Ascalon – Das magische Pferd, Band 2: Ascalon – Das magische Pferd. Das Geheimnis der Maya (German Edition)
eine falsche Zeit oder an einen falschen Ort schicke – verstehst du?«
»Ja.«
»Gut. Wenn ich also eine Vision hatte, dann gehe ich an diesen Brunnen und beginne zu suchen, indem ich mir Bilder zeigen lasse, die zu der Vision passen. Dabei muss ich schnell sein, sonst …« Sie deutete auf den Abfluss am Boden. »… sind sie verloren.«
»Aha.« Muriel nickte.
»Wenn ich die passenden Bilder finde, kann ich den Ort und die Zeit eines Ereignisses ziemlich genau bestimmen«, fuhr die Göttin fort. »Aber erst, wenn ich sicher bin, alle Einzelheiten zu kennen, die für euch wichtig sind, rufe ich euch.«
Muriel wollte etwas fragen, aber die Göttin hob Einhalt gebietend die Hand und sprach einfach weiter. »Ich will dir nun zeigen, was ich gefunden habe, nachdem mich die letzte Vision vor etwa zwei Wochen – nach deiner Zeitrechnung – erreichte.« Sie hob die Hand und bewegte sie kreisend über der Silberschale, während sie gleichzeitig Wörter in einer altertümlichen Sprache murmelte, die Muriel nicht verstand.
Muriel schaute gespannt auf die Wasseroberfläche und wirklich: Ganz langsam formte sich dort ein Bild.
Es zeigte zwei Männer in einem dichten Wald. Sie gingen hintereinander einen steilen Abhang hinunter. Dann, ganz plötzlich, war der hintere Mann verschwunden. Der Vorausgehende wandte sich um und lief zurück. Vor ihm tat sich ein dunkles Loch im Boden auf. Er kniete sich hin und leuchtete mit seiner Taschenlampe hinein. Zwei Meter unter ihm kauerte der andere Mann in einem Hohlraum. Er hatte seine Taschenlampe eingeschaltet, winkte seinem Freund aufgeregt zu und sagte etwas, das nicht zu verstehen war.
Die Göttin strich mit der Hand über das Wasser und das Bild wechselte.
Nach und nach formten sich die Umrisse von tönernem Geschirr, von Schmuck und Gebeinen, die am Boden einer Höhle lagen. Muriel entdeckte eine Knochenhand, die zur Hälfte aus der Erde ragte, und bunte Tonscherben, unter denen etwas Helles hervorschaute, das wie ein schmutziges Stück Tuch aussah.
Dann kam Bewegung in das Bild. Der Lichtschein einer Taschenlampe huschte über den Höhlenboden, verharrte auf der Knochenhand und wanderte zu den Scherben, die einen Menschen und ein Tier zeigten, das wie ein Hirsch aussah. Hände tauchten auf, holten das helle Stück Gewebe unter den zerbrochenen Überresten hervor und hielten es prüfend ins Licht. Sekunden später entfernte sich das Licht und mit ihm der seltsame Stofffetzen. Die bleichen Finger blieben in der Dunkelheit zurück.
Die Göttin strich wieder über das Wasser und blickte Muriel aufmerksam an. »Nun?«, fragte sie.
»Das war cool.« Muriel war schwer beeindruckt.
»Erinnert dich das an etwas?«
»Nein.« Muriel runzelte die Stirn. »Sollte es?«
Die Göttin nickte. »In der Tat.«
Muriel dachte angestrengt nach. Was sollten die Bilder ihr sagen? Sie hatte sie doch noch nie gesehen. Der eine war irgendwo eingebrochen, in eine Höhle oder so. Allem Anschein nach hatte er aber noch mal Glück gehabt. Jedenfalls schien er unverletzt. Das andere Bild zeigte eine Höhle, die ein Grab hätte sein können.
Ein Grab. Muriel stutzte. Und ein Mann, der in eine Höhle einbrach. Das konnte nur …
»Der Zeitungsartikel!«, rief sie aus. »Die Bilder passen haargenau zu dem Zeitungsartikel, den Teresa uns heute Abend vorgelesen hat. Zwei Forscher finden ein Priestergrab im Dschungel. Und darin ein Stück Rindenpapier. Ein Kodex, in dem eine Nachricht steht.« Sie schlug sich mit der flachen Hand gegen die Stirn. »Jetzt verstehe ich. Diese Meldung in der Zeitung …«
»… war für dich. Nenn es Zufall oder Schicksal. Es läuft auf das Gleiche hinaus.« Die Göttin zwinkerte ihr zu. »Ganz so machtlos, wie es den Anschein haben mag, bin ich nun auch nicht. Dir eine Nachricht zu senden, gelingt mir schon noch.« Sie führte Muriel zu den Korbstühlen und bedeutete ihr, sich zu setzen.
»Und nun lass uns über die Aufgabe sprechen, die ich dir und Ascalon zugedacht habe«, sagte sie ernst. »Du kannst es dir sicher schon denken. Die Nachricht auf dem Rindenpapier ist sehr wichtig. Sie darf nicht entschlüsselt werden und es ist an dir, das Geheimnis der Maya zu bewahren.«
Das Geheimnis der Maya
... die Aufgabe, die ich dir und Ascalon zugedacht habe.
Muriels Herz begann wie wild zu pochen, als sie das hörte. Natürlich hatte sie sich schon gedacht, dass die Göttin sie zu sich rief, weil es etwas zu tun gab. Aber zu Hause war ihr das alles noch so
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