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Artus-Chroniken 2. Der Schattenfürst

Artus-Chroniken 2. Der Schattenfürst

Titel: Artus-Chroniken 2. Der Schattenfürst Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bernard Cornwell
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Bänder zu greifen, so daß ich ihn rücklings von seinem kleinen Pferd zerren konnte. Im Fallen schlug er heftig nach mir. Ich setzte ihm einen Stiefel auf die Kehle, hob den Speer und stieß ihm die Waffe mit aller Kraft ins Herz. Zwar trug er unter seiner zerlumpten Tunika einen Lederharnisch, aber der Speer durchschnitt mühelos beide, und blutiger Schaum ergoß sich über seinen schwarzen Bart.
    »Zurück!« rief Galahad uns zu, also warfen Issa und ich unsere Speere und Schilde den Männern zu, die sich bereits auf den Gipfel der hohen Felsen gerettet hatten, und kletterten dann selbst hinauf. Ein schwarzer Speer fiel klappernd auf die Felsen neben mir, dann streckte sich mir eine starke Hand entgegen, packte mich am Handgelenk und zog mich hoch. Merlin war ganz ähnlich auf die Felsen heraufgezogen worden. Anschließend hatte man ihn kurzerhand in der Mitte der Kuppe abgelegt, wo sich, umringt von den riesigen Steinen, eine weite, felsige Vertiefung befand. In dieser Vertiefung hockte Ceinwyn und scharrte wie ein hektischer Hund in den kleinen Steinen herum, die dort lagen. Sie hatte sich erbrochen und wühlte mit den Händen selbstvergessen in der Mischung aus Erbrochenem und kleinen, kalten Steinchen.
    Die Hügelkuppe eignete sich hervorragend zur Verteidigung. Unsere Feinde konnten die Felsen nur mit Hilfe von Händen und Füßen erklimmen, während wir uns in den Spalten der Kuppe verstecken und sie bekämpfen konnten, sobald sie auftauchten. Einige versuchten sich zu uns durchzuschlagen, schrien aber laut auf, als unsere Speerspitzen ihre Gesichter zerschnitten. Wir wurden mit einem Schauer von Speeren überschüttet, aber wir brauchten unsere Schilde nur in die Höhe zu halten und die Waffen fielen, ohne Schaden anzurichten, klappernd zu Boden. Ich schickte sechs Mann in die Vertiefung hinab, damit sie mit ihren Schilden Merlin, Nimue und Ceinwyn schützten, während die übrigen Schwertkämpfer den äußeren Rand der Hügelkuppe verteidigten. Die Blutschilde ließen ihre Pferde zurück, um einen letzten Angriff zu unternehmen, und eine Zeitlang hieben und stachen wir wütend auf sie ein. Bei diesem kurzen Angriff trug einer meiner Männer eine Speerwunde am Arm davon, alle anderen blieben unversehrt, während die dunklen Reiter vier Tote und sechs Verwundete zum Fuß des Hügels zurücktrugen. »Soviel«, sagte ich zu meinen Männern, »zu Schilden aus der Haut von Jungfrauen.«
    Wir erwarteten einen weiteren Angriff, doch es erfolgte keiner. Statt dessen kam Diwrnach hoch zu Roß allein bis an die Felsen. »Lord Derfel?« rief er mit seiner trügerisch angenehmen Stimme, und als ich mich zwischen zwei Felsen zeigte, schenkte er mir sein gelassenes Lächeln. »Der Preis ist gestiegen«, sagte der König. »Jetzt verlange ich als Gegenleistung für Euren schnellen Tod Prinzessin Ceinwyn und den Kessel. Es ist doch der Kessel, den Ihr holen wollt, oder?«
    »Der Kessel gehört ganz Britannien, Lord König«, gab ich zurück.
    »Ach! Und Ihr meint wohl, ich wäre ein unwürdiger Hüter.«
    Traurig schüttelte er den Kopf. »Ihr seid schnell bei der Hand, einen anderen Menschen zu kränken, Lord Derfel. Wie war das noch? Mein Kopf in einem Loch voller Sklavendung? Welch eine armselige Phantasie Ihr doch habt! Meine dagegen kommt, fürchte ich, zuweilen sogar mir recht übertrieben vor.«
    Er hielt inne und blickte gen Himmel, als wolle er abschätzen, wieviel Tageslicht noch blieb. »Ich habe nur noch wenige Krieger, Lord Derfel«, fuhr er sachlichen Tones fort, »und möchte keine weiteren an Eure Speere verlieren. Früher oder später müßt Ihr aus den Steinen hervorkommen, und dann werde ich Euch erwarten. Und während ich warte, werde ich meine Phantasie zu neuen Höhen der Vollendung aufsteigen lassen. Überbringt Prinzessin Ceinwyn meinen Gruß und richtet ihr aus, wie sehr ich mich auf eine nähere Bekanntschaft freue.« In spöttischem Salut hob er den Speer und ritt zu dem Ring der dunklen Reiter zurück, der den Hügel jetzt ganz eingeschlossen hatte.
    Als ich in die Senke in der Mitte der Hügelkuppe hinabstieg, erkannte ich, daß alles, was wir möglicherweise noch fanden, für Merlin zu spät kommen würde, denn sein Gesicht war deutlich vom Tod gezeichnet. Sein Mund stand offen, seine Augen waren so leer wie der Raum zwischen den Welten. Seine Zähne klapperten einmal kurz, um anzuzeigen, daß er noch lebte, doch dieses Leben hing jetzt an einem hauchdünnen Faden, der sehr schnell immer

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