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Artus-Chroniken 2. Der Schattenfürst

Artus-Chroniken 2. Der Schattenfürst

Titel: Artus-Chroniken 2. Der Schattenfürst Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bernard Cornwell
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Wunder, daß alles danebenging«, sagte Merlin.
    »Gebete! Was nützen Gebete gegen einen bösen Geist? Es muß
    Urin auf der Türschwelle sein, Eisen im Bett, Beifuß im Feuer.« Traurig schüttelte er den Kopf. »Ein böser Geist ist in den Knaben gefahren, bevor Morgan ihm helfen konnte, und deswegen ist auch sein Fuß mißgestaltet. Vermutlich hat sich der Geist an seinen Fuß geklammert, als er merkte, daß Morgan kam.«
    »Und wie kriegen wir den Geist heraus?« wollte ich wissen.
    »Mit einem Schwert durchs Herz des unglückseligen Kindes«, antwortete er lächelnd und lehnte sich in seinem Sessel zurück.
    »Bitte, Lord«, drängte ich ihn. »Wie?«
    Merlin zuckte die Achseln. »Der alte Balise meinte, es könnte gelingen, wenn man die besessene Person zwischen zwei Jungfrauen ins Bett legte. Alle drei natürlich nackt.« Er kicherte. »Armer, alter Balise! Er war ein guter Druide, aber bei der überwältigenden Mehrheit seiner Zaubereien mußten sich junge Mädchen ausziehen. Er glaubte nämlich, daß der Geist lieber in einer Jungfrau wohnen wolle, weißt du. Also bot er ihm gleich zwei Jungfrauen an, damit der Geist nicht so recht wußte, welche er wählen sollte; und der Trick dabei war, sie alle in genau dem Moment aus dem Bett zu holen, in dem der Geist aus der besessenen Person kam und sich noch nicht entschieden hatte, in welche Jungfrau er fahren sollte. Und in diesem Moment mußte man sie alle drei aus dem Bett holen und einen Feuerbrand ins Bettstroh werfen. Der sollte den Geist zu Rauch verbrennen, weißt du, aber mir kam das eigentlich nie sehr sinnvoll vor. Ich muß gestehen, daß ich mich einmal an dieser Methode versucht habe. Ich wollte einen armen alten Narren namens Malldyn heilen; aber alles, was ich damit erreicht habe, war ein Verrückter, der immer noch total durchgedreht war, zwei verschreckte Sklavenmädchen und alle drei ein bißchen angeschmort.« Er seufzte. »Wir haben Malldyn auf die Toteninsel geschickt. Dort war er am besten aufgehoben. Könntest du Mordred nicht dahin bringen?«
    Auf die Toteninsel schickten wir unsere unheilbar Verrückten. Auch Nimue war einst dortgewesen, aber ich hatte sie aus diesem Grauen gerettet. »Das würde Arthur niemals zulassen«, sagte ich.
    »Vermutlich nicht. Ich werde es mit einem Zauber für dich versuchen, aber ich kann nichts versprechen.« Merlin lebte inzwischen bei uns. Er war ein alter Mann geworden, der langsam dahinsiechte, das heißt, uns kam es jedenfalls so vor; denn der Brand, der Der Tor vernichtete, hatte ihm auch all seine Energie geraubt, und mit der Energie hatte sich sein Traum, die Kleinodien Britanniens zusammenzubringen, verflüchtigt. Alles, was jetzt noch blieb, war eine ausgetrocknete Hülle, die immer älter wurde. Stundenlang saß
    er in der Sonne oder im Winter zusammengesunken vor einem Feuer. Seine Druidentonsur behielt er bei, aber er flocht seinen Bart nicht mehr, sondern ließ ihn wild und weiß wuchern. Er aß sehr wenig, war aber immer zu einem Gespräch bereit, obwohl er weder über Dinas und Lavaine noch über jenen schrecklichen Moment reden wollte, als Cerdic ihm den Bartzopf abgeschnitten hatte. Meiner Ansicht nach war es ebensosehr diese Schändung wie der Blitzeinschlag in seinem Turm, der Merlin das Leben aus dem Leib sog, und dennoch bewahrte er sich einen winzigen, flackernden Funken Hoffnung. Er war überzeugt, daß der Kessel nicht verbrannt, sondern gestohlen worden war, und zu Beginn unseres Aufenthalts in Lindinis bewies er mir das in unserem Garten. Er baute einen kleinen Turm aus Feuerholz, stellte einen goldenen Becher hinein, legte eine Handvoll Zunder um den Fuß und ließ sich sodann aus den Küchen Feuer bringen. Selbst Mordred benahm sich an jenem Nachmittag. Feuer pflegte den König zu faszinieren, und so sah er mit großen Augen zu, wie das Turmmodell im Sonnenschein brannte. Das aufgestapelte Feuerholz brach zum Innenraum hin zusammen, aber die Flammen loderten weiter, und es war schon fast dunkel, als Merlin sich eine Gartenharke holte, damit in der Asche stocherte – und den goldenen Becher herausholte, der zwar so zerschmolzen war, daß man ihn nicht mehr als Becher erkennen konnte, aber immer noch Gold war. »Ich bin am Morgen nach dem Brand auf Der Tor eingetroffen, Derfel«, erklärte er mir, »und habe die Asche immer wieder durchwühlt. Ich habe jedes verkohlte Stück Holz per Hand entfernen lassen, ich habe die Asche gesiebt, ich habe die Reste durchgeharkt, aber ich habe

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