Artus-Chroniken 3. Arthurs letzter Schwur
Gedanken sofort wieder zurück. Wir mußten am Leben bleiben, wir mußten unsere Wälle halten, wir mußten siegen!
Am folgenden Morgen legte ich unter einem Himmel voll grauer Wolken, durch die ein auffrischender Wind von Westen her leichte Regenschauer trieb, meine Kriegsrüstung an. Sie wog schwer, und ich hatte sie bisher absichtlich nicht getragen, doch die Ankunft der sächsischen Verstärkungstruppen hatte mich davon überzeugt, daß wir auf jeden Fall kämpfen mußten, und deswegen versuchte ich meinen Männern Mut zu machen, indem ich mich in meiner schönsten Rüstung zeigte. Zunächst legte ich über meinem Leinenhemd und der wollenen Beinhose das Lederkoller an, das mir bis auf die Knie fiel. Das Leder war so dick, daß es einen Schwertstich, nicht aber einen Speerstoß
abzuhalten vermochte. Über das Koller zog ich das kostbare und schwere römische Panzerhemd, das meine Sklaven so blitzblank poliert hatten, daß die winzigen Ringe zu schimmern schienen. Das Panzerhemd war am Saum, an den Ärmeln und am Hals mit goldenen Ringen verziert. Es war ein kostbares Hemd, eins der kostbarsten von Britannien, und so gut geschmiedet, daß es allen außer den wildesten Speerstößen Widerstand bot. Auf meine knielangen Stiefel waren Bronzestreifen genäht, die jene hinterhältigen Klingen abhielten, die unter dem Schildwall hindurchgeführt werden; außerdem hatte ich ellenbogenlange Handschuhe mit Eisenschienen, die meine Unterarme schützten. Mein Helm war mit Silberdrachen verziert, die sich zu seiner vergoldeten Spitze emporreckten, wo die Wolfsruten-Helmzier prangte. Der Helm reichte mir bis über die Ohren, hatte einen Kettenschutz im Nacken und versilberte Wangenstücke, die ich übers Gesicht klappen konnte, so daß ein Feind keinen Mann, sondern einen in Metall gekleideten Todesbringer mit zwei schwarzen Schatten als Augen sah. Es war die kostbare Rüstung eines großen Kriegsherren und dazu bestimmt, jedem Feind Angst einzuflößen. Ich gürtete Hywelbane über das Panzerhemd, schnürte mir den Mantel um den Hals und nahm meinen größten Kampfspeer zur Hand. So gekleidet für die Schlacht, mit dem Schild auf dem Rücken, schritt ich den Ring von Mynydd Baddons Wällen ab, damit mich all meine Männer und alle Feinde, die uns beobachteten, deutlich sehen und erkennen konnten, daß ein Kriegsherr ihren Angriff erwartete. Ich beendete meinen Rundgang am südlichen Vorsprung unserer Verteidigungsanlagen, und dort, hoch über den Feinden stehend, hob ich den Saum meines Kollers und meines Panzerhemdes und pißte den Hügel hinab den Sachsen entgegen. Daß Guinevere in der Nähe war, wußte ich nicht; ich merkte es erst, als sie laut auflachte und damit meine grandiose Geste verdarb, denn auf einmal wurde ich verlegen. Sie tat meine Entschuldigung ab. »Ihr seht wundervoll aus, Derfel«, behauptete sie.
Ich klappte die Wangenstücke meines Helmes zurück. »Eigentlich, Lady, hatte ich gehofft, diese Rüstung nie wieder tragen zu müssen«, sagte ich.
»Ihr klingt genau wie Arthur«, sagte sie ironisch; dann trat sie hinter mich, um die Streifen aus gehämmertem Silber zu bewundern, aus denen Ceinwyns Stern auf meinem Schild bestand. Als sie wieder nach vorne kam, sagte sie: »Ich habe niemals begriffen, warum Ihr Euch fast immer wie ein Schweinehirt kleidet, Euch für den Krieg jedoch so glanzvoll rüstet.«
»Ich sehe bestimmt nicht aus wie ein Schweinehirt«, protestierte ich.
»O nein, nicht wie die meinen«, stimmte sie zu. »Denn ich kann es nicht ertragen, schmutzige Menschen um mich zu haben, selbst wenn es sich nur um Schweinehirten handelt. Deswegen sorge ich immer dafür, daß sie anständige Kleider tragen.«
»Ich habe im letzten Jahr gebadet«, verkündete ich.
»Ach ja? Vor so kurzer Zeit?« gab sie zurück und tat, als sei sie tief beeindruckt. Sie hatte ihren Jagdbogen in der Hand und trug einen Köcher mit Pfeilen auf dem Rücken. »Wenn sie kommen«, sagte sie,
»werde ich einige ihrer Seelen in die Anderwelt schicken.«
»Wenn sie kommen«, entgegnete ich, wohl wissend, daß sie kommen würden, »werdet Ihr von ihnen nur Helme und Schilde sehen und Eure Pfeile verschwenden. Wartet, bis sie den Kopf heben, um gegen unseren Schildwall zu kämpfen, und dann zielt auf ihre Augen.«
»Ich werde keinen Pfeil verschwenden, Derfel«, versicherte sie mir grimmig.
Die erste Drohung kam aus dem Norden, wo die frisch eingetroffenen Sachsen unter den Bäumen oberhalb des Sattels, der Mynydd
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