Ascalon – Das magische Pferd, Band 2: Ascalon – Das magische Pferd. Das Geheimnis der Maya (German Edition)
sehen. Nicht das kleinste Geräusch verriet, dass er sich näherte. Allein die Berührung in Muriels Bewusstsein verriet ihr, dass die Verbindung zu ihm nach wie vor Bestand hatte.
»Ascalon!« Entgegen aller Vorsicht rief sie den Namen so laut sie konnte – und erhielt Antwort. Vor irgendwoher ertönte ein Wiehern. Es war sehr leise, aber ein Irrtum war ausgeschlossen. Ascalon musste ganz in der Nähe sein. Er konnte sie sogar hören. Muriel stand auf und schaute sich um.
Und plötzlich wusste sie, warum Ascalon nicht zu ihr kam. Das Gebüsch war viel zu dicht. Ein großes Pferd wie er konnte da niemals hindurchkommen.
»Wie blöd von mir!« Muriel schüttelte lachend den Kopf. Insgeheim schalt sie sich selbst für ihre Dummheit. Das hier war schließlich kein normaler Wald, sondern der Dschungel Mittelamerikas. Sie hatte keine Wahl, wenn Ascalon nicht zu ihr kommen konnte, musste sie ihn suchen.
»Ascalon?«, rief sie noch einmal und diesmal achtete sie ganz genau darauf, aus welcher Richtung die Antwort kam.
Ascalon antwortete mit einem schrillen Wiehern. Die Richtung war nur vage zu bestimmen, aber Muriel marschierte trotzdem los. Nach 50 Schritten blieb sie stehen und rief noch einmal nach Ascalon. Als die Antwort kam, korrigierte sie die Richtung und lief noch einmal 50 Schritte, um ihn erneut zu rufen. So ging es immer weiter.
Und dann sah sie ihn. Er stand auf einer kleinen Lichtung inmitten von Farnen und anderen Blattgewächsen. Das Sonnenlicht zeichnete helle Tupfen auf sein nussbraunes Fell. Das Lichtspiel war hübsch, konnte jedoch nicht darüber hinwegtäuschen, dass die zwei Wochen im Dschungel auch bei ihm Spuren hinterlassen hatten. Sein Fell war stumpf und wies einige Kratzer auf, die Mähne war verfilzt und mit Kletten gespickt und irgendwie wirkte er auch magerer, als sie ihn in Erinnerung hatte.
Muriel sog hörbar die Luft durch die Zähne, als sie sah, in welch schlechtem Zustand er sich befand. Es wurde wirklich höchste Zeit, dass sie sich aus dieser Welt zurückzogen.
»Ascalon!« Sie lief auf ihn zu, breitete die Arme aus und schmiegte sich überglücklich an ihn. »Danke«, sagte sie und strich ihm sanft über das weiche Fell. »Du hast mich gerettet. Ohne dich hätte ich da niemals rausgefunden.«
Ascalon schnaubte leise und stupste sie verspielt mit den Nüstern an. Auch er schien glücklich, sie wohlbehalten wiederzusehen.
Muriel löste sich von Ascalon und blickte zum Himmel empor. Der Vormittag war schon zur Hälfte verronnen. Kostbare Zeit war verloren. Ascalon hatte sie gefunden, aber immer noch hatte Muriel keine Ahnung, wo sie den Gebäudekomplex suchen musste, in dem Chila und Ahau ihre Aufzeichnungen versteckten.
»Tja, das wird wohl nichts mehr«, sagte sie resignierend zu Ascalon. »Ich habe es total vermasselt, hab zu lange gezögert, war zu ängstlich, zu planlos, und jetzt, wo mir die Zeit davonrennt, verlaufe ich mich auch noch im Dschungel.« Sie schüttelte den Kopf und seufzte betrübt. »Ich bin wirklich eine lausige Schicksalswächterin.« Mutlos blickte sie sich um und entdeckte nicht weit entfernt einen Baumstamm, der schon von Moos, Farnen und Ranken überwuchert war, aber noch stabil genug wirkte, um ihr beim Aufsitzen dienlich zu sein. »Komm, lass uns zurückreiten, den Kodex werde ich sowieso nicht mehr austauschen können.« Sie langte nach Ascalons Mähne, um ihn zu dem Stamm zu führen, aber der Wallach tänzelte davon und der Griff ging ins Leere.
»Hey, was ist denn los?« Muriel folgte Ascalon und versuchte erneut, ihn bei den Mähnenhaaren zu fassen. Aber wie schon beim ersten Mal entzog sich der Wallach auch diesmal geschickt ihrem Griff und lief ein Stück weit fort, ehe er anhielt und wartete.
»Lass den Blödsinn, Ascalon«, schimpfte Muriel, während sie hinter ihm herstapfte. »Wir haben jetzt echt keine Zeit für solche Spielchen.«
Ascalon schnaubte und bewegte nickend den Kopf auf und ab, schien aber nicht bereit, das Spiel aufzugeben. Kaum, dass Muriel sich ihm bis auf zwei Schritte genähert hatte, stieß er ein leises Wiehern aus und lief erneut davon.
»Ascalon!« Allmählich wurde Muriel wütend. »Bleib sofort stehen.« Aber Ascalon dachte gar nicht daran. Weiter und weiter lockte er Muriel durch das Unterholz, bis diese schließlich genervt aufgab. »Also schön, du hast gewonnen«, stieß sie keuchend hervor, setzte sich auf eine halb verfallene Steinmauer und barg das Gesicht in den Händen, um Atem zu schöpfen.
Ganz in
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