Ascalon – Das magische Pferd, Band 1: Ascalon – Das magische Pferd. Die Wächter des Schicksals (German Edition)
»Señora Teresa, antworten Sie bitte, wenn die Kommissarin Sie etwas fragt. Also: Wie lange haben Sie gewartet, ehe die betreffende Person das Gespräch am Mobiltelefon angenommen hat?«
»Nun, ich glaube, das ging recht schnell!«, erwiderte Teresa leicht gereizt, setzte sich auf einen Küchenstuhl, zog die Kaffeekanne aus dem Picknickkorb und fragte: »Ist das Verhör jetzt beendet? Ich würde nämlich wirklich gern in Ruhe eine Tasse Kaffee trinken.«
Aber Muriel war noch nicht ganz zufrieden »Nur kurz, sagst du?«, fragte sie noch einmal. »So etwa zwei Klingeltöne lang?«
»Ja, ja. Kann sein. Zwei oder drei Mal, was macht das schon für einen Unterschied?« Teresa schenkte sich etwas Kaffee ein. »Aber so richtig weiß ich das wirklich nicht mehr. Es könnte auch …«
»Danke, Resa.« Muriel beugte sich vor und hauchte Teresa einen flüchtigen Kuss auf die Wange. »Du hast mir sehr geholfen.« Dann stürmte sie aus der Küche und lief in den Patientenstall, um ihrer Mutter davon zu erzählen.
Aber Renata Vollmer ließ sich auch jetzt nicht überzeugen, dass der Handyfund allein auf Ascalons Intelligenz zurückzuführen war. Mit den Worten: »Das ist noch lange kein Beweis. Teresa sagt doch selbst, dass sie nicht genau weiß, wie lange es gedauert hat, bis ich mich gemeldet habe«, war die Sache für sie erledigt und sie lenkte das Gespräch in eine andere Richtung. »Morgen würde ich gern versuchen, ob wir Ascalon zu den anderen Pferden auf die Weide bringen können«, sagte sie zu Muriel. »Er scheint sich inzwischen etwas beruhigt und auch eingewöhnt zu haben. Was meinst du dazu?«
»Das ist eine super Idee.« Muriel war begeistert. »Die Gesellschaft unserer kleinen braven Herde tut ihm sicher gut.«
Den Rest des Nachmittags verbrachte Muriel damit, die vernachlässigten Hausaufgaben nachzuholen. Sie hatte sich das ganze Wochenende so sehr mit Ascalon beschäftigt, dass sie noch gar nicht dazu gekommen war. Als sie schließlich auf die Uhr schaute, war schon Schlafenszeit.
Obwohl sie sehr müde war, lag sie noch lange wach und grübelte. Die Sache mit dem Handy ging ihr einfach nicht aus dem Kopf. Sie war überzeugt, dass es kein Zufall gewesen sein konnte.
Merkwürdig, dass Ascalon gleich losgelaufen ist, nachdem Mam gesagt hat, dass sie das Telefon verloren hat, überlegte sie. Wenn er wirklich zum Birkenhof zurückwollte, warum ist er dann nicht weitergelaufen?
Sie drehte sich auf die Seite und schaute zum Fenster, wo der Mond einen dünnen Lichtstreifen zwischen den Vorhängen hindurchschickte. Für sie gab es keinen Zweifel: Ascalon hatte gewusst, wo das Handy lag, und sie absichtlich dorthin geführt.
»Aber Mam weiß es natürlich mal wieder besser!«, murmelte sie trotzig. Bei den Erwachsenen musste es ja für alles und jedes eine vernünftige Erklärung geben. Vermutlich konnten sie gar nicht anders. Schließlich waren sie erwachsen.
Vielleicht mag Ascalon mich ja gerade deshalb so gern, weil ich als Einzige spüre – nein, weil ich weiß –, dass er ein Geheimnis hat, dachte sie, nahm einen großen Zipfel ihrer Bettdecke fest in den Arm, kuschelte sich in das Kopfkissen und schloss die Augen … Und irgendwann, dachte sie bei sich, ehe sie einschlief, irgendwann werde ich es herausfinden.
Es hatte geregnet. Die Luft war warm, feucht und drückend. Regentropfen funkelten wie abertausend Diamanten auf den Gräsern des Wiese, als der Mond sein Antlitz wieder hinter den Wolken hervorschob. Alles war ruhig.
Es war die dritte Nacht, die Ascalon zusammen mit den anderen Pferden des Birkenhofs auf der Weide verbrachte. Die kleine Herde döste im Mondlicht.
Ein Käuzchen rief. Der pfeifende Laut durchbrach die Stille und verhallte zwischen den Bäumen. Die Pferde kümmerte das wenig. Die Geräusche der Nacht waren ihnen vertraut. Sie fühlten sich sicher.
Nur eines hatte die Ohren gespitzt. Den Kopf wachsam erhoben, stand Ascalon am weißen Holztor der Weide und starrte den Weg entlang, der jenseits des Tores vom Birkenhof kommend in den Wald hineinführte.
Die Muskeln gespannt, die Ohren scharf nach vorn gerichtet, beobachtete er, wie sich die Schatten über dem Waldweg langsam verdichteten. Er hatte die Aura der fremden Wesenheit gespürt, ehe ihr Ruf ihn ereilt hatte. Nun stand er in freudiger Erwartung am Tor und harrte der Dinge, die kommen mochten.
Die wogenden Schatten ballten sich zu einer kleinen Wolke zusammen, die sich aus dem Dunkel des Waldes löste und langsam auf
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