Asche und Phönix
Leiche des Wachmanns auf dem gläsernen Boden. Die Krebse darunter kletterten übereinander und türmten sich zu einem Haufen auf, als versuchten sie, das Festmahl durch eine gemeinsame Anstrengung zu erreichen.
Ein zorniger Schrei war zu hören, als die beiden das Foyer erreichten. Parker hielt kurz an und öffnete eine Schublade, die in die Holzwand eingelassen war. Er zog mehrere Autoschlüssel hervor und stopfte sie in seine Hosentaschen, außerdem ein paar Fünfzig- und Hundert-Euro-Scheine.
Sekunden später rannten sie aus der Haustür. Der weiße Rolls-Royce glänzte im Schein der Strahler rund um den Vorplatz. Das Blut der Männer, die Guignol am Tor überfahren hatte, war über Kühler und Motorhaube gespritzt.
Parker deutete nach rechts. Tiefer im Dunkeln befand sich die Garage mit der Wagenflotte seines Vaters.
Stolpernd liefen sie an dem riesigen Rolltor vorüber, bogen um die Ecke und kamen vor einem Seiteneingang zum Stehen. Parker tippte eine Zahlenkombination in ein Tastenfeld unter einer Schutzklappe. Mit einem Schnappen lösten sich unsichtbare Sicherheitsriegel. Als er gegen die Tür drückte, erwachten im Inneren Neonröhren zum Leben.
Ash hielt einen Augenblick inne und schaute zurück zum Haupthaus.
»Die Hunde«, flüsterte sie. »Ich kann sie nicht mehr hören.«
»Sie sind zu weit weg.«
Und vielleicht hatte er Recht. Vielleicht auch nicht.
Er hielt ihr noch immer die Tür auf. Sie lief hinein und blickte auf eine Reihe von acht oder zehn Wagen, alle blitzblank im weißen Neonschein. Ein zitronengelber Lamborghini. Ein roter Ferrari. Ein weißer Ultimate Aero. Ein schwarzer Agera. Daneben ein Bugatti, der mehr Ähnlichkeit mit einem Formel-1-Fahrzeug hatte als mit einem gewöhnlichen Sportwagen.
»Auf den Straßen hier unten taugen die alle nichts.« Parker hastete ungerührt an den teuersten Autos der Welt vorüber. »Da drüben, den nehmen wir.« Er zeigte auf einen silbernen Mercedes AMG und begann, die Schlüssel aus seinen Hosentaschen zu sortieren. Jene, die er nicht brauchte, ließ er achtlos zu Boden fallen. Schließlich blieb nur eine kleine Fernbedienung übrig.
Als Ash auf der Beifahrerseite einstieg, überkam sie für einen Moment ein Gefühl der Sicherheit. Der weiche Sitz, die sanft geschwungenen Armaturen, der reinliche Geruch nach Kunststoff und Leder – als befände sie sich plötzlich an einem Ort, an dem Libatique sie nicht erreichen konnte.
Parker nahm hinter dem Steuer Platz. Einige Sekunden lang saß er einfach nur da und atmete tief ein und aus. Ash legte eine Hand auf seine und hielt sie fest, bis seine Anspannung ein wenig nachließ. Dankbar nickte er ihr zu, flüsterte: »Es geht wieder«, und drückte einen Knopf. Vor ihnen öffnete sich das breite Rolltor und gab den Blick frei auf den erleuchteten Haupttrakt der Villa. Das absurde Geborgenheitsgefühl verschwand. Von hier aus konnte Ash auf dem Vorplatz das Heck des Rolls-Royce und den Mietwagen erkennen, aber nicht die Haustür.
Parker startete den Motor. Noch immer war niemand zu sehen.
»Okay«, sagte er, »das wird holprig.«
Ash ließ den Sicherheitsgurt einrasten. Parker gab Gas. Der Geländewagen schoss mit enormer Beschleunigung vorwärts. Parker nahm nicht den asphaltierten Weg, der vom Garagentor zum Vorplatz führte, sondern raste in gerader Linie über die Wiese, genau auf den Rolls-Royce zu.
Jetzt kam der Eingang in Sicht. Die Tür stand offen. Keine Spur von Libatique.
Kurz vor der Limousine bremste Parker ab und blickte aus dem Seitenfenster, als wollte er Abschied nehmen. Falls er nicht von sich aus über das Schicksal seines Vaters sprechen wollte, würde Ash ihn nicht danach fragen. Dann lenkte er den Wagen in einer engen Kurve zur Auffahrt und beschleunigte wieder. Erst jetzt schaltete er die Scheinwerfer ein. Ash wartete darauf, dass eine Gestalt vor ihnen aus der Dunkelheit auftauchte, ein kriechendes Ding, das sich aus zu wenigen Körperteilen zusammengesetzt hatte und doch noch lebte und hasste und ihren Tod wollte.
Aber das Licht riss nur die vorderen Bäume aus der Finsternis. Hinter den Stämmen schien sich der Waldboden zu bewegen, als erwachte das ganze Tal zum Leben – nur die Schatten der Stämme und Sträucher, die sich über den unebenen Untergrund schlängelten und hinter dem Wagen zurückblieben.
Der Mercedes raste um Kurven und preschte durch Schlaglöcher. Jeden Augenblick musste das Tor vor ihnen auftauchen.
Parker trat so fest auf die Bremse, dass er
Weitere Kostenlose Bücher