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Artus-Chroniken 2. Der Schattenfürst

Artus-Chroniken 2. Der Schattenfürst

Titel: Artus-Chroniken 2. Der Schattenfürst Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bernard Cornwell
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Augenblicks. Der Prinz hatte nicht einmal mehr Zeit, sich seiner Liebsten an der verschatteten Hallentür zuzuwenden. Er starrte nur seinen Gegner an, während das Blut aus seiner durchtrennten Kehle schoß und sein weißes Hemd rot färbte. Dann ließ er das Schwert fallen. Im Sterben stieß er einen gurgelnden, erstickten Laut aus, seine Seele floh, und er sank zu Boden.
    »Der Gerechtigkeit ist Genüge getan, Lord König«, meldete Cyllan rauh, zog die Klinge aus Tristans Hals und ging davon. Die Speerkämpfer, die mich umringten und von denen keiner es gewagt hatte, mir in die Augen zu sehen, zogen sich zurück. Ich hob Hywelbane, aber der Anblick der grauen Klinge verschwamm mir vor den Augen. Ich hörte Iseult schreien, als die Männer ihres Gemahls die sechs Speerkämpfer töteten, die Tristan begleitet hatten, und sich anschließend ihre Königin griffen. Ich schloß die Augen.
    Ich wollte Arthur nicht ansehen. Ich wollte nicht mit Arthur sprechen. Ich ging auf die Klippe hinaus. Dort betete ich zu meinen Göttern und flehte sie an, nach Britannien zurückzukehren. Und während ich betete, schleppten die Männer von Kernow Königin Iseult zum Hafen hinunter, wo die zwei dunklen Schiffe warteten. Aber sie brachten sie nicht heim nach Kernow. Statt dessen wurde die Prinzessin der Ui Liathäin, dieses Kind von fünfzehn Sommern, das barfuß durch die Wellen gehüpft war und dessen Stimme ein Schattenhauch war wie die Geister der Seeleute, die auf den langen Meereswinden reiten, an einen Pfahl gefesselt. Um sie herum wurden große Haufen Treibholz aufgeschichtet, das es an Halcwms Küste so reichlich gab, und dann wurde sie dort, vor den gnadenlosen Blicken ihres Gemahls, bei lebendigem Leibe verbrannt. Anschließend wurde der Leichnam ihres Liebsten auf demselben Scheiterhaufen eingeäschert.
    Ich wollte den Ort nicht zusammen mit Arthur verlassen. Ich wollte nicht mit ihm reden. Ich ließ ihn gehen und schlief in dieser Nacht in der dunklen, alten Halle, in der die Liebenden genächtigt hatten. Dann reiste ich heim nach Lindinis, wo ich Ceinwyn das alte Massaker auf dem Moor beichtete, bei dem ich Unschuldige getötet hatte, um meinen Eid zu halten. Ich berichtete ihr von der brennenden Iseult. Die brannte und schrie, während ihr Gemahl mit steinerner Miene zusah. Ceinwyn schloß mich in die Arme. »Wußtest du denn nichts von dieser Härte in Arthur?« fragte sie mich leise.
    »Nein.«
    »Er ist alles, was zwischen uns und dem Grauen steht«, fuhr Ceinwyn fort. »Wie könnte er da anders sein als hart?«
    Selbst jetzt noch sehe ich, wenn ich die Augen schließe, zuweilen das Kind vor mir, wie es mit strahlendem Gesichtchen aus dem Meer steigt, sehe den mageren Körper, der sich unter dem weißen, anliegenden Gewand abzeichnet, und ihre Hände, die sich ihrem Liebsten entgegenstrecken. Ich kann keine Möwe schreien hören, ohne sie vor mir zu sehen, denn ihr Anblick wird mich bis zu meinem letzten Tag verfolgen, und wohin meine Seele nach dem Tod auch gehen mag, sie wird dort sein: ein Kind, das rechtmäßig für einen König getötet wurde. In Camelot.

    L ancelot sah ich nach dem Tafelrundeneid viele Jahre lang nicht mehr, ebensowenig einen seiner Gefolgsleute. Amhar und Loholt, Arthurs Zwillinge, lebten in Lancelots Hauptstadt Venta, wo sie Horden von Speerkämpfern um sich scharten; aber die einzigen Kämpfe, die sie ausfochten, schienen in den Tavernen stattzufinden. Auch Dinas und Lavaine waren in Venta, wo sie einem Tempel vorstanden, der dem Merkur, einem römischen Gott, geweiht war, und ihre Zeremonien wetteiferten mit jenen, die in Lancelots Palastkapelle stattfanden. Bischof Sansum hatte diese Kapelle geweiht. Er war häufig in Venta zu Besuch, und seinen Berichten zufolge schienen die Belgen mit Lancelot durchaus zufrieden zu sein. Woraus wir schlossen, daß sie nicht offen rebellierten. Lancelot und seine Kumpane statteten auch Dumnonia Besuche ab. Zumeist überschritten sie die Grenze nur bis zum Seepalast, gelegentlich aber reisten sie sogar bis nach Durnovaria, um an irgendeinem hohen Fest teilzunehmen. Wenn ich wußte, daß sie kommen würden, hielt ich mich von derartigen Feiern fern, und weder Arthur noch Guinevere verlangte jemals von mir, daß ich erschien. Auch zur feierlichen Beisetzung von Lancelots Mutter Elaine wurde ich nicht geladen.
    Lancelot war, ehrlich gesagt, gar kein so schlechter Herrscher. Er war kein Arthur, ihn kümmerten weder die Gerechtigkeit noch die Fairneß der

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