Artus-Chroniken 2. Der Schattenfürst
Katzen immer geliebt, und in Lindinis hatten wir eine Menge davon. Merlin fühlte sich recht wohl in unserem Palast. Er und ich, wir waren Freunde, Ceinwyn und unsere wachsende Töchterschar liebte er heiß und innig, und versorgt wurde er von Gwlyddyn, Ralla und Caddwg, seinen alten Dienern vom Tor. Gwlyddyn und Kallas Kinder wuchsen mit den unsrigen auf, und alle verbündeten sich gegen Mordred. Als der König zwölf Jahre alt war, hatte Ceinwyn bereits fünfmal geboren. Die drei Mädchen blieben am Leben, die beiden Knaben starben jedoch innerhalb einer Woche nach der Geburt, und Ceinwyn machte Mordreds bösen Geist für ihren Tod verantwortlich. »Der will keine anderen Knaben im Palast«, sagte sie traurig, »nur Mädchen.«
»Mordred wird bald nicht mehr da sein«, tröstete ich sie, denn ich zählte die Tage bis zu seinem fünfzehnten Geburtstag, an dem er zum König ausgerufen werden sollte.
Arthur zählte die Tage ebenfalls, wenn auch mit einiger Besorgnis, denn er fürchtete, daß Mordred alles zunichte machen würde, was er aufgebaut hatte. Er kam in jenen Jahren häufig nach Lindinis. Wir hörten Hufschlag im äußeren Hof, die Tür flog auf, und seine Stimme hallte durch die riesigen, halbleeren Räume des Palastes. »Morwenna! Seren! Dian!« rief er, und schon kamen unsere drei goldhaarigen Töchter herbeigelaufen oder -getippelt, um sich von ihm in die Arme nehmen und sodann mit Geschenken verwöhnen zu lassen: mit einer Wabe voll Honig, kleinen Broschen oder dem zarten, spiralförmigen Haus einer Schnecke. Dann kam er, behängt mit Töchtern, in den Raum, in dem wir uns gerade aufhielten, und brachte uns die neuesten Nachrichten: eine wiederaufgebaute Brücke, ein neuer Gerichtshof, ein ehrlicher Beamter, den er gefunden hatte, ein Straßenräuber, der hingerichtet worden war. Oder er erzählte von Naturwundern: einer Seeschlange, die vor der Küste gesichtet worden war, einem neugeborenen Kalb mit fünf Beinen oder – einmal – von einem Gaukler, der Feuer fraß. »Wie geht es dem König?« fragte er jedesmal, nachdem er uns all diese Wunderdinge berichtet hatte.
»Der König wächst«, antwortete Ceinwyn unfehlbar und nichtssagend, und Arthur stellte keine weiteren Fragen. Dann erzählte er uns von Guinevere, und diese Neuigkeiten waren ausnahmslos gut, obwohl Ceinwyn und ich argwöhnten, daß sich hinter seiner Begeisterung eine seltsame Einsamkeit verbarg. Er war zwar nie allein, aber ich glaube, daß er jene verwandte Seele, nach der er sich so sehr sehnte, niemals fand. Früher hatte sich Guinevere ebenso eifrig für die Aufgabe des Regierens interessiert wie Arthur, richtete ihre Energie inzwischen aber fast nur noch auf ihren Isiskult. Arthur, dem religiöser Eifer stets Unbehagen bereitete, gab vor, sich für die Göttin seiner Gemahlin zu interessieren, in Wahrheit jedoch fand er wohl, daß Guinevere ihre Zeit mit der Suche nach einer Macht, die gar nicht existierte, nur verschwende, genau wie wir einst unsere Zeit mit der Suche nach dem Kessel verschwendet hatten.
Guinevere schenkte ihm nur den einen Sohn. Entweder, meinte Ceinwyn, schliefen sie getrennt, oder Guinevere verwendete weibliche Magie, um eine Empfängnis zu verhindern. In jedem Dorf gab es eine weise Frau, die wußte, welche Kräuter dazu nötig waren, genauso, wie sie wußte, mit welchen Substanzen man ein Kind abtreiben oder eine Krankheit heilen konnte. Arthur hätte gern mehr Kinder gehabt, das wußte ich, denn er liebte Kinder und war fast immer am glücklichsten, wenn er Gwydre zu einem längeren Besuch in unseren Palast mitbrachte. Arthur und sein Sohn vergnügten sich mit der wilden Horde zerlumpter, filzhaariger Kinder, die unbeschwert in Lindinis herumtobten, aber sorgsam den mürrischen, finsteren Mordred mieden. Gwydre spielte mit unseren dreien, mit Rallas dreien und mit den zwei Dutzend Sklaven-oder Dienerkindern, die sich für Kampfspiele zu Miniaturarmeen formierten oder sich Kriegsmäntel ausliehen, die sie im Garten über den niedrigen Ast eines Birnbaums drapierten, um dort Haushalt zu spielen und die Vorgänge im großen Palast zu imitieren. Mordred hatte seine eigenen Kumpane, allesamt Knaben, allesamt Sklavensöhne, und da sie schon älter waren, unternahmen sie weiträumigere Ausflüge. Wir hörten von einer Sichel, die aus einer Hütte gestohlen, einem Stroh-oder Heuhaufen, der in Brand gesteckt, einem Sieb, das zerrissen oder einer frisch gepflanzten Hecke, die niedergetrampelt worden war, und in
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