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Asche und Phönix

Asche und Phönix

Titel: Asche und Phönix Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kai Meyer
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andere Sachen.«
    »Schokoriegel«, sagte Parker.
    »Nicht nur !«
    »Oh doch.«
    Godfrey lachte. »Hier gibt es eine Menge hervorragenden Fisch. Den müssen Sie probieren.«
    Ash sah aus, als wäre sie im Augenblick für jedes Abenteuer zu haben. Sie hob ihren Rucksack vom Boden – sie hatte ihn so gut es ging gesäubert, auf dem dunklen Stoff fielen die Flecken nicht auf – und zog die unförmige Polaroidkamera heraus, an der sie so hing. Parker mochte auch das an ihr, diese Begeisterung für ein antiquiertes Ding, das die meisten anderen nicht mal eines Blickes gewürdigt hätten.
    »Darf ich davon ein Foto machen?«, fragte sie Godfrey.
    »Vom Essen? Es kann doch kaum noch was übrig sein.«
    »Eben deshalb.«
    Er fragte nicht weiter, als Parker ihn unter dem Tisch mit dem Fuß anstieß. Ash machte drei Fotos von ihrem leeren Teller, dem Rest des Eintopfs in der Schüssel und zuletzt von dem Filmplakat an der Wand. Schließlich wandte sie sich wieder an Godfrey: »Macht es Ihnen was aus, wenn ich Sie auch fotografiere?«
    »Ich hätte es gar nicht bemerkt, wenn Sie es schon getan hätten. Nett, dass Sie fragen.« Er hob die Schultern. »Nur zu.«
    Sie drückte einmal ab und legte das fertige Foto neben die anderen auf den Tisch. Bald wurden erste Farben und Formen sichtbar. Parker glaubte, dass es dieser Moment war, der sie stets aufs Neue faszinierte.
    »Darf ich fragen, warum Sie das tun?«, erkundigte sich Godfrey.
    »Fotos schießen?«
    »Ja. Von so unbedeutenden Dingen. Von Tellern. Und von mir.«
    »Die hier hab ich gemacht, um mich zu erinnern. Um alldem hier noch näher zu sein. Normalerweise ist es eher umgekehrt.«
    »Sie halten die Welt auf Abstand«, stellte er mit seiner sanften Stimme fest. »Indem Sie kleine Portionen daraus machen und sie in Rahmen sperren.«
    Parker horchte auf. Godfrey war Ash vor wenigen Stunden zum ersten Mal begegnet und konnte nicht einmal ihre Mimik lesen. Trotzdem durchschaute er sie auf Anhieb.
    Er erwartete, dass sie einen Rückzieher machen, vielleicht das Thema wechseln würde. Aber die gleiche Zuneigung, die er für Godfrey empfand, schien auch Ash zu empfinden. Vielleicht war sie froh, jemandem begegnet zu sein, dem sie ohne Scheu ihr Vertrauen schenken konnte. Sie öffnete sich, und er fragte sich, ob ihr diese Wandlung bewusst war.
    Als Parker zum ersten Mal das Haus besichtigt hatte, hatte der Verwalter ihm auf der Stelle das Gefühl gegeben, willkommen zu sein. Dass er als Blinder alle anfallenden Aufgaben bewältigte, machte ihn außergewöhnlich; dass er ein fantastischer Koch war, schadete ebenfalls nicht; aber das Faszinierendste an ihm war, dass er jedermann Vertrauen einflößte. Wahrscheinlich wäre selbst Chimena ihm verfallen, hätte sie je erfahren, wohin Parker verschwand, wenn es ihm wieder einmal gelungen war, sich ein paar Tage ihrer Obhut zu entziehen.
    Nachdenklich sagte Ash: »Am meisten mag ich, dass auf den Bildern alles zum Stillleben wird. Nichts bewegt sich mehr, die Zeit bleibt stehen. Früher habe ich mir oft gewünscht, ich könnte in den Fotos leben, nicht in der wirklichen Welt.«
    »Aber die Fotos zeigen nur, was Sie sehen«, sagte Godfrey. »Und Sehen ist nicht alles. Natürlich, ich muss das sagen … Aber was ist mit Gerüchen, mit Geschmack, mit allem, was Sie ertasten und fühlen können? Nichts davon können Sie einfach zum Stillstand bringen.«
    »Ich weiß. Deshalb behalte ich die meisten Bilder nicht, sondern hab irgendwann damit begonnen, sie an Mauern zu kleben. In der U-Bahn, in Unterführungen, in den Parks. Ich dachte mir, wenn ich die Welt nicht beeinflussen kann, dann zeige ich ihr, dass ich sie im Auge behalte.« Sie grinste ein wenig verschämt, was Parker zum ersten Mal bei ihr sah. Ein warmes Gefühl strahlte vom Bauch in seinen ganzen Körper aus.
    »Godfrey«, sagte er, »da ist noch was, das ich Sie fragen wollte.«
    Ash schob die Fotos von der Tischkante in ihren Rucksack und steckte auch die Kamera ein.
    »Gern.«
    »Sie leben schon so lange hier in Südfrankreich. Haben Sie je den Namen Frater Iblis Nineangel gehört?«
    Godfrey schwieg einen Moment. »Ziemlich ungewöhnlicher Name.«
    »Sicher nicht sein echter. Er hat sich Ende der Sechziger-, Anfang der Siebzigerjahre so genannt. Heute heißt er wahrscheinlich ganz anders.«
    »Frater Nineangel … Was ist er? So eine Art Guru?«
    »So was in der Art, ja. Könnte auch sein, dass er schon lange tot ist. Er ist anscheinend vor Jahren nach Europa

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