Ascalon – Das magische Pferd, Band 1: Ascalon – Das magische Pferd. Die Wächter des Schicksals (German Edition)
an, dann sagte er: »Nun, wie auch immer. Komm, lass uns was zu essen holen.« Er führte sie durch schmale Gassen auf den Platz vor der Kirche, wo tatsächlich ein Markt stattfand. Mehr als zwanzig Bauern aus der Umgebung boten hier lebende Kaninchen, Lämmer und Ferkel, aber auch Gemüse und Geflügel an. Muriel entdeckte den Händler mit den Töpfen und Pfannen, der seinen Karren neben einer Bäuerin aufgestellt hatte, die Eier und Milch verkaufte. Überall wurde gehandelt und gefeilscht, gelacht und geschimpft. Ferkel quiekten ängstlich, Hähne krähten und Gänse schnatterten aufgeregt.
In der Mitte des Platzes hatten sich drei Musikanten mit Lauten und Zimbeln aufgestellt, zu deren Musik eine Frau in bunten Kleidern tanzte, die Schellen in den Händen hielt.
Ein Gruppe von Schaulustigen hatte sich eingefunden und lauschte den Musikanten begeistert. Darunter auch viele Kinder.
Muriel war von den fremdartigen Klängen begeistert. Als Christoph mit ihr an den Musikanten vorüberging, blieb sie stehen und hörte zu.
»Hier, der ist für dich!« Erst als Christoph sie mit dem Ellenbogen anstieß und ihr einen Apfel reichte, bemerkte sie, dass er kurz weggegangen war.
»Danke.« Muriel betrachtete den Apfel und versuchte sich ihr Unbehagen nicht anmerken zu lassen. So einen hätte sie zu Hause höchstens an die Pferde verfüttert. Der Apfel war klein, grün und hart. Nicht zu vergleichen mit den saftigen, knackig roten Äpfeln, die sie aus dem Supermarkt kannte. Weil Christoph aber so stolz wirkte und herzhaft in seinen Apfel hineinbiss, wollte sie nicht unhöflich sein.
Tapfer tat sie es ihm gleich. Der Apfel war so sauer, wie er aussah, und so hart, wie er sich anfühlte. Muriel hatte das Gefühl, in ihrem Mund zöge sich alles zusammen, und musste sich mächtig zusammenreißen, um das Stück nicht sofort wieder auszuspucken.
»Schmeckt gut. Nicht wahr?«, hörte sie Christoph sagen und fragte sich im Stillen, ob er das wohl wirklich ernst meinte. Aber Christoph gab ihr sogleich die Antwort darauf: »Ragna hat mir die beiden schönsten Äpfel ausgesucht«, verkündete er, kam etwas näher und flüsterte ihr augenzwinkernd zu: »Sie würde gern mit meinem Vetter Gerold anbandeln. Das muss man ausnutzen.«
»Ja, der ist wirklich gut.« Muriel schluckte hart, schloss die Augen und biss gleich noch einmal in den scheußlichen Apfel, um ihre Worte zu bekräftigen.
Da verstummte die Musik. Die Musikanten gingen fort. Die hektische Betriebsamkeit stockte und eine unheimliche Stille legte sich über den Marktplatz. Die Menschen, die eben noch gefeilscht und gelacht hatten, wirkten nervös und angespannt.
Alle starrten zum Rathaus hinüber, dessen großes Doppelflügeltor in diesem Moment geöffnet wurde.
Zu Muriels großer Überraschung sah auch das Rathaus dem Gebäude aus ihrer Zeit schon sehr ähnlich. Das Tor war zwar ein anderes und wie bei der Kirche war das Dach im Laufe der Jahrhunderte vermutlich mehrfach erneuert worden. Aber das Fachwerk und die kleinen Sprossenfenster waren ihr wohlvertraut.
»Komm mit.« Christoph deutete auf den Marktstand mit den Äpfeln. »Von da können wir gut sehen. Es geht los.«
»Was geschieht jetzt?«, wollte Muriel wissen, aber Christoph blieb ihr die Antwort schuldig. Wie alle Besucher des Marktes blickte er zum Rathaus hinüber und wartete.
Der Schandpfahl
Es dauerte nicht lange, da kamen zwei Gerichtsdiener in Uniform aus der Tür des Rathauses. Gemessenen Schrittes gingen sie zu einem dicken, eisenbeschlagenen Pfosten, der in der Mitte des Marktplatzes stand. Ihnen folgten vier Männer, die zwei hölzerne Bänke zu dem Pfahl schleppten und unweit davon aufstellten. Kaum hatten sie das getan, lief ein Raunen durch die Menge, als ein feister Mann in schwarzer Amtstracht den Platz betrat. Hinter ihm gingen zwei ernst dreinblickende und nicht weniger wohlhabend gekleidete Männer.
»Das ist der Vogt von Willenberg«, flüsterte Christoph Muriel zu. »Die beiden Männer hinter ihm sind Ratsherren.«
Muriel nickte. Sie wusste nicht, was ein Vogt war, spürte jedoch, dass er ein wichtiger Mann sein musste.
Den Ratsherren folgten sechs Soldaten mit Lanzen, die eine junge Frau an einem Strick in die Mitte genommen hatten. Sie trug einen weiten Kittel aus grobem Leinen, der mehr ein Sack als ein Kleidungsstück war. Die langen hellblonden Haare hingen ihr wirr ins Gesicht. Ihre Hände waren vor dem Leib gefesselt, ihr Gesicht von Tränen verschmiert. Sie wirkte
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