Asche und Phönix
gegangen und irgendwo im Süden untergetaucht.«
»Eine Menge ehemalige Sektenanhänger und Heilsbringer sind in Südfrankreich gelandet«, sagte Godfrey. »Aber nicht nur hier. Ibiza ist noch heute voll von ihnen, heißt es, und auch einige der anderen spanischen Inseln. In Frankreich dürften vor allem diejenigen geblieben sein, die genug Geld hatten, um sich das Leben hier unten leisten zu können.«
»Geld ist für ihn wahrscheinlich kein Problem gewesen.«
Ash runzelte die Stirn. »Wie kommst du darauf?«
»Der Orden der Hekate war eine Art Sekte. Und Sekten werden in der Regel gegründet, um die Leute auszunehmen. Nineangel wird da keine Ausnahme gewesen sein.«
»Aber das gilt für die Sekten, die von Betrügern geleitet werden«, wandte sie ein. »Wenn Libatique die Wahrheit gesagt hat, dann war es diesem Nineangel sehr ernst damit.«
Godfrey legte beide Hände auf die Tischkante. »Darf ich fragen, was Sie mit so jemandem zu tun haben, Parker?«
»Mein Vater kannte Nineangel, das ist alles. Sind Sie sicher, dass Sie nie von ihm gehört haben?«
Der Verwalter schüttelte langsam den Kopf. »Aber das heißt nicht, dass er nicht trotzdem hier leben könnte. Unter einem anderen Namen, wer weiß.«
Ash sah Parker ernst an. »Was willst du denn tun, wenn du ihn findest? Dich rächen? Ihn der Polizei ausliefern? Wahrscheinlich hat er sich nicht mal strafbar gemacht, wenn er nicht selbst an … dieser Sache beteiligt war. Und was willst du ihm nachweisen? Dass er deinen Vater vor über dreißig Jahren zu einem Verbrechen angestiftet hat?«
Er schüttelte den Kopf. Es ging ihm nicht um Rache. An seine Mutter konnte er sich nicht erinnern und sein Vater war vermutlich beim Brand der Villa ums Leben gekommen, falls Libatique ihn nicht schon vorher getötet hatte. »Wenn Nineangel meinem Vater wirklich geraten hat, ein Opfer darzubringen« – es kam ihm noch immer sehr unwirklich vor, das auszusprechen –, »dann weiß er mehr über Libatique als wir. Was immer damals auch passiert ist, es hat Libatique jahrzehntelang von meinem Vater und mir ferngehalten. Ich weiß nicht, wie viel von alldem wahr ist – aber Chimena immerhin war real. Libatique hat gesagt, sie sei uns gesandt worden. Das ist das Wort, das er benutzt hat. Gesandt. Und wenn Nineangel Bescheid gewusst hat, dann –«
»Dann kennt er vielleicht noch andere Wege, Libatique loszuwerden«, unterbrach ihn Ash. »Aber zu welchem Preis?«
Sie blickten einander über den Tisch hinweg an, und Parker war nicht sicher, was er da in ihren Augen sah. Zweifel? Besorgnis, dass sie als Menschenopfer auf einem Altar enden könnte wie seine Mutter? Oder Angst um ihn?
»Libatique wird nicht lockerlassen«, sagte er. »Und ich kann nicht mein Leben lang vor ihm davonlaufen. Falls Nineangel mir Antworten gibt, dann ist das vielleicht ein erster Schritt.«
Godfrey hörte zu und sagte kein Wort. Seiner Miene war nicht anzusehen, was ihm durch den Kopf ging.
Ash brauste auf. »Nineangel hat deinem Vater geraten, deine Mutter zu ermorden! Was, glaubst du, wird er dir wohl für Antworten geben? Der Typ ist ein Psychopath!«
Natürlich hatte sie Recht. Aber was blieb ihm denn für eine Wahl? »Nineangel zu finden ist zumindest etwas, das ich tun kann. Die Alternative wäre doch, mich hier zu verkriechen, bis mich die Paparazzi aufstöbern. Und ich wette, dass Libatique gleich nach ihnen vor der Tür stehen wird.«
Godfrey räusperte sich. »Ich darf wohl davon ausgehen, dass das Feuer in der Villa nicht durch einen defekten Toaster verursacht wurde?«
»Nein«, sagte Parker. »Wurde es nicht.«
»Wenn dieser Libatique, von dem Sie gerade sprachen, seine Finger im Spiel hatte … wenn er das Feuer gelegt hat, um Spuren zu verwischen … Das tut man doch erst, kurz bevor man sich auf den Weg macht. Und dann muss für Sie die wichtigste Frage lauten: Wohin?«
Parker und Ash sahen einander an.
»Mit anderen Worten«, fuhr Godfrey fort, »wo wird er nach Ihnen beiden suchen?«
»Von Le Mépris kann niemand wissen«, sagte Parker. »Sonst wären schon viel früher Reporter und Fotografen hier aufgetaucht.«
»Zumindest haben wir keine gesehen.« Godfrey musste das letzte Wort nicht betonen, damit sie verstanden, was er meinte. »Und auch sonst niemanden. Aber hundertprozentige Sicherheit gibt uns das nicht.«
»Shit«, flüsterte Ash.
Parker blieb beharrlich: »Es gibt keine Papiere, die zu mir führen.«
»Ich wollte auch gar nicht auf Le Mépris
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