Artus-Chroniken 3. Arthurs letzter Schwur
erklärte er immer wieder, würden nach Westen marschieren, an der Themse entlang immer nach Westen, bestimmt aber würden sie Überfalltrupps in die südlichen Hügel schicken, um Korn und Vieh zu organisieren. Unsere Aufgabe war es, diese Überfälle zu verhindern und die Marodeure zu zwingen, statt dessen nach Norden auszuweichen. Dadurch würden die Sachsen über die Grenze nach Gwent gedrängt, und das wiederum würde Meurig vielleicht zu einer Kriegserklärung veranlassen. Der unausgesprochene Gedanke, der diese Hoffnung begleitete und den wir in diesem verräucherten Raum alle begriffen, lautete, daß die große Schlacht bei Corinium ohne Gwents gut ausgebildete Speerkämpfer ein wahrhaft verzweifeltes Unterfangen werden würde. »Bekämpft sie alle gut«, ermahnte Arthur Culhwch und mich. »Tötet ihre Beutejäger, macht ihnen angst, aber laßt sie in Ruhe, sobald sie nur noch einen Tagesmarsch von Corinium entfernt sind. Dann marschiert los und schließt euch mir an.« Für diese große Schlacht bei Corinium würde er jeden einzelnen Speer brauchen, doch Arthur schien überzeugt zu sein, daß wir gewinnen konnten, solange unsere Truppen von höherem Boden aus kämpften.
Im Grunde war dies ein guter Plan. Die Sachsen sollten tief nach Dumnonia hineingelockt und dort gezwungen werden, an einem steilen Hügel bergaufwärts zu kämpfen; aber der Plan hing davon ab, daß der Feind genau das tat, was Arthur wollte, und Cerdic, dachte ich bei mir, ist kein sehr entgegenkommender Mann. Dennoch schien Arthur zuversichtlich zu sein, und das wenigstens war beruhigend. Dann ritten wir alle wieder nach Hause. Dort machte ich mich unbeliebt, weil ich sämtliche Häuser in meinem Herrschaftsbereich durchsuchen und Korn, Pökelfleisch und Stockfisch konfiszieren ließ. Wir ließen genügend Vorräte zurück, um die Leute am Leben zu halten, und schickten den Rest nach Corinium, wo er Arthurs Truppen ernähren sollte. Es war eine unangenehme Aufgabe, denn die Bauern fürchten den Hunger fast so sehr wie die feindlichen Speerkämpfer. Deswegen waren wir gezwungen, nach Verstecken zu suchen und das Geschrei der Weiber zu ignorieren, die uns der Tyrannei beschuldigten. Aber besser unsere Durchsuchungen, erklärte ich ihnen, als die Plünderei der Sachsen.
Außerdem trafen wir Vorbereitungen für die Schlacht. Ich legte meine Kampfausrüstung zurecht, und meine Sklaven ölten das Lederkoller, polierten das Kettenhemd, kämmten die Wolfsruten-Helmzier aus und frischten die Farbe des weißen Sterns auf meinem schweren Schild auf. Das neue Jahr brach mit dem ersten Lied der Amsel an. Misteldrosseln riefen von den obersten Zweigen der Lärchen hinter dem Hügel von Dun Caric, und wir bezahlten die Dorfkinder dafür, daß sie mit Töpfen und Stecken durch die Apfelgärten liefen und die Dompfaffen verjagten, die sonst die winzigen Fruchtknospen stibitzten. Spatzen nisteten, und unser Bach glitzerte von heimkehrenden Lachsen. In der Abenddämmerung lärmten Schwärme von buntgescheckten Bachstelzen. Innerhalb weniger Wochen gab es blühende Haselsträucher, Hundsveilchen im Wald und goldleuchtende Kätzchen an den Weiden. Rammler tanzten auf den Feldern, wo die Lämmer spielten. Im März gab es eine Krötenplage, und ich fragte mich schon, was das bedeutete, aber es gab keinen Merlin, den ich fragen konnte, denn er war mit Nimue zusammen verschwunden, und wie mir schien, mußten wir ohne seine Hilfe kämpfen. Die Lerchen sangen, und die räuberischen Elstern stöberten in den Hecken, denen noch das schützende Laubkleid fehlte, nach frischen Gelegen. Endlich knospten auch die Blätter, und mit ihnen kamen Nachrichten von ersten Kriegern, die von Powys aus nach Süden kamen. Es waren nur wenige, denn Cuneglas wollte die Vorräte schonen, die in Corinium angehäuft wurden, ihre Ankunft aber verhieß die Nachfolge des größeren Heers, das Cuneglas nach Beltane gen Süden führen würde. Unsere Kälber wurden geboren, es wurde gebuttert, und Ceinwyn hatte viel damit zu tun, die Halle nach dem langen, verräucherten Winter zu putzen.
Es waren seltsame, bittersüße Tage, denn in diesem Frühling, der plötzlich prachtvoll mit sonnengetränktem Himmel und blumenbunten Wiesen prangte, lauerte drohend ein Krieg. Die Christen predigten von
»den letzten Tagen«, womit sie die Zeit vor dem Ende der Welt meinten, und vielleicht werden die Menschen sich dann so fühlen wie wir in jenem milden, bezaubernden Frühling. Dem ganzen Alltagsleben
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