Artus-Chroniken 2. Der Schattenfürst
Sein schwarzes Haar mit den Kriegerringen war straff zurückgekämmt und mit einem Tuchstreifen aus weißem Leinen zusammengefaßt, den er von Iseults Gewand gerissen haben mußte. Er trug Hemd, enge Hose, Stiefel und Schwert. Er legte die halbe Entfernung zu seinem Vater zurück und blieb stehen. Er zog das Schwert, sah seinem Vater in die harten Augen und rammte die Klinge tief in die Erde. »Ich werde mich dem Gericht des Schwertes stellen«, verkündete er. Mark zuckte die Achseln. Er machte eine träge Geste mit der Rechten, und Cyllan trat vor. Offensichtlich war Tristan sich über die Meisterschaft des Champions im klaren – denn er wirkte nervös, als der riesige Mann, dem der Bart bis zur Taille wuchs, den Mantel ablegte. Cyllan strich sich das schwarze Haar von der Axt-Tätowierung zurück und setzte sich den Eisenhelm aufs Haupt. Er spie in die Hände, zerrieb den Speichel in den Handflächen, schritt langsam vorwärts und schlug Tristans Schwert flach zu Boden. Mit dieser Geste akzeptierte er den Kampf.
Ich zog Hywelbane. »Ich werde für Tristan kämpfen«, hörte ich mich plötzlich sagen. Ich war merkwürdig nervös, aber es war nicht nur die Nervosität, die jeden Kampf begleitet. Es war die Angst vor der tiefen Kluft, die sich in meinem Leben auftat, der Kluft, die mich von Arthur trennte.
»Ich werde für Tristan kämpfen«, widersprach Culhwch. Er kam herzu und stellte sich neben mich. »Ihr habt Töchter, Ihr Narr«, murmelte er.
»Die habt Ihr auch.«
»Aber ich werde diese bärtige Kröte schneller erledigen als Ihr, Ihr sächsischer Sack voll Heldenmut«, sagte Culhwch freundschaftlich, Tristan trat zwischen uns und protestierte, er werde allein gegen Cyllan kämpfen, schließlich sei dies sein ganz persönlicher Kampf, der niemanden etwas anginge. Aber Culhwch forderte ihn grollend auf, sich in die Halle zurückzuziehen. »Ich habe Männer geschlagen, die zweimal so stark waren wie dieser bärtige Tölpel«, sagte er zu Tristan. Cyllan zog sein Langschwert und ließ es durch die leere Luft sausen. »Einer von euch«, sagte er gleichmütig. »Egal welcher.«
»Nein!« brüllte Mark auf einmal dazwischen. Er rief Cyllan und zwei seiner Speerkämpfer zu sich. Die drei Männer knieten neben seinem Sessel nieder und lauschten den Anweisungen ihres Königs.
Culhwch und ich vermuteten, daß Mark seinen drei Männern befahl, gegen uns drei zu kämpfen. »Ich nehme den Bastard mit dem langen Bart und der dreckigen Stirn«, bestimmte Culhwch, »Ihr nehmt das rothaarige Stück Hundescheiße da, Derfel, und mein Lord Prinz kann den Kahlköpfigen aufspießen. Eine Sache von zwei Minuten!«
Iseult schlich sich aus der Halle zu uns heraus. Marks Gegenwart schien sie in Panik zu versetzen, aber sie kam herüber, um Culhwch und mich zu umarmen. Culhwch nahm sie in die Arme, während ich niederkniete und ihr die dünne, blasse Hand küßte. »Ich danke Euch«, sagte sie mit ihrer kleinen Schattenstimme. Ihre Augen waren rot vom Weinen. Sie stellte sich auf die Zehenspitzen, um Tristan zu küssen und floh mit einem ängstlichen Blick auf ihren Gemahl in den Schatten der Halle zurück.
Mark hob den schweren Schädel aus dem Kragen seines Seehundsfells. »Das Gericht des Schwertes«, verkündete er mit schleimbelegter Stimme, »verlangt den Kampf Mann gegen Mann. Das war schon immer so.«
»Dann schickt Eure Jungfrauen eine nach der anderen, Lord König«, rief Culhwch, »und ich werde sie eine nach der anderen töten.«
Mark schüttelte den Kopf. »Ein Mann, ein Schwert«, beharrte er, »und da mein Sohn sich auf dieses Privileg beruft, wird er auch kämpfen.«
»Lord König«, wandte ich ein, »der Brauch gestattet, daß vor dem Gericht des Schwertes ein Mann für seinen Freund kämpfen kann. Ich, Derfel Cadarn, bestehe auf diesem Vorrecht.«
»Ich weiß nichts von einem solchen Brauch«, log Mark unverfroren.
»Arthur weiß davon«, entgegnete ich schroff. »Er hat vor einem Schwertgericht für Euren Sohn gekämpft, und heute werde ich für ihn kämpfen.«
Mark richtete seinen trüben Blick auf Arthur, doch Arthur schüttelte den Kopf, als wollte er sagen, er wünsche nicht in diese Auseinandersetzung hineingezogen zu werden. Mark schaute wieder auf mich. »Mein Sohn hat sich eines üblen Verbrechens schuldig gemacht«, sagte er, »deswegen soll sich niemand außer ihm selbst dafür verteidigen.«
»Ich werde ihn verteidigen!« sagte ich. Dann trat Culhwch neben mich und bestand ebenfalls
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