Artus-Chroniken 3. Arthurs letzter Schwur
entschied mich dagegen. Ein Banner im Wind ist schwer zu bändigen, und außerdem wirken elf Speerkämpfer, die unter einer riesigen bunten Flagge marschieren, doch eher lächerlich als beeindruckend; deswegen beschloß ich, mit dem Entrollen der Fahne zu warten, bis Issas Männer meine eigene kleine Kriegshorde verstärkten. Wir fanden einen Pfad in den Dünen und folgten ihm durch ein Gehölz aus kleinen Dorn-und Haselsträuchern bis zu einer winzigen Siedlung mit sechs elenden Hütten. Die Bewohner liefen bei unserem Anblick davon und ließen nur eine alte Frau zurück, die zu verkrümmt und verkrüppelt war, um sich schnell bewegen zu können. Als wir uns näherten, sank sie zu Boden und spie uns trotzig vor die Füße. »Nichts werdet Ihr hier finden«, fauchte sie heiser, »wir haben nichts mehr als Misthaufen. Misthaufen und Hunger, Lords, mehr werdet Ihr bei uns nicht holen können.«
Ich hockte mich neben sie. »Wir wollen nichts«, versicherte ich ihr.
»Nur Nachrichten.«
»Nachrichten?« Das Wort schien ihr tatsächlich fremd zu sein.
»Wißt Ihr, wer Euer König ist?« fragte ich sie behutsam.
»Uther, Lord«, antwortete sie. »Ein großmächtiger Mann, Lord. Wie ein Gott!«
Es war klar, daß wir in diesem Dorf keine Informationen bekommen würden, jedenfalls keine, die brauchbar waren; also marschierten wir weiter und machten nur halt, um ein wenig von dem Brot und dem Dörrfleisch zu essen, das wir in unseren Beuteln mitführten. Ich befand mich in meinem Heimatland, und doch hatte ich das seltsame Gefühl, durch Feindesland zu marschieren, und schalt mich selbst, zuviel Gewicht auf Taliesins unbestimmte Warnungen zu legen. Dennoch hielt ich mich an die kleinen, versteckten Pfade, und als es dunkelte, führte ich meine kleine Truppe durch einen Buchenwald auf höheres Gelände hinauf, von wo aus wir andere Speerkämpfer schon von weitem entdecken konnten. Wir sahen keine, doch fern im Süden brach ein einzelner Strahl der sinkenden Sonne durch die Wolkenbank und hob grün und klar Ynys Wydryns Tor aus dem Dunkeln.
Ein Feuer entzündeten wir nicht. Statt dessen schliefen wir unter den Buchen, und als wir am Morgen erwachten, waren wir steif und kalt. Auf dem Marsch nach Osten hielten wir uns unter den kahlen Bäumen, während unter uns, auf den nassen, schweren Feldern, Männer schnurgerade Furchen pflügten, Frauen säten und kleine Kinder kreischend umherliefen, um die Vögel von dem kostbaren Saatgut fernzuhalten. »Das habe ich früher in Irland auch gemacht«, sagte Eachern. »Meine halbe Kindheit hab ich damit verbracht, Vögel zu verscheuchen.«
»Man muß eine Krähe an den Pflug nageln, das hilft«, behauptete einer der anderen Speerkämpfer.
»Man muß an jeden Baum in der Nähe des Feldes Krähen nageln«, erklärte ein anderer.
»Das hält sie nicht auf«, warf ein dritter ein, »aber man fühlt sich dabei besser.«
Wir folgten einem schmalen Pfad zwischen hohen Hecken hindurch. Die Blätter hatten sich noch nicht weit entfaltet, daß sie Nester verbergen konnten, also waren Elstern und Häher eifrig damit beschäftigt, Eier zu stehlen, und kreischten protestierend, als wir uns näherten. »Die Leute werden merken, daß wir hier sind, Lord«, sagte Eachern. »Sie werden uns vielleicht nicht sehen, aber sie werden es merken. Weil sie die Häher hören.«
»Nicht weiter schlimm«, gab ich zurück. Ich war nicht einmal sicher, warum ich mir so große Mühe gab, nicht gesehen zu werden, aber wir waren so wenige, und wie die meisten Krieger sehnte ich mich nach der Sicherheit der großen Zahl. Sobald ich den Rest meiner Männer um mich hatte, würde ich mich wesentlich wohler fühlen, das wußte ich. Bis dahin würden wir uns jedoch so gut verstecken, wie wir nur konnten, obwohl unsere Route uns Mitte des Vormittags aus dem Wald heraus-und auf die offenen Felder hinunterbrachte, die zur großen alten Römerstraße führten. Auf den Wiesen tanzten Rammler, und über uns sangen Feldlerchen. Wir sahen keine Menschenseele, obwohl wir zweifellos von den Bauern gesehen wurden, und zweifellos machte die Nachricht von unserem Durchziehen sofort die Runde durchs Land. Da Bewaffnete immer beunruhigend wirken, hatte ich einigen meiner Männer befohlen, ihre Schilde vorn zu tragen, damit die Embleme den Einheimischen sagten, daß wir Freunde waren. Erst als wir die Römerstraße überquert hatten und uns Dun Caric näherten, entdeckte ich einen fremden Menschen, und zwar eine Frau, die jedoch,
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