Artus-Chroniken 3. Arthurs letzter Schwur
Blasebalg, bis das Schmiedefeuer loderte und Funken in die Backsteinesse emporschickte.
»Jeder Mann in diesem Raum ist der Sohn eines Königs, nur du nicht, Gwydre«, erklärte Arthur grimmig. »Und du willst behaupten, dazu geboren zu sein?«
»Dann werde du König, Vater«, gab Gwydre zurück. »So werde ich wenigstens der Sohn eines Königs sein.«
»Wohl gesprochen«, warf ich ein.
Arthur warf mir einen zornigen Blick zu; dann zupfte er einen Lappen aus einem Lumpenhaufen neben dem Amboß und benutzte ihn, um seine Nase zu säubern. Anschließend warf er den Lappen ins Feuer. Wir anderen reinigten uns die Nase, indem wir einfach die Nasenflügel zwischen Daumen und Zeigefinger nahmen und losbliesen, er aber war schon immer heikel gewesen. »Nehmen wir mal an, Gwydre«, sagte er,
»daß du von königlichem Blut bist. Daß du Uthers Enkel bist und daher einen Anspruch auf den Thron von Dumnonia hast. Zufällig habe ich diesen Anspruch auch, aber ich habe es vorgezogen, ihn nicht geltend zu machen. Ich bin zu alt. Doch warum sollten Männer wie Derfel und Galahad kämpfen, nur um dich auf Dumnonias Thron zu setzten?
Erkläre mir das.«
»Weil ich ein guter König sein werde«, antwortete Gwydre errötend; dann sah er mich an. »Und Morwenna wird eine gute Königin sein«, ergänzte er.
»Jeder Mann, der jemals König wurde, wollte ein guter König sein«, knurrte Arthur. »Aber die meisten wurden ein schlechter. Warum sollte es bei dir anders sein?«
»Sag du es mir, Vater«, gab Gwydre zurück.
»Ich fragte dich!«
»Aber wenn der Vater den Charakter seines Sohnes nicht kennt«, wandte Gwydre ein, »wer sonst?«
Arthur trat an die Tür der Schmiede, stieß sie auf und starrte auf den Hof der Stallungen hinaus. Da sich dort nichts rührte bis auf das übliche Rudel der Hunde, wandte er sich wieder zu uns zurück. »Du bist ein anständiger Mensch, mein Sohn«, bekannte er widerwillig, »ein anständiger Mensch. Ich bin sehr stolz auf dich. Aber du traust der Welt zuviel Gutes zu. Da draußen gibt es sehr viel Böses, das du leider unterschätzt.«
»Hast du das nicht auch getan, als du in meinem Alter warst?« fragte ihn Gwydre.
Arthur quittierte diese kluge Frage mit einem angedeuteten Lächeln.
»Als ich in deinem Alter war«, antwortete er, »hatte ich das Gefühl, ich könnte die Welt erneuern. Alles, was diese Welt brauchte, war meiner Meinung nach Ehrlichkeit und Freundlichkeit. Wenn man die Menschen gut behandelte, glaubte ich, würden sie darauf mit Dankbarkeit reagieren. Ich glaubte, dem Bösen mit Gutem begegnen zu können.« Er hielt inne. »Vermutlich habe ich die Menschen als Hunde gesehen«, fuhr er dann wehmütig fort. »Und geglaubt, daß sie sich ruhig verhalten würden, wenn man ihnen genügend Wohlwollen entgegenbringt. Aber die Menschen sind keine Hunde, Gwydre. Sie sind Wölfe. Ein König muß tausendfachem Ehrgeiz begegnen, und jeder Ehrgeizige ist ein Betrüger. Man wird dir schmeicheln und sich hinter deinem Rücken über dich lustig machen. Männer werden dir mit einem Atemzug ewige Treue schwören und mit dem nächsten deinen Tod planen. Und wenn du all diese Verschwörungen überlebst, wirst du eines Tages so graubärtig sein wie ich und erkennen, daß du nichts erreicht hast. Überhaupt nichts. Die Säuglinge, die du im Arm ihrer Mütter bewundert hast, werden zu Mördern herangewachsen sein, das Recht, das du eingesetzt hast, wird käuflich, die Menschen, die du beschützt hast, werden immer noch hungrig sein, und die Feinde, die du bekämpft hast, werden deine Grenzen immer noch bedrohen.« Während er sprach, hatte er sich immer mehr in Zorn geredet; nun dämpfte er seinen Zorn mit einem Lächeln.
»Ist dies wirklich das, was du willst?«
Gwydre hielt dem Blick seines Vaters stand. Einen Augenblick dachte ich, er werde dem Blick ausweichen oder dem Vater widersprechen, statt dessen gab er Arthur jedoch eine gute Antwort. »Mein Wunsch, Vater, ist es, die Menschen gut zu behandeln, ihnen Frieden zu bringen und Gerechtigkeit zu garantieren«, sagte er.
Als Arthur hörte, wie der Sohn seine eigenen Worte wiederholte, lächelte er. »Dann sollten wir vielleicht versuchen, dich zum König zu machen, Gwydre. Aber wie?« Nachdenklich kehrte er zur Esse zurück.
»Durch Gwent dürfen wir keine Speerkämpfer schicken, das wird Meurig auf keinen Fall dulden. Doch wenn wir keine Speerkämpfer haben, haben wir auch keinen Thron.«
»Boote«, sagte Gwydre.
»Boote?« fragte
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