Ascalon – Das magische Pferd, Band 2: Ascalon – Das magische Pferd. Das Geheimnis der Maya (German Edition)
durch die Fensterschlitze vergewissert hatte, dass sie immer noch allein im Garten war.
Ihr Weg führte in einem weiten Bogen um das Haus herum und mündete schließlich auf einen Platz mit mehr als 100 Stelen*, deren wahre Bedeutung Muriel noch immer nicht kannte.
Wie sie gehofft hatte, war der Platz menschenleer.
Muriel zögerte nicht länger und rannte los. Sie hatte einen Plan, wie sie in den Palast kommen würde, aber dazu musste sie ihn erreichen, ehe die Ballspieler ihn verlassen hatten. Zuvor jedoch musste sie noch etwas besorgen. Etwas, das im Dschungel jenseits des Tempelbezirks versteckt lag und ohne das sie die Aufgabe nicht würde erfüllen können – Ahaus Faltbuch erschien ihr wie geschaffen dafür, es gegen den geheimen Kodex auszutauschen.
Ganz Tikal, so schien es, lag verlassen da, als Muriel durch die Gassen und über die Plätze hastete. Fast hatte es den Anschein, als sei sie das letzte Lebewesen in der Stadt, wären da nicht der Lärm vom Ballspielplatz und der Rauch der Opferfeuer gewesen, der noch immer von den Spitzen der Pyramiden aufstieg.
Muriel rannte weiter.
Als sie das Ende der gerodeten Fläche erreichte, hatte sie heftiges Seitenstechen und bekam kaum noch Luft. Langstreckenlauf war noch nie ihr Ding gewesen und jetzt, da jede Minute zählte, nützte es auch nichts, mit den Kräften zu haushalten.
So gönnte sie sich nur einen winzigen Augenblick, um Atem zu schöpfen, ehe sie einen der verschlungenen Pfade betrat, die von Tikal aus in den Dschungel hineinführten. Sie war den Weg nur ein einziges Mal gegangen, vor ein paar Tagen, als Chila und Ahau sie zu ihrem geheimen Versteck geführt hatten, aber sie glaubte sich noch so gut daran zu erinnern, dass sie das Gebäude auch ohne die beiden wiederfinden würde.
Zehn Minuten später war sie sich da nicht mehr so sicher.
»Mist!« Muriel blieb stehen und schaute sich um. Wohin sie auch blickte, überall bot sich ihr das gleiche Bild. Urwüchsige Bäume mit knorrigen Stämmen, wildromantisch von rankenden Pflanzen umschlungen und dichtes Gebüsch, durch das es ohne Machete* kaum ein Durchkommen gab. Muriel gestattete es sich nicht, daran zu denken, welche Spinnen, Schlangen oder sonstigen Bewohner sich in dem dichten Grün verstecken mochten. Sie hatte jetzt ein viel größeres Problem.
Sie hatte sich verlaufen.
Auch das noch! Muriel spürte Panik in sich aufsteigen. In der Hoffnung, wenigstens die Richtung zu finden, aus der sie gekommen war, drehte sie sich ein paar Mal um die eigene Achse – vergeblich. Im Dickicht des Dschungels war es ihr unmöglich, den Rückweg zu finden.
Muriel seufzte, hockte sich hin und schlug die Hände vors Gesicht. Irgendwie ging alles schief. Dabei hatte sie noch nicht einmal richtig angefangen, ihren Plan in die Tat umzusetzen.
Und wenn ich hier nie wieder rausfinde? Der Gedanke durchzuckte sie wie ein Blitz und vertrieb für einen Moment sogar die Verzweiflung über das drohende Scheitern ihrer Mission. Im Geiste sah sie sich schon ausgehungert und dürstend durch den Urwald schleichen. Dem Tod näher als dem Leben. Eine leichte Beute für jeden Jaguar …
Muriel erschauderte, als sie daran dachte, welche Gefahren des Nachts im Dschungel lauerten. Und sie hatte nicht mal ein Messer bei sich, um sich zu verteidigen. Unschlüssig, was sie tun sollte, knetete sie die Hände … und berührte dabei wie zufällig den Ring, den die Schicksalsgöttin ihr gegeben hatte.
Der Ring!
Muriel fiel ein Stein vom Herzen. Warum hatte sie nicht eher daran gedacht? Mit dem Ring konnte Ascalon sie finden, und auch wenn die Aufgabe unerfüllt blieb, so war sie doch nicht rettungslos verloren.
Der Gedanke gab ihr neuen Mut. Sie schloss die Augen, sandte in Gedanken einen Hilferuf an Ascalon und wartete. Endlose Augenblicke lang geschah nichts, doch gerade als sie glaubte, Ascalon habe sie nicht gehört, strich ein tröstliches Gefühl durch ihr Bewusstsein. Es war nur schwach, ganz so, als sei Ascalon sehr weit weg, aber es war da. Ich bin da, schien es zu sagen. Hab keine Furcht.
Ascalon! Muriel hätte den Namen am liebsten laut hinausgeschrien, so glücklich war sie. Ascalon hatte sie gehört und würde ihr zu Hilfe kommen. Mit einem Schlag war aller Kummer vergessen. Im Vertrauen auf den prächtigen Wallach setzte Muriel sich hin und wartete.
… und wartete
… und wartete.
Eine halbe Stunde verstrich, die ihr wie eine Ewigkeit vorkam, aber nichts geschah. Von Ascalon war weit und breit nichts zu
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