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Artus-Chroniken 2. Der Schattenfürst

Artus-Chroniken 2. Der Schattenfürst

Titel: Artus-Chroniken 2. Der Schattenfürst Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bernard Cornwell
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Lord Derfel.«
    »Der Winter ist die Zeit für den Hunger, Lord König.«
    »Aber Ihr werdet meine Gabe doch sicher nicht
    zurückweisen, oder?« Er brach den Haferkuchen durch und warf die eine Hälfte zu mir herüber. »Eßt!«
    Ich fing den Kuchen auf, zögerte aber. »Ich habe geschworen, nichts zu essen, bis ich mein Ziel erreicht habe, Lord König.«
    »Euer Ziel?« spöttelte er und schob sich seine Hälfte des Haferkuchens gemächlich in den Mund. »Er ist nicht vergiftet, Lord Derfel«, sagte er, nachdem er sie gegessen hatte.
    »Warum sollte er, Lord König?«
    »Weil ich Diwrnach bin und meine Feinde auf vielfältige Weise töte.« Abermals lächelte er. »Erzählt mir von Eurem Ziel, Lord Derfel.«
    »Ich bin gekommen, um zu beten, Lord König.«
    »Aha!« sagte er und zog den Vokal so in die Länge, als wolle er andeuten, damit hätte ich jedwedes Rätsel gelöst. »Sind Gebete, die in Dumnonia gesprochen werden, so wenig wirksam?«
    »Dies ist geheiligter Boden, Lord König«, erwiderte ich.
    »Es ist außerdem mein Boden, Lord Derfel Cadarn«, stellte er fest. »Und ich denke, Fremde sollten meine Erlaubnis einholen, bevor sie seine Erde düngen oder an seine Mauern pissen.«
    »Sollten wir Euch eine Kränkung angetan haben, Lord König«, entgegnete ich, »so bitten wir Euch um Vergebung.«
    »Zu spät«, sagte er freundlich. »Ihr seid jetzt hier, Lord Derfel, und ich rieche Euren Dung. Zu spät. Also, was soll ich mit Euch anfangen?« Er sagte es leise, nahezu sanft, wollte wohl andeuten, daß er ein Mann sei, mit dem man verhandeln könne. »Was soll ich nur mit Euch anfangen?« fragte er abermals, aber ich schwieg. Der Ring der dunklen Reiter verhielt sich still, am Himmel türmten sich bleigrau die Wolken, und Ceinwyns Stöhnen war einem leisen Wimmern gewichen. Der König hob seinen Schild – nicht bedrohlich, sondern weil das Gewicht schwer auf seiner Hüfte lastete, und als er das tat, erkannte ich voller Entsetzen, daß vom Rand dieses Schildes die Haut eines menschlichen Arms mitsamt der Hand herabhing. Diwrnach, der mein Entsetzen sah, lächelte.
    »Sie war meine Nichte«, erklärte er. Dann starrte er an mir vorbei, und wieder erschien ein träges Lächeln auf seinem Gesicht. »Die Hexe ist aus dem Loch gekrochen, Lord Derfel«, stellte er fest.
    Als ich mich umwandte, sah ich, daß Ceinwyn aus dem Zelt hervorgekommen war. Sie hatte ihren Wolfspelz abgelegt und war in das elfenbeinweiße Gewand gekleidet, das sie zu ihrem Verlöbnis getragen hatte. Die Säume waren noch immer mit dem Schmutz besudelt, mit dem sie im Laufen das Leinen bespritzt hatte, als sie damals aus Caer Sws floh. Sie war barfuß, ihr goldblondes Haar war gelöst, und ich hatte den Eindruck, daß sie sich in Trance befand. »Prinzessin Ceinwyn, wenn ich mich nicht irre«, sagte Diwrnach.
    »In der Tat, Lord König.«
    »Und immer noch Jungfrau, wie ich höre?« fuhr der König fort. Ich antwortete nicht. Diwrnach beugte sich vor und liebkoste die Ohren seines Pferdes. »Meint Ihr nicht auch«, fuhr er fort, »es wäre eine höfliche Geste gewesen, wenn sie mich begrüßt hätte, als sie den Boden meines Landes betrat?«
    »Auch sie hat hier Gebete zu sprechen, Lord König.«
    »Dann wollen wir hoffen, daß sie wirken.« Er lachte laut auf.
    »Gebt sie mir, Lord Derfel, sonst werdet Ihr einen der langsamsten Tode sterben, die Ihr Euch vorstellen könnt. Ich habe Männer, die einem Menschen die Haut Zoll für Zoll abziehen können, bis er nichts mehr ist als rohes Fleisch und Blut und trotzdem noch aufrecht stehen kann. Ja, sogar gehen!«
    Mit seiner schwarzbehandschuhten Hand tätschelte er seinem Rappen den Hals. Dann lächelte er mir abermals zu. »Ich habe Männer im eigenen Dung ersticken lassen, Lord Derfel, ich habe sie unter Steine gedrückt, ich habe sie verbrannt, ich habe sie lebendig begraben, ich habe sie mit Nattern zusammengelegt, ich habe sie ertränkt, ich habe sie verhungern lassen, und ich habe sie zu Tode erschreckt. Es gibt so viele interessante Möglichkeiten, aber wenn Ihr mir Prinzessin Ceinwyn gebt, Lord Derfel, verspreche ich Euch, daß Euer Tod so schnell erfolgt wie der Fall eines hellen Sterns.«
    Ceinwyn hatte sich in Bewegung gesetzt und ging jetzt nach Westen. Meine Männer hoben Merlins Trage auf, rafften Mäntel, Waffen und Bündel zusammen und folgten ihr. Ich sah zu Diwrnach empor. »Eines Tages, Lord König«, sagte ich,
    »werde ich Euer Haupt in eine Grube stecken und es unter

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