London sah, die mühelos fünf Amphitheater wie das von Durnovaria hätte aufnehmen können. Der Wall um die Stadt war aus Steinen statt aus Erde, und obwohl Aelle die Mauern hatte verfallen lassen, waren sie doch ein recht einschüchterndes Hindernis. Jetzt saßen Cerdics triumphierende Männer dort oben. Cerdic hatte die Stadt erobert, und seine Totenkopfbanner auf den Wällen verkündeten, daß er sie zu halten gedachte.
Auch am Flußufer stand eine Mauer, die zunächst als Schutz gegen die sächsischen Piraten gedient hatte. Öffnungen in dieser Mauer führten zu Kais, und eine Lücke ging auf einen Kanal hinaus, der ins Zentrum eines großen Gartens führte, um den herum ein Palast erbaut worden war. Damals gab es immer noch Büsten und Statuen in diesem Palast, lange geflieste Korridore sowie eine weite Säulenhalle, in der die römischen Herrscher, wie ich vermutete, früher zum Regieren zusammengekommen waren. Jetzt lief Regenwasser an den bemalten Wänden herab, die Bodenfliesen waren zerborsten, und der Garten war ein wuchernder Unkrautwald; aber ein Schatten des ursprünglichen Glanzes war noch vorhanden. Das galt übrigens für die ganze Stadt. Keins der Badehäuser in der Stadt funktionierte noch. Die Becken waren zerbrochen und leer, die Heizöfen kalt, die Mosaikböden unter dem Einfluß
von Frost und Unkraut zerborsten. Die Steinstraßen waren zu schlammigen Wegen verkommen, und doch war die Stadt trotz dieses Verfalls noch immer kraftvoll und prächtig. Ich fragte mich, wie es in Rom wohl aussehen mochte. Galahad hatte mir erzählt, daß London im Vergleich zu Rom ein Dorf sei und daß
Roms Amphitheater zwanzigmal so groß sei wie Londons Arena, aber das konnte ich nicht glauben. Ich konnte ja kaum an London glauben, obwohl es direkt vor meinen Augen lag. Es sah aus wie das Werk von Riesen.
Da Aelle die Stadt nie gemocht hatte und auch nicht dort leben wollte, waren die einzigen Einwohner eine Handvoll Sachsen und jene Britannier, die Aelle als Herrscher akzeptiert hatten. Einigen dieser Britannier ging es noch immer gut. Die meisten waren Kaufherren, die mit Gallien Handel trieben; ihre prächtigen Häuser lagen am Fluß, während ihre Speicher von eigenen Wällen und Speerkämpfern bewacht wurden. Aber der größte Teil der übrigen Stadt war verlassen. Es war ein dahinsiechender Ort, eine Stadt, die den Ratten überlassen worden war, eine Stadt, die einstmals den Titel Augusta getragen hatte. Das Prächtige London hatte man sie genannt,
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