Artus-Chroniken 2. Der Schattenfürst
Wunsch, daß ein Dumnonier der Akklamation Eures Bruders beiwohnt, Lady«, antwortete ich ihr.
»Oder wollte Arthur sichergehen, daß er auch wirklich zum König ausgerufen wurde?« fragte sie scharfsinnig.
»Das auch«, gestand ich ein.
Sie zuckte die Achseln. »Es gibt keinen anderen, der hier König sein könnte. Dafür hat schon mein Vater gesorgt. Es gab einen Häuptling namens Valerin, der Cuneglas möglicherweise das Königtum streitig gemacht hätte, doch wie wir hörten, ist Valerin in der Schlacht gefallen.«
»Ja, Lady, das ist richtig«, antwortete ich, setzte aber nicht hinzu, daß ich es war, der Valerin an der Furt von Lugg Vale im Zweikampf besiegt hatte. »Er war ein tapferer Mann, genau wie Euer Vater. Es tut mir leid für Euch, daß er tot ist.«
Ein paar Schritte lang schwieg sie, während Helledd, Königin von Powys, uns vom Ochsenkarren aus argwöhnisch beobachtete. »Mein Vater«, fuhr Ceinwyn nach einer Weile fort, »war ein sehr verbitterter Mann. Zu mir aber war er immer gut.« Sie sagte es traurig, doch ohne zu weinen. Sie hatte all ihre Tränen bereits vergossen, und nun war ihr Bruder König geworden, und vor Ceinwyn lag eine neue Zukunft. Sie schürzte die Röcke, um über eine Schlammpfütze zu steigen. In der Nacht zuvor hatte es geregnet, und die Wolken im Westen verhießen noch mehr Regen. »Arthur wird also herkommen?«
erkundigte sie sich.
»Er kann jeden Tag eintreffen, Lady.«
»Und er wird Lancelot mitbringen?«
»Das wird er wohl.«
Sie verzog das Gesicht. »Als wir uns das letztemal trafen, Lord Derfel, sollte ich mich mit Gundleus vermählen. Jetzt ist es Lancelot. Ein König nach dem anderen.«
»Ja, Lady«, sagte ich. Es war eine unpassende, sogar dumme Antwort, aber ich war von jener ausnehmenden Nervosität geschlagen, die jedem Liebenden die Zunge bindet. Es gab nichts, was ich mir sehnlicher wünschte, als mit Ceinwyn allein zu sein, doch als ich plötzlich an ihrer Seite marschierte, konnte ich nicht aussprechen, was in meinem Herzen vorging.
»Und ich soll Königin von Siluria werden«, sagte Ceinwyn, ohne Freude bei dieser Aussicht zu bekunden. Sie blieb stehen und deutete auf das weite Tal des Severn. »Gleich hinter dem Dolforwyn«, erklärte sie mir, »gibt es ein kleines, verstecktes Tal mit einem Haus und einigen Apfelbäumen. Als ich ein kleines Mädchen war, dachte ich immer, in der Anderwelt müsse es so aussehen wie in diesem Tal: ein kleiner, sicherer Ort, an dem ich in Ruhe leben, glücklich sein und Kinder großziehen könnte.« Sie lachte über sich selbst und begann weiterzugehen. »Überall in Britannien gibt es junge Mädchen, die davon träumen, Lancelot zu heiraten und Königin in einem Palast zu werden, und ich wünsche mir nichts weiter als ein kleines Tal mit ein paar Apfelbäumen!«
»Lady«, begann ich und nahm all meinen Mut zusammen, um auszusprechen, was ich ihr wirklich sagen wollte. Sie aber erriet sofort, was ich im Sinn hatte, und berührte meinen Arm, damit ich schweige.
»Ich muß meine Pflicht erfüllen, Lord Derfel«, sagte sie als Warnung an mich, meine Zunge im Zaum zu halten.
»Ihr habt meinen Eid«, stieß ich hervor. Das kam einem Liebesgeständnis so nahe, wie es mir in jenem Augenblick möglich war.
»Ich weiß«, gab sie ernsthaft zurück. »Und Ihr seid mein Freund, nicht wahr?«
Ich wollte zwar mehr für sie sein als ein Freund, aber ich nickte. »Ich bin Euer Freund, Lady.«
»Dann werde ich Euch dasselbe sagen, was ich meinem Bruder gesagt habe«, gab sie zurück. Sie blickte zu mir auf, und in ihren blauen Augen stand großer Ernst. »Ich weiß nicht, ob ich Lancelot heiraten möchte, aber ich habe Cuneglas versprochen, daß ich ihn mir ansehen werde, bevor ich mich entscheide. Das muß ich tun, aber ob ich ihn heiraten werde, weiß ich nicht.« Eine Zeitlang ging sie schweigend weiter, und ich spürte, daß sie erwog, ob sie mir etwas erzählen sollte. Schließlich beschloß sie, mir zu vertrauen. »Nachdem ich Euch das letztemal sah«, fuhr sie fort, »suchte ich die Priesterin von Maesmwyr auf. Sie führte mich in die Traumhöhle und ließ
mich auf einem Bett aus Menschenschädeln schlafen. Ich wollte unbedingt mein Schicksal erfahren, versteht Ihr, aber ich kann mich an keinen Traum erinnern. Dennoch sagte die Priesterin, als ich erwachte, der nächste Mann, der mich heiraten wolle, werde sich statt dessen mit den Toten vermählen.« Sie blickte zu mir auf. »Ergibt das einen Sinn?«
»Nicht den
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