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Asche und Phönix

Asche und Phönix

Titel: Asche und Phönix Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kai Meyer
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gegeben hatte, dann musste es an ihren Ufern so ausgesehen haben wie hier.
    Das Hotel tauchte abrupt in einer engen Kurve auf, ein mehrstöckiger Klotz, der von einem Moment zum nächsten die Sicht auf das Meer versperrte. Viel Gold, viel Rot, viel Silber. Überhaupt zu viel von allem: orientalische Fensterbögen, viktorianischer Stuck, florale Jugendstilgeländer.
    Sie ließen den Wagen in einer Seitenstraße stehen, weil sie im kleinen Parkhaus des Hotels in der Falle sitzen würden, sobald jemand die einzige Ein- und Ausfahrt versperrte. Den Wagen im Freien zu parken war auch nicht ohne Risiko, aber zumindest war die Stelle von der Hauptstraße aus nicht einzusehen.
    Vor dem Eingang blieben sie stehen und blickten an der Fassade hinauf, ganz schwindelig von so viel Kitsch. Hinter der Glastür war das schummrige Foyer nur zu erahnen.
    »Die Küste ist voll von diesen Hotels«, sagte Parker. »In den Fünfzigerjahren waren sie anscheinend ungeheuer beliebt. Manche sind seit damals renoviert worden. Das hier offenbar nicht.«
    Als sie die Eingangshalle betraten, wurden sie schier erschlagen von dunklen Täfelungen, Samtvorhängen und Goldleisten, die im gedämpften Licht in einem ungesunden Gelbbraun schimmerten.
    An der Rezeption checkte ein junges Paar mit Hartschalenkoffern ein. Sie trug ein Kleid und einen Sonnenhut mit Fransen, er Sandalen, Shorts und ein Shirt mit New-York-Knicks -Aufdruck.
    Parker beugte sich an Ashs Ohr. »Die meisten dieser Läden sind auf Flitterwochenpaare spezialisiert. Wellness, All-you-can-eat, Cocktails von morgens bis abends. Sie leben von dem Glanz, den die Côte d’Azur früher mal hatte. Das alte Hollywood, europäischer Adel, die Kennedys … Ich wette, es gibt hier irgendwo eine Fotogalerie von Stars, die früher mal in diesem Kasten abgestiegen sind.«
    Die Neuankömmlinge nahmen ihre Schlüssel in Empfang und zogen ihr Gepäck zum Aufzug. Ash trat an die Rezeption und erkundigte sich nach der Hotelbar. Sie hatte wieder ihre enge Jeans mit Schlag aus Lyon an; der Stoff war noch nass gewesen, als sie am Morgen hineingeschlüpft war, aber die schlimmsten Flecken waren beim Waschen verschwunden. Sogar die Batikbluse wirkte auf den ersten Blick sauber, die übrig gebliebenen Blutränder waren zu einem Teil des Musters geworden.
    Ash kehrte zu Parker zurück und führte ihn durch einen Seitengang zu den Aufzügen, bevor ihn eines der jungen Mädchen erkennen konnte, die gerade das Foyer betraten.
    Er trug eine Cargohose und ein weißes T-Shirt, dazu eine Sonnenbrille und ein Basecap, das er sich tief in die Stirn gezogen hatte. Seit gestern Abend berichteten die Medien über den Waldbrand im Massif des Maures. Bis zum Morgen war noch immer niemand zur brennenden Villa vorgedrungen; Parker und sein Vater galten als vermisst. Manager des Cale-Konzerns hielten hinter verschlossenen Türen Krisensitzungen ab. In einer Sendung im Radio war heftig darüber diskutiert worden, ob man den weltweiten Kinostart des dritten Glamour -Films nicht auf einen späteren Termin verschieben müsse.
    Derweil warteten die Redakteure offenbar nur auf den Augenblick, an dem sie endlich die Teenager auf der ganzen Welt mit Nachrufen auf Parker Cale zur Verzweiflung bringen konnten. Die angebliche Autorin der Glamour -Bücher, ein sechzehnjähriges Mädchen aus Boston (aber war sie nicht schon vor zwei Jahren sechzehn gewesen?), hatte unter Tränen angekündigt, bald ein »schonungslos offenes« Buch über die wahre Entstehung der Romane zu veröffentlichen. Aus Respekt natürlich erst, wenn die Nachricht vom Tod der Cales bestätigt werden würde.
    Mit dem Aufzug mussten die beiden mehrere Etagen nach unten fahren. Das Hotel war direkt an den Felsen gebaut worden, auf Höhe der Küstenstraße oberhalb der Klippen. Der Meeresspiegel befand sich vier Etagen tiefer als das Foyer. Ein kleiner Privatstrand grenzte dort an Bar und Restaurant.
    Auch hier war offenbar seit Jahrzehnten alles beim Alten geblieben: Türen in Form von Zwiebeltürmen, Glasperlenvorhänge, Spiegel mit verschnörkelten Goldrahmen und eine nikotingelbe Diskokugel. Es roch nach einer Mischung aus Rasierwasser, Badeöl und feuchten Bierdeckeln.
    Am Vormittag war nur eine Handvoll Tische besetzt. Hinter dem Tresen sortierte eine Frau mit grauem Haaransatz Gläser ein. Ash schätzte sie auf Ende fünfzig, vielleicht auch ein paar Jahre älter.
    »So also verbringt man seine Flitterwochen«, murmelte Ash, während sie noch am Eingang standen

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