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Artus-Chroniken 2. Der Schattenfürst

Artus-Chroniken 2. Der Schattenfürst

Titel: Artus-Chroniken 2. Der Schattenfürst Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bernard Cornwell
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und kam dennoch mit meinem Schwert an diesen Ort, und dafür, meine gute Lady, schuldet Ihr mir wenigstens ein bißchen Höflichkeit.«
    Nimue war es nicht gewohnt, daß man sie zurechtwies, außer vielleicht von Merlin, daher erstarrte sie bei Galahads sanftem Vorwurf, gab aber letztlich nach. Sie zog sich Merlins Bärenfell um die Schultern und beugte sich vor. »Die Kleinodien«, sagte sie, »wurden uns von den Göttern hinterlassen. Das war vor langer Zeit, als Britannien noch ganz allein auf der Welt war. Andere Länder gab es nicht, nur Britannien und ein weites Meer, das von grauem Nebel bedeckt war. Damals gab es zwölf britannische Stämme und zwölf Könige und zwölf Festhallen und nur zwölf Götter. Diese Götter wandelten auf der Erde, wie wir es tun, und Bel, einer von ihnen, vermählte sich sogar mit einer Menschenfrau. Von dieser Verbindung stammt auch unsere Lady hier ab.« Sie deutete zu Ceinwyn hinüber, die genauso aufmerksam lauschte wie die Speerkämpfer.
    Sie hielt inne, weil von dem Ring der Feuer um uns ein Ruf herüberklang; da aber der Ruf keine Gefahr nach sich zog, legte sich wieder Stille über die Nacht, und Nimue fuhr mit ihrer Erzählung fort. »Doch andere Götter, die eifersüchtig auf die zwölf waren, die in Britannien herrschten, kamen von den Sternen herab und versuchten, Britannien den zwölf Göttern wegzunehmen. Und unter diesen Kämpfen hatten die zwölf Stämme sehr zu leiden. So ein Gott konnte mit einem Speerstoß hundert Menschen töten, und kein irdischer Schild konnte das Schwert eines Gottes abwehren; also gaben die zwölf Götter, die Britannien ja liebten, den zwölf Stämmen zwölf Kleinodien. Jedes Kleinod sollte in einer Königshalle verwahrt werden, und das Vorhandensein des Kleinods würde verhindern, daß die Speere der Götter auf die Halle oder einen ihrer Leute fielen. Es waren keine großartigen Dinge. Hätten die zwölf Götter uns prächtige Dinge gegeben, wäre das den fremden Göttern aufgefallen, sie hätten ihren Zweck erraten und sie zu ihrem eigenen Schutz gestohlen. Deswegen waren die zwölf Göttergeschenke nur ganz gewöhnliche Gegenstände: ein Schwert, ein Korb, ein Horn, ein Streitwagen, ein Halfter, ein Dolch, ein Schleifstein, ein Mantel mit Ärmeln, ein Umhang, eine Tonschale, ein Wurfbrett und ein Kriegerring. Zwölf ganz gewöhnliche Gegenstände, und alles, was die Götter von uns verlangten, war, daß wir diese zwölf Kleinodien zu schätzen wußten, sie gut bewahrten und in Ehren hielten; dafür genoß jeder Stamm den Schutz des Kleinods und durfte es außerdem dazu benutzen, seinen Gott zu rufen. Einmal im Jahr durften sie das tun, nur ein einziges Mal, doch diese Anrufung verlieh den Stämmen eine gewisse Macht in jenem schrecklichen Krieg der Götter.«
    Sie hielt inne, um sich die Pelze fester um die mageren Schultern zu ziehen. »Also besaßen die Stämme ihre Kleinodien«, fuhr sie fort, »aber weil Bel sein Erdenmädchen so sehr liebte, schenkte er ihr ein dreizehntes Kleinod. Er schenkte ihr den Kessel und erklärte ihr, daß sie, sobald sie alt wurde, den Kessel nur mit Wasser füllen und darin untertauchen müsse, um wieder jung zu sein. So konnte sie Bel in all ihrer Schönheit auf ewig begleiten. Und der Kessel ist wundervoll, das habt Ihr gesehen: Er besteht aus Gold und Silber und ist über jedes menschliche Maß hinaus schön. Als die anderen Stämme ihn sahen, wurden sie eifersüchtig, und so begannen die Kriege von Britannien. Die Götter bekämpften sich in den Lüften, die zwölf Stämme bekämpften sich auf der Erde, und die Kleinodien wurden eins nach dem anderen erobert oder gegen Speerkämpfer eingetauscht, bis die Götter in ihrem Zorn den Menschen jeglichen Schutz verweigerten. Der Kessel wurde gestohlen, Bels Geliebte wurde alt und starb, und Bel belegte uns mit einem Fluch. Dieser Fluch war die Existenz anderer Länder und anderer Völker, aber eins versprach uns Bel: Wenn wir eines Samhains die zwölf Kleinodien der zwölf Stämme wieder zusammenbringen und die dazugehörigen Riten vollziehen würden, sowie das dreizehnte Kleinod mit dem Wasser, das kein Mensch trinkt, ohne das aber kein Mensch leben kann, füllen würden – dann kämen uns die zwölf Götter wieder zu Hilfe.« Sie brach ab, zuckte die Achseln und sah Galahad an. »Das also, Christenmann«, sagte sie, »das ist der Grund, warum Euer Schwert hierherkam.«
    Ein langes Schweigen entstand. Das Mondlicht glitt von den Felsen herunter und kroch

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